RSS

Top Fighter – Der Cop, der ein Ninja war

19 Mär

Rage of Honor

Von Volker Schönenberger

Action // Gordon Hessler (1925–2014) hat mit 47 Regiearbeiten zwar keine ausufernde Filmografie zu bieten, zumal es sich bei vielen davon um eher belanglose Fernsehproduktionen handelt; bemerkenswert ist sein Portfolio aber doch, da er um 1970 herum ein paar interessante kleine Horrorfilme gedreht hat, darunter „Im Todesgriff der roten Maske“ (1969), „Der Todesschrei der Hexen“ (1970) und „Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse“ (1970) jeweils mit Vincent Price. Zwischendurch inszenierte er das arg trashige KISS-Vehikel „KISS in Attack of the Phantoms“ (1978), in welchem die maskierten Hardrocker samt nach ihrem Vorbild geklonter Roboter einen Vergnügungspark unsicher machen. 1985 schließlich folgte mit „Die 1000 Augen der Ninja“ ein Ninja-Actioner mit keinem Geringeren als Shô Kosugi („Enter the Ninja“, „Pray for Death“).

Razzia in Buenos Aires

Zwei Jahre später spielte Kosugi in „Top Fighter“ – Originaltitel: „Rage of Honor“ – erneut die Hauptrolle, diesmal den Japaner Shiro Tanaka, der in den USA als Cop beim Drogendezernat Fuß gefasst hat. Ein Einsatz auf einem Ausflugsboot in Buenos Aires endet mit diversen toten Gangstern (US-Ermittler führen eine Razzia in Argeniniens Hauptstadt aus – okay, kann man mal machen). Dabei werden zwar massig Rauschgift und Drogengeld sichergestellt, Shiros Boss Sterling (Darsteller nicht bekannt) ist aber von dieser eigenmächtigen Aktion seiner Leute nicht begeistert.

Tod im Lagerhaus

Zurück in Phoenix, Arizona, nimmt sich Shiro endlich mal einen Abend frei, um mit seiner Freundin Jennifer Lane (Robin Evans) essen zu gehen. Derweil folgt sein Partner Ray Jones (Richard Wiley) einem Tipp, der ihn in ein Lagerhaus führt. Dort entdeckt er Drogen, fatalerweise entdecken ihn auch die Gangster um ihren Boss Havlock (Lewis Van Bergen). Als Shiro, den noch eine Nachricht von Ray erreichte, am Ort des Geschehens eintrifft, kann er zwar einige Schurken abmurksen, seinen Partner aber nicht mehr retten.

Romantisches Dinner in Phoenix

Weil sich Havlock mittlerweile wieder nach Argentinien zum Obergangster Alan (Darsteller nicht bekannt) abgesetzt hat, quittiert Shiro kurzerhand den Dienst und folgt dem Gangster. Seine Freundin Jennifer begleitet ihn auf dieser „Urlaubsreise“, wie er ihr vorgegaukelt hat. Immerhin ahnt sie umgehend, dass es kein Erholungstrip wird, denn Shiro geht es um eines: Rache!

Die 80er!

Aaah, die gute alte Rache, immer wieder gern genommen, auch im Action-Kino der 1980er-Jahre, in dem „Top Fighter“ fest verwurzelt ist. Das hört man auch sofort mit den ersten Tönen des schmissigen Synthie-Soundtracks und sieht man nicht nur an den für die damalige Zeit typischen Frisuren und Klamotten. Glattrasierte Ermittler gegen unrasierte Ganoven sind ebenfalls ein Zeichen der Zeit, ebenso junge Frauen, deren Hauptaufgabe darin besteht, gut auszusehen und Haut zu zeigen – mal mehr, mal weniger.

Blutige Mission im Lagerhaus

Dass der Cop auf einen derart gefährlichen Trip seine Freundin mitnimmt, kann man als kleines Logikloch zu Recht anprangern. Aber der Zweck heiligt in diesen Streifen eben die Mittel, und sei es der Zweck, eine Actionsequenz auf dem Balkon des Hotelzimmers einzubauen, damit Shiro seine „Damsel in Distress“ (zu deutsch: verfolgte Unschuld) retten kann. Immerhin sieht er seinen Leichtsinn dann ein und bringt Jennifer aus der Schusslinie – so glaubt er.

So zielsicher wie die „Star Wars“-Sturmtruppen

Die Ballereien von „Top Fighter“ erinnern frappierend an die „Krieg der Sterne“-Saga: Der Held erweist sich als zielsicher, die Gangster hingegen schießen stets daneben – wie die Sturmtruppen vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis. Aber gut, wenn der Protagonist auf seinem Rachefeldzug nun mal auf sich allein gestellt ist, darf er nicht getroffen werden, weil sonst der Film keinen Sinn mehr ergibt. Wobei: Ergibt der Film überhaupt Sinn? Egal!

Rachefeldzug im Dschungel

Shô Kosugis Kampfkunstfertigkeiten in verschiedenen Stilen sind erwartungsgemäß ein echter Pluspunkt – in den 80ern bot Action eben noch klare Kante. Kernige Karatetritte teilt er zuhauf aus. Zack! Bei einer Schießerei zu Beginn verursachte seine wiederholte Hechtsprung-Vorwärtsrolle bei mir etwas Schmunzeln, aber das gehört beim Schauen dieser Art Film ohnehin zum guten Ton. Außerdem darf der Gute sogar diverse Ninja-Utensilien wie beispielsweise Wurfsterne einsetzen, und das sogar im tiefen argentinischen Dschungel gegen Ureinwohner, die ihn mit Speeren und Pfeil und Bogen attackieren (später auch gegen urplötzlich auftauchende Ninja-Krieger in Tarnanzügen). Das bringt immerhin auch ein paar schöne Landschaftsansichten inklusive malerischer Wasserfälle mit sich. Dann erobern die bunt bemalten Krieger auch noch seine Armbrust, und in der nächsten Szene trägt er sie wieder auf dem Rücken. Sachen gibt’s!

Ein besserer Kämpfer als Schauspieler

Die schauspielerischen Fähigkeiten des Hauptdarstellers sind allerdings eher umgekehrt proportional zu seiner kämpferischen Körperbeherrschung. Aber wenn die Story schon auf einen Bierdeckel passt, passt die Charakterzeichnung eben auf eine Briefmarke, dafür braucht es nicht viel Talent. Was Jennifer an ihm findet und er an ihr, bleibt vage. Ist ja auch kein Liebesdrama!

Vom Index runter auf FSK 16

Von 1987 bis 2012 stand „Top Fighter“ unverständlicherweise auf dem Index, die turnusmäßige Listenstreichung nach 25 Jahren war folgerichtig, eine Folgeindizierung wäre lächerlich gewesen. Da hat man im Sektor der 80er-Action weitaus Brutaleres gesehen. Die FSK vergab bei der Neuprüfung eine Altersfreigabe ab 16 Jahren. Die 2016er-DVD aus der „Action Cult Uncut“-Reihe von Twentieth Century Fox ist ebenso ungeschnitten wie die Blu-ray und DVD im 2016er-Mediabook von Koch Media (heute Koch Films). Ob „Top Fighter“ nun unbedingt ein Mediabook benötigt hätte, sei dahingestellt, aber die Sammler dieses Veröffentlichungsformats sind oftmals ja nicht allzu wählerisch. Da macht es wohl nicht, dass es qualitativ eher lieblos aufgemacht daherkommt, was auch für den mäßig lektorierten Text im Booklet gilt. Das Mediabook ist sogar noch im Handel zu finden, was bald sechs Jahre nach Veröffentlichung darauf hindeutet, dass die Nachfrage nach „Top Fighter“ doch deutlich geringer ist, als es die Labelverantwortlichen kalkuliert haben. Fans kerniger 80er-Action werden ihren Spaß haben, dabei aber wissen, dass der Streifen nicht zu den Glanzlichtern jener Ära gehört.

Die Reihe „Action Cult Uncut“ von Twentieth Century Fox Home Entertainment haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Gordon Hessler haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet.

Veröffentlichung: 8. Juli 2016 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD) 11. Januar 2013 als DVD („Action Cult Uncut“)

Länge: 92 Min. (Blu-ray), 88 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Rage of Honor
ARG/USA 1987
Regie: Gordon Hessler
Drehbuch: Robert Short, Wallace C. Bennett
Besetzung: Shô Kosugi, Lewis Van Bergen, Robin Evans, Gerry Gibson, Charles Lucia, Richard Wiley, Carlos Estrada, Ulises Dumont, Theodore McNabney, Alan Amiel, Armando Capo
Zusatzmaterial Mediabook: zweiteiliges Interview mit Hauptdarsteller Shô Kosugi (Teil 1: 19 Minuten, Teil 2: 18 Min.), Bildergalerie, deutscher VHS-Trailer, englischer Kinotrailer, 16-seitiges Booklet mit einem Text von Sylvio Constabel
Zusatzmaterial DVD: Originaltrailer
Label/Vertrieb Mediabook: Koch Media (heute: Koch Films)
Label/Vertrieb DVD: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Mediabook-Packshot: © 2016 Koch Films,
DVD-Packshot: © 2013 Twentieth Century Fox Home Entertainment

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..