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Mord in Yellowstone City – Gold macht nicht glücklich, sondern tot

18 Nov

Murder at Yellowstone City

Von Volker Schönenberger

Western // Der Western lebt! Auch im 21. Jahrhundert, das wissen wir nicht erst seit Quentin Tarantino. Dem Genre seit jeher verbunden, hat er mit „Django Unchained“ (2012) und „The Hateful Eight“ (2015) selbst zwei bemerkenswerte Western-Duftmarken gesetzt. Es sind bei Weitem nicht die einzigen bemerkenswerten Genrebeiträge seit der Jahrtausendwende. Man denke nur an „Open Range“ (2003) von und mit Kevin Costner, Andrew Dominiks „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ (2007), „Appaloosa“ (2008) von und mit Ed Harris, „The Homesman“ (2014) von und mit Tommy Lee Jones, Ti Wests „In a Valley of Violence“ (2016) und „Das Duell“ (2016) von Kieran Darcy-Smith. Nicht zu vergessen die beiden Remakes „Todeszug nach Yuma“ (2007) und „Die glorreichen Sieben“ (2016) sowie die außergewöhnlichen, mit Horrorelementen angereicherten „Bone Tomahawk“ (2015) und „Brimstone – Erlöse uns von dem Bösen“ (2016), letztgenannter Film eine niederländische Produktion.

Noch frohlockt der erfolgreiche Goldgräber

Nun hat der australische Regisseur Richard Gray („Robert the Bruce – König von Schottland“) die große Tradition der klassischen Hollywood-Western mit „Mord in Yellowstone City“ fortgesetzt. Und mit Bravour, das sei an dieser Stelle bereits erwähnt. Angesichts des Titels sei noch die seit 2018 laufende Westernserie „Yellowstone“ mit Kevin Costner erwähnt, die es mittlerweile auf fünf Staffeln und zwei Prequel-Ableger gebracht hat. Obwohl als Neo-Western Hier und Heute angesiedelt, belegt sie doch ebenfalls, dass der Western nicht totzukriegen ist.

Ein Fremder muss der Mörder sein

Die Handlung von „Mord in Yellowstone City“ entspinnt sich im Jahr 1881 in Montana: Das Goldgräberstädtchen Yellowstone City hat schon bessere Tage gesehen, aber nun tut sich einiges: Der Goldsucher Robert Dunnigan (Zach McGowan) zieht das große Los – in seiner Mine stößt er auf eine reiche Goldader. Sie könnte Yellowstone City neuen Aufschwung bescheren. Gleichzeitig trifft ein Fremder (Isaiah Mustafa) im Örtchen ein, ein Schwarzer, der sich Cicero nennt (ein ehemaliger Sklave, wie wir nach einiger Zeit erfahren). Bald darauf ist Dunnigan tot, und Sheriff James Ambrose (Gabriel Byrne) nimmt umgehend den Neuankömmling Cicero als Hauptverdächtigen in Gewahrsam. Ambrose, ein Witwer, der seinen Sohn Jim Ambrose Junior (Nat Wolff) allein großzog, ist ein gottesfürchtiger und aufrechter Mann. Jedoch verschwendet er keinen Gedanken daran, ein anderer als Cicero könne der Mörder sein.

Cicero wird des Mordes verdächtigt

Nach dem Tod des Goldgräbers entwickelt sich der Western für eine Weile zu einem lupenreinen Whodunit-Krimi, weshalb sein Titel „Mord in Yellowstone City“ angemessen erscheint (gemeinhin gehören Morde in Western ja zu den üblichen Bestandteilen, weshalb man sie nicht im Titel betonen müsste). Klar, dass es nicht bei einem Toten bleibt. Irgendwann, vielleicht eine Nuance zu früh, endet immerhin für das Filmpublikum die Frage, wer es denn war, doch für die Menschen in Yellowstone City noch lange nicht – zumindest für diejenigen, die Cicero für unschuldig halten. Sheriff Ambrose geht es gar nicht mal um das Finden des wahren Mörders. Ihm liegt an der Stadt, für sie ist er einiges zu tun bereit, und sei es das Zurechtbiegen der Wahrheit.

Sünde und Erlösung liegen in Yellowstone City dicht beieinander

Eine ganze Weile lebt Richard Grays Regiearbeit von seiner Dialogstärke und setzt weniger auf Action. Wir erfahren, dass nicht nur Cicero und der Sheriff an der Last ihrer Vergangenheit zu tragen haben. Auch der Priester Thaddeus Murphy (Thomas Jane) war nicht immer ein Mann Gottes. Mit seiner Frau Alice (Anna Camp) hat es ihn erst vor kurzer Zeit nach Yellowstone City verschlagen. Weitere Figuren sind bedeutsam, etwa Emma Dunnigan (Scottie Thompson), unglückliche Ehefrau des Goldgräbers, die dieser mit der Prostituierten Isabel Santos (Aimee Garcia) betrog – kaum, dass er seiner Gemahlin nach dem Goldfund davon berichtete, zog es ihn sogleich ins Etablissement, um vor den Anwesenden zu prahlen und mit Isabel eine Nummer zu schieben. Unter Wert haben wir Richard Dreyfuss als Gastwirt (und Bordellbetreiber?) Edgar Blake, eine Rolle, die wenig hergibt. Aber schön, Dreyfuss mal wieder gesehen zu haben. Primus inter pares in diesem feinen Ensemble ist ohnehin Gabriel Byrne – in die Psyche des Sheriffs dringen wir am tiefsten vor.

Drehort Paradise Valley

Eine ebenfalls zu kleine Rolle hat das im Südwesten von Montana gelegene Paradise Valley, durch das der Yellowstone River fließt. Gedreht wurde „on location“, also dort, aber vieles spielt sich im Örtchen und in dessen Gebäuden ab, sodass prächtige Landschaftspanoramen nur selten zur Geltung kommen. Zur Geltung kommen im letzten Viertel des Films aber Schießpulver und Schusswaffen – die Luft wird enorm bleihaltig, der Body Count steigt.

Der Geistliche sucht nach der Wahrheit …

Was ist nur in den Tomatometer gefahren? Die Kritikerwertung des US-Filmportals Rotten Tomatoes weist für „Mord in Yellowstone City“ lediglich einen Wert von 24 Prozent aus, ermittelt aus 21 Rezensionen. Wie kann das sein? Immerhin stimmt die Publikumswertung „Audience Score“ mit 79 Prozent versöhnlich. Die Durchschnittswertung in der Internet Movie Database wiederum liegt mit 5,1 von 10 nur im Mittelmaß (alle Werte Stand November 2022). Unbegreiflich! Vielleicht ist es gerade nicht die richtige Zeit für Western klassischer US-Machart. Aber Richard Gray beweist mit seinem Werk sowohl ein Händchen als auch ein großes Herz dafür. Wer diesem schönen Genre etwas abgewinnen kann, müsste an „Mord in Yellowstone City“ großen Gefallen finden.

… der Sheriff nach der Bestätigung seiner Wahrheit

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Gabriel Byrne, Richard Dreyfuss und Thomas Jane haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Vater und Sohn Ambrose betrauern die Ehefrau und Mutter

Veröffentlichung: 14. Oktober 2022 als UHD Blu-ray, Blu-ray und DVD, 6. Oktober 2022 als Video on Demand

Länge: 127 Min. (Blu-ray), 121 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Murder at Yellowstone City
USA 2022
Regie: Richard Gray
Drehbuch: Eric Belgau
Besetzung: Gabriel Byrne, Thomas Jane, Isaiah Mustafa, Zach McGowan, Richard Dreyfuss, Anna Camp, Nat Wolff, Ron Garritson, John Ales, Aimee Garcia, Lew Temple, Emma Kenney, Scottie Thompson, Isabella Ruby, Marley Gray, Eadie Gray, Danny Bohnen, Tanaya Beatty
Zusatzmaterial: entfallene Szenen (6:47 Min.), Kinotrailer, Trailershow, Wendecover
Label: capelight pictures
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & gruppierter Packshot: © 2022 capelight pictures

 

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