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Brian De Palma (IV): Dressed to Kill – Erst die Optik, dann die Story

08 Jan

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Dressed to Kill

Von Simon Kyprianou

Thriller // Es gibt zwar bereits eine Rezension von „Dressed to Kill“ bei „Die Nacht der lebenden Texte“, zur Veröffentlichung des Films auf Blu-ray wollten wir es uns aber nicht nehmen lassen, erneut auf den Thriller hinzuweisen. Nachdem er im Ausland bereits in vorbildlichen Ausgaben von Arrow und der Criterion Collection vorliegt, gibt es nun auch endlich eine deutsche HD-Version des Films. Das war überfällig und ist es bei vielen anderen Filmen Brian De Palmas leider immer noch. Einer seiner besten Filme, „Carlitos Way“ gibt es nur in einer vergriffenen und dadurch mittlerweile viel zu teuren DVD-Ausgabe, „Der Tod kommt zweimal“ liegt auch bislang nur auf einer mäßigen DVD vor. Ebenfalls warten der herrlich durchgeknallte „Spiel auf Zeit“, und „Die schwarze Dahlie“ auf Blu-ray-Veröffentlichungen oder zumindest Neuauflagen der DVDs.

Die sexuell frustrierte Kate sucht bei ihrem Psychiater Hilfe

In der 2015er-Dokumentation „De Palma“ von Mumblecore-Filmemacher Noah Baumbach („Mistress America“, „Frances Ha“) und Jake Paltrow sagt De Palma, dass es viele Regisseure gebe, die behaupten, von Alfred Hitchcock inspiriert zu sein, ihn wundere das aber, da er eigentlich der einzige Regisseur sei, der Hitchcocks Art, Kino zu machen, wirklich weitergeführt habe. Und zumindest muss man einräumen, dass De Palma wirklich der wohl konsequenteste aller Hitchcock Epigonen ist: Sein Kino funktioniert immer zuerst visuell. In der Doku sagt er auch unverblümt, dass er zu den meisten seiner Filmen zuerst visuelle Ideen hatte, um die herum er dann die Story und Figuren entwickelt hat.

Kurze Zeit später wird sie ermordet

„Dressed to Kill“ hat einige hervorragende visuelle Ideen zu bieten. Da ist die fantastische Sequenz in der U-Bahn, in der de Palma einen gewöhnlichen U-Bahn-Waggon innerhalb von Sekunden in einen Ort des Schreckens umcodiert. Und natürlich die hervorragend komponierte Museums-Sequenz, in der De Palma Kate Miller (Angie Dickinson) durch das Metropolitan-Museum folgt und sie dabei beobachtet, wie sie mit einem fremden Mann flirtet und mit ihm zum Schluss das Museum verlässt. De Palma zeigt uns aber auch den Killer, der ihr schon auf den Fersen ist. Das ist etwas, was erst bei wiederholtem Sehen auffällt: Schaut man den Thriller zum ersten Mal, wird einem der Killer in den Szenen im Museum wahrscheinlich nicht auffallen; schaut man ihn erneut und achtet darauf, kann man ihn sehr wohl entdecken. Durch die Gleichzeitigkeit der Dinge, auf die De Palma uns aufmerksam machen will, ist die Szene auch so aufgeladen: der simple Akt, einer schönen Frau durch ein Museum zu folgen, einen Ort der ja ohnehin voller Schauwerte ist, der Flirt, den de Palma als dynamisches Verfolgungsspiel clever inszeniert, und der Killer, mit dem die Sequenz schließlich vorausdeutend endet.

Der Mord an Marion Crane als Vorbild

In der ersten Hälfte scheint De Palma überhaupt nicht daran interessiert zu sein, irgendetwas zu erzählen, sondern lässt die Handlung einfach nur treiben. Erst in der zweiten Hälfte, nach dem berauschend montierten Mord im Fahrstuhl, der ebenso einen Bruch darstellt wie der Mord an Marion Crane in der Dusche in „Psycho“, beginnt er damit, den herrlich verrückten Plot zu erzählen um ihn am Ende mit viel Verve zu seiner ebenso verrückten Auflösung zu führen.

Das Callgirl Liz hat den Mörder gesehen

Wie persönlich „Dressed to Kill“ wird, wenn der Sohn von Kate (Keith Gordon) das Büro ihres Psychiaters (Michael Caine) beobachtet, da er diesen des Mordes verdächtigt, zeigt sich in einer Anekdote, die De Palma in der Dokumentation erzählt: Als Jugendlicher habe er seinen Vater beschattet und schließlich auch bedroht, weil er ihn einer Affäre verdächtigte.

Essay von Marcus Stiglegger

Auf der Blu-ray finden sich ansprechende Extras, das sehenswerteste dürfte ein 45-minütiges Making-of sein, des Weiteren gibt es im Booklet einen ausführlichen Essay von Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger sowie einen Nachdruck des Filmplakats – der gute Standard der Mediabooks von Filmconfect.

Psychiater Dr. Robert Elliott – nur Vaterfigur und Arzt?

Zu Volkers Rezension von „Dressed to Kill“ geht’s auch hier. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Brian De Palma haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Nancy Allen und Angie Dickinson unter Schauspielerinnen, Filme mit Michael Caine in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 8. Februar 2024 als DVD, 14. Dezember 2023 als 3-Disc Limited Collector’s Edition Mediabook (UHD Blu-ray & 2 Blu-rays), 16. Dezember 2016 als Blu-ray im Mediabook, 4. Dezember 2006 als DVD
Veröffentlichung (GB): 29. Juli 2013 als Blu-ray (Arrow Video)
Veröffentlichung (USA): 8. September 2015 als Blu-ray und DVD (The Criterion Collection)

Länge: 105 Min. (Blu-ray), 100 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18 (R-Rated-Fassung, nach Neuprüfung nun FSK 16)
Sprachfassungen: Deutsch (nur Fox), Englisch
Untertitel: Englisch
Originaltitel: Dressed to Kill
USA 1980
Regie: Brian De Palma
Drehbuch: Brian De Palma
Besetzung: Michael Caine, Angie Dickinson, Nancy Allen, Keith Gordon, Dennis Franz, David Margulies, Brandon Maggart, Susanna Clemm, Bill Randolph
Zusatzmaterial capelight pictures: „Strictly Business“ – Interview mit Nancy Allen, „Symphony of Fear“ – Interview mit Produzent George Litto, Eine Wertschätzung von Keith Gordon, US-Kinotrailer; deutscher Originalkinotrailer; deutscher Trailer (remastered), nur Bonus-Blu-ray Mediabook: Making-of, Vergleich der Schnittfassungen, „Die Verstümmelung von Dressed to Kill“, „Killer Frames“ – Interview mit Fred C. Caruso, „An Imitation of Life“ – Interview mit Keith Gordon, „Dressed in White“ – Interview mit Angie Dickinson, „Dressed in Purple“ – Interview mit Nancy Allen, „Lessons in Filmmaking“ – Interview mit Keith Gordon, 24-seitiges Booklet mit einem Text von Leonhard Elias Lemke, nur DVD: Wendecover
Zusatzmaterial Arrow Video: Symphony of Fear (Producer George Litto discusses his working relationship with Brian De Palma), Dressed in White (Angie Dickinson on her role in the film), Dressed in Purple (Nancy Allen discusses her role in the film), Lessons in Filmmaking (Keith Gordon discusses „Dressed to Kill“), The Making of a Thriller, A Film Comparison (Unrated, R-Rated, TV-Rated), Slashing Dressed to Kill (Brian De Palma and stars Nancy Allen and Keith Gordon discuss the changes that had to be made to avoid an X-rating), Original Trailer, Gallery, Wendecover mit alternativem Plakatmotiv, 36-seitiges Booklet (mit Essay von Maitland McDonagh: Dressed to Kill: American Giallo, Interview von David Bird mit Stephen Sayadian, Photo Art-Director des „Dressed to Kill“-Posters, dazu viele Bilder)
Zusatzmaterial The Criterion Collection: New conversation between Brian De Palma and filmmaker Noah Baumbach, new interviews with actor Nancy Allen, producer George Litto, composer Pino Donaggio, shower-scene body double Victoria Lynn Johnson, and poster photographic art director Stephen Sayadian, The Making of “Dressed to Kill” (2001), new profile of cinematographer Ralf Bode, featuring filmmaker Michael Apted, Interview with actor-director Keith Gordon (2001), pieces from 2001 about the different versions of the film and the cuts made to avoid an X-Rating, Gallery of storyboards by Brian De Palma, Trailer, Booklet (essay by critic Michael Koresky)
Label 2024/2023: capelight pictures
Vertrieb 2024/2023: Al!ve AG
Label/Vertrieb 2016: Filmconfect Home Entertainment
Label Vertrieb 2006: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2016 by Simon Kyprianou
Szenenfotos & Packshot: © 2016 Filmconfect Home Entertainment

 

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