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Wedlock – Mir platzt gleich der Kopf

21 Apr

Wedlock

Von Volker Schönenberger

SF-Action // In der nahen Zukunft (des Produktionsjahrs 1991): Frank Warren (Rutger Hauer), seine Verlobte Noelle (Joan Chen) und sein Kumpel Sam (James Remar) erbeuten bei einem Raubüberfall Diamanten im Wert von 25 Millionen Dollar. Frank ist zwar ungehalten, dass sein Komplize und seine Komplizin brutaler vorgehen als erwartet, das ist aber nichts gegen die böse Überraschung, die ihn erwartet: Noelle jagt ihm drei Kugeln in den Leib.

Ankunft im Knast

Als hätte er es geahnt, hat Frank allerdings zuvor die Diamanten versteckt. Er überlebt und landet im von Gefängnisdirektor Holliday (Stephen Tobolowsky) geführten Musterknast, einem Prototypen mit ganz spezieller Sicherheitstechnik: Alle Insassinnen und Insassen tragen ein metallenes Halsband, das per Funk mit dem Halsband eines anderen Häftlings verbunden ist. Entfernen sich die beiden mehr als 100 Yards (91,44 Meter) voneinander, explodieren beide Halsbänder. Der Clou: Die Häftlinge wissen nicht, mit wem sie dieses unsichtbare Band verbindet.

Einzelhaft im Wassertank

Weil Holliday unbedingt das Versteck der Diamanten aus Frank herauspressen will, hat der es im Knast alles andere als leicht. Der als Verbindungsmann zwischen Inhaftierten und Gefängnisaufsicht eingesetzte brutale Emerald (Basil Wallace) hat ihn auf dem Kieker, und schnell macht Frank auch Bekanntschaft mit der besonderen Form der Einzelhaft, die Holliday ersonnen hat: liegend in einem Wassertank. Aber unversehens findet sich der Diamantenräuber in Begleitung der Insassin Tracy Riggs (Mimi Rogers) doch auf der Flucht wieder. Sie hat herausgefunden, dass er ihr Halsband-Partner ist.

Die Flucht gelingt

Die Überlebensbedingung, sich nie mehr als 100 Yards vom anderen zu entfernen, führt zu einigen fesselnden, dabei aber durchaus humorigen Situationen. Da die beiden die Hauptfiguren von „Wedlock“ sind, ahnen wir, dass sie diese brenzligen Momente überstehen werden, ohne dass ihre Köpfe zerplatzen. Spannend ist es dennoch. Ein paar Finten im Drehbuch treiben die Story voran, die insgesamt etwas mehr Tempo vertragen hätte, aber vielleicht ist dieser Eindruck auch nur der Rückschau aus heutiger Sicht geschuldet.

Die Zukunft war 1991

Der Science-Fiction-Aspekt des technischen Fortschritts und gesellschaftlichen Rückschritts der nahen Zukunft spielt eine untergeordnete Rolle, in der Hinsicht wäre mehr drin gewesen. Das gilt auch visuell – die nahe Zukunft aus der Sicht des Jahrs 1991 sieht letztlich aus wie das Jahr 1991. Nach der Flucht von Frank und Tracy liegt der Fokus auf dem Roadtrip der beiden. Klar, dass es auch um die Beute geht und andere ebenfalls scharf darauf sind. Daraus resultiert einige Action. Rutger Hauer sehen wir ohnehin immer gern, gern auch in sympathischeren Rollen als der des Psychopathen in „Hitcher – Der Highway Killer“ (1986). Mit Mimi Rogers („Lost in Space“) hat er eine ebenbürtige Partnerin an die Seite gestellt bekommen. Logisch, dass sich die beiden ineinander vergucken, das geschieht allerdings recht abrupt.

Die Flucht läuft

Lewis Teague („Der Horror-Alligator“) hatte kurz zuvor den Militär-Actioner „Navy Seals – Die härteste Elitetruppe der Welt“ gedreht und übernahm den Regiestuhl für „Wedlock“ als Auftragsarbeit für den US-Fernsehsender HBO. Seine Weltpremiere feierte der in Kalifornien gedrehte Film zwar im Mai 1991 auf dem Filmfestival von Cannes, um Anfang September jenes Jahres in Deutschlands Kinos zu starten; im selben Monat allerdings strahlte HBO „Wedlock“ tatsächlich in den USA aus.

Die Flucht endet

In zwei kurzen Szenen zu Beginn von Franks Knastaufenthalt ist Danny Trejo („Dead in Tombstone“) zu sehen. Die Idee der explosiven Halsbänder als Gefängnis-Sicherung hat „Wedlock“ nicht exklusiv. Bereits 1987 war sie in der Stephen-King-Verfilmung „Running Man“ mit Arnold Schwarzenegger eingesetzt worden. Zwei explodierende Köpfe bekommen wir in „Wedlock“ auch zu sehen – wohl der Grund, weshalb der Film in Deutschland ursprünglich eine FSK-18-Freigabe verpasst bekommen hatte. Auf DVD hat ihn Concorde Video sowohl in ungekürzter FSK-18-Version als auch in gekürzter FSK-16-Version veröffentlicht. Für die Blu-ray hat der neue Lizenzinhaber Koch Films bei der FSK eine Neuprüfung der Uncut-Fassung beantragt und eine Herabsetzung auf FSK 16 erreicht. Koch hat das Steelbook mit der Blu-ray nicht in den herkömmlichen Handel gebracht, ob stationäre Geschäfte oder Online-Händler, sondern vertreibt es exklusiv im labeleigenen Webshop. „Wedlock“ hat seine Fans, und das durchaus zu Recht, aber keinen Status als großer Klassiker, und das durchaus auch zu Recht.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Lewis Teague haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Rutger Hauer und Danny Trejo unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 20. Januar 2022 als Blu-ray im Steelbook, 19. November 2015 und 27. April 2004 als gekürzte DVD, 6. Oktober 2004 als FSK-18-DVD

Länge: 102 Min. (Blu-ray), 98 Min. (DVD), 96 Min. (gekürzte DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Wedlock
USA/GB 1991
Regie: Lewis Teague
Drehbuch: Broderick Miller
Besetzung: Rutger Hauer, Mimi Rogers, Joan Chen, James Remar, Stephen Tobolowsky, Basil Wallace, Danny Trejo, Grand L. Bush, Glenn Plummer, Belle Avery
Zusatzmaterial: exklusives Interview mit Regisseur Lewis Teague (14 Min.), deutscher und englischer Trailer, Bildergalerie
Label/Vertrieb Blu-ray: Koch Films
Label/Vertrieb DVD: Concorde Video

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Steelbook-Packshot: © 2022 Koch Films, DVD-Packshot: © 2004 Concorde Video

 
 

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Eine Antwort zu “Wedlock – Mir platzt gleich der Kopf

  1. SmileySmile77

    2022/04/21 at 19:59

    Ich habe den Film in wohlwollenderer Erinnerung von seiner VHS-Sichtung, aber seitdem kaum mal an ihn gedacht. Die Idee gekoppelter Gefangener wurde dann ja auch noch von Battle Royale 2 aufgegriffen. Und soweit ich mich erinnere sah sie im Trailer zu „Wedlock“ spannender aus als in der Ausführung. Aber wenn mir der Film mal auf einem Streaming-Portal begegnet würde ich ihm wahrscheinlich auch eine Neusichtung gönnen. Rutger Hauer in einem soliden B-Movie ist fast immer eine gute Wahl.

     

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