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Island of the Condemned – Knackis auf die Insel!

19 Mär

Novaya Zemlya

Von Volker Schönenberger

SF-Actiondrama // Irgendwo in einem russischen Knast befragt der Anstaltsleiter seine Gefangenen über ihre Träume – aus was für Gründen auch immer. Will er sie quälen? Die Insassen werden im Jahr 2013 auf einem alten Frachtschiff eingepfercht und deportiert. Es stellt sich heraus, dass die Männer für das „Projekt Terra Nova“ als Versuchskaninchen auserwählt worden sind: 600 Kriminelle erhalten eine ganz spezielle Form der Freiheit: Sie sollen die im Nordpolarmeer gelegene Doppelinsel Novaya Zemlya besiedeln. Da weltweit die Todesstrafe abgeschafft wurde, sind die Gefängnisse anscheinend überfüllt.

Die Knackis balgen sich um …

Immerhin hat Väterchen Russland Vorräte bereitgestellt, die für drei Monate reichen sollen. Ob sie nun Teil eines ohne Skrupel konzipierten sozialen Experiments sind oder einfach nur entsorgt werden sollten – schon bei der Verteilung der Schlüssel für ihre Handfesseln zeigt sich, dass das Gros der Männer aus bösartigen Halsabschneidern besteht. Keine gute Grundlage für den Aufbau einer kleinen Zivilisation. Der besonnene Ivan Georgevitch Zhilin (Konstantin Lavronenko) schaut sich das nicht lange an, er schnappt sich ein paar Vorräte, etwas Ausrüstung und zieht allein von dannen. Kurz darauf schließt sich ihm Sipa (Andrey Feskov) an, der ihm gefolgt ist.

Erinnerung an „Flucht aus Absolom“

Knackis auf einer einsamen Insel – kein nagelneues Sujet. 1994 wagten Ray Liotta und Lance Henriksen die „Flucht aus Absolom“ („No Escape“). 2007 bildeten unter anderen Steve Austin und Vinnie Jones „Die Todeskandidaten“ („The Condemned“). Trotz der Titelnähe zu letztgenanntem Actionfilm findet der russische „Island of the Condemned“ einen eigenen Ansatz. Das knallharte Survival-Abenteuer wirkt auf den ersten Blick wie reine Exploitation, offenbart nach kurzer Zeit aber dramatische Qualitäten und erweist sich sogar als anständig gespielt. Hauptdarsteller Konstantin Lavronenko hat 2007 mit dem Darstellerpreis in Cannes für das russische Drama „Die Verbannung“ immerhin schon internationale Meriten erworben. Ihm und seinen Mitstreitern mit ihren vom Wetter oder dem Leben gegerbten Gesichtern nimmt man ihre Lage jederzeit ab. Hoffnung ist in den Augen der Männer jedenfalls kaum zu erkennen.

… die Schlüssel ihrer Handfesseln

Als Studie über die Verrohung des Menschen funktioniert „Island of the Condemned“ nur bedingt, erweisen sich die Insulaner wider Willen doch als von vornherein verroht. Dystopisches Survival-Abenteuer trifft es ganz gut, und als solches lässt sich das Actiondrama auch vorzüglich schauen. Die heftigen Gewaltausbrüche mit Äxten und anderem Instrumentarium lassen die FSK-18-Freigabe der ungeschnittenen Fassung gerechtfertigt erscheinen, auch wenn die Kamera nie voll drauf hält. Wer auf derben Splatter hofft, wird enttäuscht. Immerhin braucht man nicht zu befürchten, im Regal die falsche Fassung zu ergattern. Zwar ist „Island of the Condemned“ in Deutschland auch unter den Titeln „Cannibal Massacre“ und „Terra Nova – Insel des Todes“ veröffentlicht worden, alle Editionen enthalten aber die Uncut-Version des Films. Die schmutzige kleine Dystopie aus Russland lohnt sich.

Spoilerwarnung für den letzten Absatz

In diesem Absatz spoilere ich zwar nicht den Ausgang des Films, beschreibe aber eine Entwicklung gegen Ende. Wer das Finale ungespoilert erleben will, möge diesen letzten Absatz ignorieren. Einen sonderbaren, gar bizarren Unterton bekommt „Island of the Condemned“ im letzten Viertel, wenn plötzlich UNO-Blauhelme auf der Bildfläche erscheinen, die offenbar mit den russischen Organisatoren von „Projekt Terra Nova“ gemeinsame Sache machen, und kurz darauf eine Schar neuer Gefangener eintrifft, welche Englisch sprechen und orangefarbene Overalls tragen. Was wollten uns die Produzenten damit sagen? Soll das eine Aussage gegen die Vereinten Nationen sein? Oder handelt es sich lediglich um eine skurrile Drehbuchidee? Meine Interpretationsansätze finden dort ihre Grenzen, also macht euch selbst ein Bild!

Veröffentlichung: 30. Januar 2015 (unter dem Titel „Cannibal Massacre“), 3. Oktober 2014 (unter dem Titel „Terra Nova – Insel des Todes“) sowie 18. Februar 2010 (unter dem Titel „Island of the Condemned“), jeweils als Blu-ray und DVD

Länge: 120 Min. (Blu-ray), 115 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Russisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Novaya Zemlya
Alternativtitel: Cannibal Massacre / Terra Nova – Insel des Todes
Internationaler Titel: Terra Nova
RUS 2008
Regie: Aleksandr Melnik
Drehbuch: Arif Aliev
Besetzung: Konstantin Lavronenko, Andrey Feskov, Marat Basharov, Pavel Sborshchikov, Sergey Zhigunov, Aleksandr Samoylenko, Tommy „Tiny“ Lister, Ingeborga Dapkunaite, Sergey Koltakov
Zusatzmaterial 2010: russischer und US-Trailer, Diashow, Trailer „Nobel Son“ und „Alexander“, Wendecover
Label/Vertrieb 2015: True Grit / Soulfood
Label/Vertrieb 2014: Edel Germany
Label/Vertrieb 2010: SchröderMedia HandelsgmbH & Co. KG

Copyright 2020 by Volker Schönenberger
Szenenfotos: © 2010 SchröderMedia HandelsgmbH & Co. KG

 

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