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Horror für Halloween (XV): Blood Feast – Als Gore und Splatter ihren Anfang nahmen

15 Okt

Blood Feast

Von Volker Schönenberger

Horror // Die Gemeinde der Horrorfans besteht zum Teil aus sehr sonderbaren Zeitgenossen, wobei manche Menschen gar allen Filmfans mit einer Neigung zum Horrorgenre einen Sockenschuss unterstellen. Sei’s drum, mir geht es um solche, die Filme schon abfeiern, wenn sie nur genug exzessive Gewalt und blutigen Splatter zeigen, selbst wenn diese Produktionen in anderer Hinsicht nur als stümperhaft deklariert werden können. Ein Tabubruch ist immer gut geeignet, bei diesen Filmkonsumenten Verzückung hervorzurufen und gleichzeitig die Augen vor den offenkundigen Mängeln schließen zu lassen. Man denke nur an Joe D’Amatos „Der Menschenfresser“ von 1980 (Originaltitel: „Antropophagus“), auch als „Man-Eater“ bekannt, in dem George Eastman in der Titelrolle einer Frau ihr ungeborenes Baby aus dem Körper reißt, um es zu verspeisen. Ohne diese Szene hätte das Machwerk kaum die Aufmerksamkeit erlangt, die es bekommen hat. Die Zahl weiterer Beispiele ist Legion. Fairerweise sei angemerkt, dass viele Horrorfans solche Streifen im vollen Bewusstsein schauen, es mit miesen Filmen zu tun zu haben. Ich selbst schau ab und zu auch gern mal Unterirdisches. Das macht mich womöglich nicht weniger sonderbar als solche Gesellen, die derlei Filme abfeiern.

Eine Zunge wird herausgerissen

Ein besonderer Vertreter dieser Art Film ist Herschell Gordon Lewis‘ „Blood Feast“ von 1963, der erstmals Brutalitäten wie das Abhacken von Extremitäten, das Öffnen einer Schädeldecke und das Herausreißen einer Zunge zeigte. Nicht zuletzt der Skandal um diese explizite Gewaltdarstellung ließ den Regisseur noch vor Lucio Fulci („Ein Zombie hing am Glockenseil“) zum „Godfather of Gore“ werden. Den Täter lernen die Zuschauer gleich zu Beginn kennen: Es ist der Ägypter Fuad Ramses (Mal Arnold), der in Miami exotische Catering-Dienstleistungen anbietet und insgeheim einem altägyptischen Kult um die mesopotamische Göttin Ischtar huldigt, für dessen Ausübung er Körperteile von Frauen benötigt.

Billig und zügig heruntergekurbelt – das merkt man

In neun Tagen für weniger als 25.000 US-Dollar abgedreht, hat „Blood Feast“ einiges zu bieten, was einen schlechten Film ausmacht. Die simple Story ist da noch das geringste Übel. Ein Gefühl für Timing und Tempo hat Herschell Gordon Lewis mit der Handlung nicht gerade offenbart, und von Logik hält er auch nicht viel. Einige Filmfehler – Goofs – könnten den Gesamteindruck trüben, wäre der nicht ohnehin schon sehr trübe. Unterboten wird all das aber durch die unfassbar schlechten darstellerischen Leistungen, beginnend mit der Figur des Fuad Ramses. Mit Schauspielkunst hat das nichts zu tun. Wenn nach dem Mord an einer jungen Frau am Strand ihr junger Freund greinend in den Armen des Ermittlers liegt, kann man sich ein Schmunzeln kaum verkneifen, so amateurhaft ist das gespielt. „Take it easy“ rät der Cop mitfühlend.

Ein Monolog von Detective Pete Thornton (William Kerwin) am Ende setzt dem Ganzen die Krone auf – er wirkt, als hätte der Regisseur dem Publikum Begriffsstutzigkeit unterstellt und sich deshalb bemüßigt gefühlt, ein paar abschließende Erläuterungen zu liefern. Den Score komponierte Lewis persönlich, wenn man das monotone Geräusch eines Schlaginstruments denn Komposition nennen will. Aber zugegeben: Es erfüllt seinen Zweck und untermalt die Handlung gar nicht so schlecht. Das kann man alles unterhaltsam finden – und das ist es auch bis zu einem gewissen Grad. Nur sollte niemand den Fehler begehen, „Blood Feast“ irgendwelche Qualitäten zuzubilligen, die der Streifen nicht hat. Steht dazu, Spaß an einem miesen Machwerk zu haben! Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden.

Sequel, Remake und Beschlagnahmung

2002 drehte Lewis selbst eine Fortsetzung mit dem Titel „Blood Feast 2 – All You Can Eat“. 2015 inszenierte der deutsche Regisseur Marcel Walz („Seed 2 – The New Breed“) ein Remake, in dem Herschell Gordon Lewis sogar eine kleine Rolle übernahm. Unklar ist, weshalb die 2002 in Deutschland erschienene DVD von „Blood Feast“ noch im Jahr 2004 gemäß richterlichen Beschlusses nach § 131 StGB aufgrund von gewaltverherrlichender oder gewaltverharmlosender Darstellung beschlagnahmt wurde – da hat man in all den Jahren seit der Entstehung weitaus Brutaleres gesehen, das dieses Schicksal nicht erleiden musste. Wer sich von meinen Zeilen partout nicht abschrecken ließ, mag beim englischen Label Arrow Video fündig werden. Herschell Gordon Lewis starb am 26. September 2016 im Alter von 90 Jahren.

Länge: 67 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Originaltitel: Blood Feast
USA 1963
Regie: Herschell Gordon Lewis
Drehbuch: Allison Louise Downe
Besetzung: William Kerwin (als Thomas Wood), Mal Arnold, Connie Mason, Lyn Bolton, Scott H. Hall, Christy Foushee, Ashley Martin, Astrid Olson, Sandra Sinclair

Copyright 2017 by Volker Schönenberger
Filmplakat: Fair Use

 

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