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Late Night with the Devil – Der Teufel im Auftrag der Quote

25 Mai

Late Night with the Devil

Kinostart: 30. Mai 2024

Von Christoph Leo

Horror // Als der Erfolg schwindet, will der Talkshowmaster Jack Delroy (David Dastmalchian) ein Halloween-Spezial bringen, das seiner Late-Night-Show „Night Owls“ zu alter Stärke verholfen soll. Geladen sind paranormal Begabte, Zweifler und ein angeblich vom Teufel besessenes Mädchen. Die Ereignisse werden zwar immer seltsamer, aber wirkt sich das auch positiv auf die Einschaltquoten aus?

Jack will seine Show um jeden Preis retten

„Late Night with the Devil“ (2023) lief vor seinem regulären Kinostart bereits auf diversen Festivals, unter anderem auch den Fantasy Filmfest Nights im April 2024, und bekam einiges an Lob bekundet. Dabei ist der Film größtenteils wie eine Dokumentation über die besagte Late-Night-Show zu Halloween im Jahr 1977 aufgezogen. Das Besondere an „Late Night with the Devil“ ist, dass uns nahezu das gesamte Geschehen auch als Late-Night-Show präsentiert wird. Der Look ist dabei analog gehalten, die Kostüme sowie das Setting wirken authentisch und vermitteln einen perfekten 70er-Jahre-Look, ohne aufgesetzt zu erscheinen. Bis auf ein paar Ausnahmen kann man „Late Night with the Devil“ als Found-Footage-Film bezeichnen. Der aus „Ant-Man“ (2015), „Ant-Man and the Wasp“ (2018) und „Dune“ (2021) bekannte David Dastmalchian trägt den Film fast komplett allein und spielt seine Rolle meiner Meinung nach herausragend, indem er sehr nuanciert und wenig aufgesetzt oder offensiv spielt. Generell ein eher unterrepräsentierter Darsteller in Hauptrollen, der hier aber beweisen kann, dass er einen Film problemlos tragen kann.

Vom Teufel besessen?

Eingeladen hat sich Jack Delroy das Medium Christou (Fayssal Bazzi), den Zweifler Carmichael Haig (Ian Bliss) und die angeblich (oder tatsächlich?) vom Teufel besessene Lilly (Ingrid Torelli) in Begleitung der Romanautorin und Ärztin June Ross-Mitchell (Laura Gordon). Die Auftritte der nach und nach das Studio betretenden Gäste entwickeln sich in eine sonderbar-beunruhigende Richtung. Eine ganze Weile habe ich mich gefragt, ob und wann sich der wahre Horror einstellt, denn so richtig wissen wir nie, was von dem Gezeigten echt oder falsch ist. Jack hat ein tragisches Ereignis zu bewältigen und scheint sich dem Okkulten zugewandt zu haben, wobei man rätseln kann, was das alles mit der Show zu tun hat. Das Herbeirufen des in Lilly wohnenden Dämons oder Teufels (liebevoll Mr. Wriggles genannt) war dann eine wenig überraschende Szene, die Ingrid Torelli aber nicht zuletzt dank ihrer markanten Augen beängstigend spielt. Gegen Ende bekommen wir die Szene aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, dadurch wirkt sie auf mich wesentlich unheimlicher. Die Auftritte der paranormal Begabten und des Zweiflers steigern sich jedenfalls gefühlt immer mehr und auch bei Moderator Jack Delroy kann man sich nie so sicher sein, ob dieser nicht auch etwas im Schilde führt. So berichtet die Eingangssequenz vom kometenhaften Aufstieg seiner Late-Night-Show, und angeblich haben okkulte Rituale mit diesem Erfolg zu tun. So kann man sich nie ganz sicher sein, wie viel Jack im Hintergrund bereits weiß oder für seine Sendung vorausgeplant hat.

Was hat die Runde zu bieten?

Die Auflösung am Ende hat mich nicht direkt enttäuscht, aber etwas mehr hatte ich doch erwartet. So passiert eigentlich lange wenig Horror und viel vom Gezeigten muss als solcher angenommen werden. Das Publikum der Late-Night-Show in den 1970er Jahren war eventuell von einem Medium oder einer besessenen jungen Frau noch stärker beeindruckt. Eine Wendung bringt die Hypnose von Jacks Assistent Gus McConnell (Rhys Auteri) – Gus steht der Sendung nach einem Vorfall eh skeptisch gegenüber. Diese Hypnose soll eine vorangegangene Szene widerlegen, endet aber mit einer Überraschung, und ab hier geht der Horror so richtig los. Leider endet „Late Night with the Devil“ nach weiteren etwa zehn Minuten. Alles davor Gezeigte ist gefällig anzuschauen, wenn man sich mit der 1970er-Fernsehshow-Optik anfreundet, beinhaltet aber eigentlich nur eine etwas abgedrehte Late-Night-Show-Ausgabe zu Halloween. In den Pausen der Show gehen wir auch hinter die Kulissen, wo sich unterschiedliche Szenarien abspielen – Streitereien, persönliche Probleme, gesundheitsbedingte Notfälle. Hier lernen wir die Charaktere der Show von einer anderen Seite kennen. Jack scheint zwar kein skrupelloser und schlechter Mensch zu sein, stellt jedoch seine Show über alles andere. Da der Moderator im Vordergrund steht, lernen wir die restlichen kaum besser kennen; bedauerlich, aber angesichts des dokumentarischen Charakters auch nicht so schlimm. In der Originalfassung ist als Erzähler mit Stimme aus dem Off im Übrigen der unverwüstliche Michael Ironside („Scanners – Ihre Gedanken können töten“, „Starship Troopers“) zu hören.

Mehr Horror hätte gutgetan

Wenn gegen Ende der unmittelbare Horror losbricht, ist das vielleicht etwas spät, um wirklich die neue Genre-Sensation zu sein. Das Ende fällt konsequent und heftig aus, weicht aber von der bisherigen Optik und Erzählstruktur stark ab (wobei ich hier nicht näher ins Detail gehen will). Das sieht zwar gut aus, bringt letztlich aber keinen Mehrwert für die Handlung. Eine konsistente Beibehaltung der Bilder und Erzählstruktur und etwas mehr Horror hätten „Late Night with the Devil“ zu einem besonderen Film werden lassen, so unterscheidet sich das Werk am Ende nicht besonders von anderen Genrevertretern. Da aber immerhin mehr als 70 Minuten ein anderes Konzept gilt, kann ich „Late Night with the Devil“ auf jeden Fall fürs Kino empfehlen. Ein Horrorfilm der jüngeren Vergangenheit, der mir zwar zu langatmig war, aber sein Konzept knallhart bis zum Finale durchzieht, ist „Skinamarink“ (2022). David Dastmalchian ist grandios und es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft weitere Filmmacherinnen und Filmemacher sein Talent nutzen und ihn häufiger in Hauptrollen besetzen.

Der Teufel soll sprechen

Zu den beiden australischen Filmemachern Cameron und Colin Cairnes kann ich nicht viel schreiben, da ich keine ihrer vorherigen Arbeiten gesehen habe. Zuvor haben die zwei Brüder die Horrorkomödie „100 Bloody Acres“ (2012) abgeliefert, ebenfalls gemeinsam geschrieben und inszeniert. In Deutschland ist sie immerhin auf Blu-ray und DVD erschienen. Einen weiteren Horrorfilm nach eigenem Drehbuch realisierte das Duo 2016 mit „Scare Campaign“, zwar in einem völlig anderen Setting, aber das Motiv der Fernsehsendung vorwegnehmend. „Scare Campaign“ lief im August 2016 auf dem Fantasy Filmfest und ist anschließend bei uns ebenfalls auf Blu-ray und DVD erschienen. Bei „Late Night with the Devil“ zeichnen beide auch für den Schnitt verantwortlich. Zwei interessante Filmemacher, die sich anscheinend stetig weiterentwickeln. Ich bin gespannt, was die beiden künftig hervorbringen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit David Dastmalchian und Michael Ironside haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Im Auftrag des Teufels?

Länge: 93 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: Late Night with the Devil
AUS/VAR/USA 2023
Regie: Cameron Cairnes, Colin Cairnes
Drehbuch: Cameron Cairnes, Colin Cairnes
Besetzung: David Dastmalchian, Laura Gordon, Ian Bliss, Fayssal Bazzi, Ingrid Torelli, Rhys Auteri, Georgina Haig, Josh Quong Tart, Steve Mouzakis, Paula Arundell, Christopher Kirby, John Leary, Gaby Seow, Elise Jansen, Clare Chihambakwe, Nicole Chapman, Steven Kwon, Imaan Hadchiti, Farhad Zaiwala, nur Originalstimme: Michael Ironside
Verleih: capelight pictures

Copyright 2024 by Christoph Leo

Filmplakat, Szenenfotos & Trailer: © 2024 capelight pictures

 
 

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