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Lethal Warrior – Der Hongkong-Cop im Thailand-Knast

27 Mai

Saat po long 2

Von Volker Schönenberger

Actionthriller // Um gleich für Klarheit zu sorgen: „Kill Zone S.P.L.“ (2005) von Wilson Yip, „Lethal Warrior“ (2015) von Soi Cheang und „Paradox – Kill Zone Bangkok“ (2017) erneut von Wilson Yip erzählen drei voneinander völlig unabhängige Geschichten mit unterschiedlichen Protagonisten und Antagonisten und haben inhaltlich nicht das Geringste miteinander zu tun. Dass ihre Originaltitel „Saat po long“, „Saat po long 2“ und „Saat po long – Taam long“ sie zu einer Reihe machen, hat rein vermarktungstechnische Motive. Die Idee dazu kam den Produktionsfirmen womöglich aufgrund von ein paar personellen Überschneidungen und der Tatsache, dass es sich um Actionthriller im Gangstermilieu handelt.

Konfrontation: Chatchai (l.) und Chan Chi-Kit

Sei’s drum, das hat den Vorteil, dass ich an dieser Stelle nicht erläutern muss, wo und auf welche Weise der mittlere Film „Lethal Warrior“ an den ersten und den dritten Teil der „Reihe“ andockt – er tut es eben gar nicht. Zur Story: Ein Gangstersyndikat in Hongkong kidnappt Menschen, um ihre Organe auszuschlachten. Dem Cop Chan Chi-Kit (Jing Wu) gelingt es, sich als verdeckter Ermittler in die Organisation einzuschleusen. Deren Boss Hung Mun-Gong (Louis Koo) hat selbst ein Herzleiden und benötigt ein Spenderorgan. Das Herz seines jüngeren Bruders Hung Mun-Biu (Jun Kung) passt, und der Gangster hat keinerlei Skrupel, davon Gebrauch zu machen. Doch die Situation eskaliert auf dem Flughafen, wo die Männer des Gangsterbosses dessen Bruder kidnappen wollen. Ein Blutbad ist die Folge. Kits Tarnung fliegt auf, und er landet in einem thailändischen Knast, der von dem Syndikat als Organfarm genutzt wird. Sein Leben ist nicht mehr viel wert.

Dem Gefängniswärter schwant langsam, dass es …

Der Gefängniswärter Chatchai (Tony Jaa) ahnt nichts von dem Ausmaß des verbrecherischen Treibens an seinem Arbeitsplatz. Ein paar Unsauberkeiten nimmt er notgedrungen hin, weil er auf den Job angewiesen ist. Seine kleine Tochter Sa (Unda Kunteera Yhordchanng) hat Leukämie, ihre Behandlung verschlingt viel Geld. Die Suche nach einem Knochenmarkspender verläuft schwierig. Derweil versucht Kits Vorgesetzter – und Onkel – Chan Kwok-Wah (Simon Yam) fieberhaft, den Aufenthaltsort seines Neffen herauszufinden und ihn zu retten.

… im Knast von Ko Hung nicht mit rechten Dingen zugeht

Hier gilt es, eine Unwahrscheinlichkeit hinzunehmen: Kit eignet sich als Knochenmarkspender für Chatchais Tochter. Schaut man darüber gnädig hinweg, ist die Story durchaus clever aufgezogen. Zwischendurch gibt es zwei Handlungsstränge in Hongkong und Thailand, die irgendwann in dem thailändischen Knast zusammenlaufen. Zwischendurch gerät das Geschehen zum furiosen Actionspektakel, vorzugsweise kommt Martial Arts zum Einsatz, auch einige deftige Schießereien finden statt. Die Hauptdarsteller Tony Jaa („Ong-Bak“) und Jing Wu („Meg 2 – Die Tiefe“) machen ihre Sache in kämpferischer Hinsicht vorzüglich, ihre Fights – auch gegeneinander – sind knackig und verraten perfekte Körperbeherrschung. Es erstaunt mich zwar immer wieder, wie viele Cops in Fernost solch perfekte Kampfsportler sind, will man dem Actionkino Glauben schenken, aber so kommt es immerhin zu satten Actionsequenzen. So auch hier. Zwei andere steuern diesbezüglich aber ebenfalls Highlights bei: Da ist zum einen der Gefängnisdirektor Ko Hung (Jin Zhang), ein bösartiger Herr von tödlicher Eleganz. In seinen Fights kommen auch Drähte zum Einsatz, die ihn schweben lassen – eine Reminiszenz an Ang Lees „Tiger & Dragon“ (2000), wo Jin Zhang für Stunts zuständig war. Er liefert auch den Bossfight am Ende, bei dem Regisseur Soi Cheang alle Zügel fallen ließ und es hemmungslos übertrieb. Frühere Kämpfe in „Lethal Warrior“ waren da doch etwas geerdeter, was den Actionthriller seltsam uneinheitlich wirken lässt. Aber das macht auch seinen Reiz aus. Solche Kontraste gibt es auch in visueller Hinsicht bei den Kulissen, wenn das Finale in einer in Weiß getauchten Klinik abläuft, deren kühle Eleganz so gar nicht zu den vorherigen Szenenbildern passen mag. Aber auch das stört überhaupt nicht.

Gibt es einen Ausweg?

Bevor ich es vergesse: Der andere Highlightkämpfer ist Ah-zai (Chi Zhang), seines Zeichens gnadenloser Killer des Gangsterbosses Hung Mun-Gong, der vorzugsweise mit kurzen Messern einsetzt, mit denen er seine Gegner zerschnetzelt. Da wir gerade dabei sind: Die FSK-18-Altersfreigabe der ungeschnittenen Fassung ist berechtigt.

Es geht gefühlig zu

Auch der melodramatische Aspekt verdient Beachtung. Die familiären Werte spielen eine Rolle, so bei den Hungs, die diese Werte allerdings mit Füßen treten. Anders als bei Chatchai und seiner Tochter Sa, für die er alles tun würde. Oder fast alles, denn er wird vor eine grausige Entscheidung gestellt. Dieser emotionale Aspekt mag in auf Action fokussierenden Thrillern wie „Lethal Warrior“ sekundär sein, aber ich gestehe doch, dass mich das Schicksal der kleinen Sa bewegt hat. Regisseur Soi Cheang drückt hier offenbar die richtigen Knöpfe. Und auch das Onkel-Neffe-Verhältnis der beiden Hongkong-Cops Chan Kwok-Wah und Chan Chi-Kit hat mir gut gefallen.

So wirkt „Lethal Warrior“ nicht immer rund, weiß aber jederzeit zu faszinieren. Die Handlung legt Wert auf Figurenkonstellationen und Gefühle, das bietet einen reizvollen Kontrast zur gewalthaltigen Action mit ihren fein choreografierten Kämpfen. So steht der Actionthriller in bester Hongkong-Tradition. Eine Frischzellenkur, die der ehemaligen Kronkolonie gut zu Gesicht steht.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Soi Cheang haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Tony Jaa unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 18. März 2016 als Blu-ray im Steelbook, Blu-ray und DVD

Länge: 121 Min. (Blu-ray), 116 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Kantonesisch
Untertitel: Deutsch, Niederländisch
Originaltitel: Saat po long 2
Alternativtitel: SPL – Kill Zone 2 / SPL II – A Time for Consequences
CHN/HK 2015
Regie: Soi Cheang
Drehbuch: Lai-Yin Leung, Ying Wong
Besetzung: Tony Jaa, Jing Wu, Simon Yam, Jin Zhang, Louis Koo, Ken Lo, Jun Kung, Dominic Lam, Babyjohn choi, Philip Keung, Andrew Ng, Tilman Borck, Wai Ai
Zusatzmaterial: Making-of, Trailershow, Wendecover
Label: splendid film GmbH
Vertrieb: WVG Medien GmbH

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & untere Packshots: © 2016 splendid film

 

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