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Zum 65. Geburtstag von Bruce Campbell: Bubba Ho-Tep – Der King, JFK und die Mumie

22 Jun

Bubba Ho-Tep

Von Volker Schönenberger

Horrorkomödie // Die Rolle des Ash im „Evil Dead“-Franchise machte ihn zur Ikone. Dennoch greift es zu kurz, den am 22. Juni 1958 in Birmingham im US-Staat Michigan geborenen Bruce Campbell darauf zu reduzieren, weist seine Filmografie doch die stattliche Zahl von 168 Einträgen auf (Stand Juni 2023). Zugegeben: In den 1970er-Jahren wirkte er vornehmlich in weitgehend unbekannten Kurzfilmen mit, darunter aber immerhin der halbstündige „Within the Woods“ (1978) von Sam Raimi, dem Vorläufer des bahnbrechenden „Tanz der Teufel“ („The Evil Dead“, 1981). „Tanz der Teufel“ wiederum zog nicht nur eine Vielzahl von Epigonen nach sich, sondern manifestierte auch Bruce Campbells Ruhm.

Als Ash gehört er zu einer fünfköpfigen Clique, die in einer Waldhütte in Tennessee ihr blaues Wunder erlebt, nachdem sie im Keller ein ominöses Buch und ein Tonband entdeckt hat und letztgenanntes abspielt. Die darauf befindlichen Beschwörungen entfesseln dämonische Kräfte. 1987 kam das Sequel „Tanz der Teufel II – Jetzt wird noch mehr getanzt“ in die Kinos, das allerdings nicht als Fortsetzung anzusehen ist, da es die Handlung des Vorgängers nicht fortsetzt, sondern variiert. Sam Raimi führte erneut Regie und ließ seinen Star Bruce Campbell von der Leine, damit der seine Neigung zum Slapstick ausleben konnte. Groovy! – Who’s laughing now?! – Swallow this! Mit Einzeilern wie diesen begeistert Campbell die Fans. Das zweite Sequel „Armee der Finsternis“ (1992) setzt das Geschehen unmittelbar fort und katapultiert Ash ins Mittelalter, wo er gegen die titelgebenden Heerscharen aus den düsteren Abgründen der Hölle und einen bösartigen Doppelgänger kämpfen muss. Das irrwitzige Spektakel treibt den Humor von Teil 2 auf die Spitze.

Beim 2013er-Reboot „Evil Dead“ von Fede Alvarez gehört Campbell zum Produzententeam um Sam Raimi, hat selbst aber nur eine kurze „Groovy“-Endcredit-Szene. Für „Evil Dead Rise“ (2023) übernimmt er Aufgaben als Executive Producer, ist im Film allerdings nur kurz zu hören. Dafür hat er in den 30 Episoden der Serie „Ash vs. The Evil Dead“ (2015–2018) die Hauptrolle. Bruce Campbell ist aus dem „Evil Dead“-Franchise eben nicht wegzudenken.

Bruce Campbell spielt Bruce Campbell

In der schrägen Westernserie „Die Abenteuer des Brisco County jr.“ (1993–1994) gibt er mit Verve den Titelhelden, allerdings ist nach 27 Episoden und einer Staffel bereits Schluss. Dafür bleibt er dem Horrorgenre stets verbunden, wie etwa „Maniac Cop“ (1999) nebst 1990er-Fortsetzung, Sam Raimis „Darkman“ (1990) und „Brain Slasher“ (1991) belegen. 2007 persifliert er sein Image mit „My Name Is Bruce“, in welchem er unter eigener Regie sich selbst spielt, dabei mit Ash verwechselt wird und gegen ein Monster antreten muss.

Intermezzo mit Doctor Strange

Seit vielen Jahren mit Sam Raimi befreundet, gibt ihm der auch gern kleine Rollen in seinen großen Regiearbeiten. So hat Campbell Cameos in Raimis drei „Spider-Man“-Filmen (2002/2004/2007) und einen schönen Auftritt als missmutiger Pizzaverkäufer in „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (2022). Als ordinierter Priester darf Campbell sogar Trauungen vornehmen und auch als Bestsellerautor reüssiert er (siehe Fotos ganz unten). Er ist gern gesehener Gast auf Filmconventions, wo er sich einen Ruf als sympathischer und nahbarer Zeitgenosse erworben hat. Am 22. Juni 2023 feiert Bruce Campbell seinen 65. Geburtstag.

Elvis Presley oder Sebastian Haff?

Für „Bubba Ho-Tep“ (2002) übernahm der Gute keinerlei produzierende Arbeiten, sondern durfte sich ganz auf seine Hauptbeschäftigung konzentrieren: das Schauspiel. Wohl auch besser so, wenn man keinen Geringeren als den King of Rock and Roll zu verkörpern hat. Ganz recht, Bruce Campbell tritt als Elvis Presley in Erscheinung. Und das im Hier und Heute (der Entstehung des Films Anfang des 21. Jahrhunderts). Wie es dazu kommen konnte, dass Elvis nicht tot ist, sondern unter dem Namen Sebastian Haff in der Seniorenresidenz „The Shady Rest Retirement Home“ im osttexanischen Mud Creek lebt, erfährt das geneigte Filmpublikum nach etwa einer Viertelstunde (jedenfalls berichtet Haff, wie es dazu kam – ob wir es glauben, bleibt uns überlassen). Das Personal jedenfalls hält Haff nur für einen tüdeligen Elvis-Imitator.

Wurde JFK zum Schwarzen gemacht?

Ein anderer Bewohner ist Jack (Ossie Davis). Der wiederum behauptet, John F. Kennedy zu sein und im Rahmen einer gigantischen Verschwörung in dem Pflegeheim gelandet zu sein. Sogar seine Haut habe man gefärbt (Ossie Davis ist ein Schwarzer). In der Einrichtung kommt es seit einiger Zeit zu mysteriösen Todesfällen, die niemandem als mysteriös auffallen, weil alte Leute nun mal sterben. Doch Elvis und Jack alias John werden stutzig. Ein paar an eine Toilettenwand gekritzelte Hieroglyphen bringen sie auf die Spur von Bubba Ho-Tep (Bob Ivy).

Erinnerung an einen missratenen Auftritt

„Bubba Ho-Tep“ ist keine Ein-Mann-Show, gleichwohl agiert Bruce Campbells Elvis Presley alias Sebastian Haff (oder andersherum) als treibende Kraft des Geschehens, allein schon durch seine Stimme aus dem Off, die uns über vieles ins Bild setzt, was sich vielleicht ereignet hat oder ereignen könnte. Phasenweise geht es etwas dialog- oder auch monologlastig zu. Aber wir haben es immerhin mit alten und gebrechlichen Herrschaften zu tun, da muss einiges etwas länger dauern. Und die Texte sind mit Humor gespickt, der mal fein, mal weniger fein ausfällt.

Elvis-Presley-Songs Fehlanzeige

Auch Melancholie kommt zu ihrem Recht. Sei es die Melancholie des Alterns, des Dahinvegetierens in einem Pflegeheim, verpasster Chancen oder die Melancholie, denen, die man liebt, genau das nicht oder nicht nachdrücklich genug gesagt zu haben. „Bubba Ho-Tep“ erhebt natürlich keinerlei Anspruch, das Dasein in Altenpflegeheimen auch nur annähernd authentisch wiederzugeben. Ein paar feine Anspielungen lassen uns aber doch nachempfinden, wie es ist, in ein solches abgeschoben zu werden. Elvis-Fans müssen allerdings stark sein: Wir bekommen keine einzige Note mit Musik des Kings zu hören. Die Lizenzierungsgebühren hätten jedes Maß gesprengt.

Jack oder John?

Die Horrorelemente sind sparsam gesät, blutig geht es schon mal gar nicht zu. Tatsächlich kommt der Horror überaus generisch daher, es ist eben eine durch die Flure des Pflegeheims stapfende Mumie auf Seelenjagd. Und gar nicht mal mit übermäßiger Machtfülle ausgestattet. Aber was will man von einem Monstrum erwarten, das sich ein Altersheim als Jagdrevier ausgesucht hat, weil die Beute vergleichsweise wehrlos ist? Dass die Mumie mit Cowboystiefeln und Cowboyhut daherkommt, passt auf eine bizarre Weise gut ins absurde Bild.

Bram Stoker Award fürs Drehbuch

Für sein Drehbuch nach einer Kurzgeschichte von Joe R. Lansdale erhielt Regisseur Don Coscarelli 2003 immerhin den Bram Stoker Award der Horror Writers Association, einen renommierten Horrorliteraturpreis, für den seit 1999 auch eine Kategorie für Drehbuchautoren existiert. Im selben Jahr gewann das Skript auch den Film Discovery Jury Award beim US Comedy Arts Festival. Mit dem wurde auch Bruce Campbell als Darsteller geehrt, ebenso 2005 mit dem Darstellerpreis beim Fangoria Chainsaw Award und dem Darstellerpreis beim Fantasporto, dem Festival des fantastischen Films im portugiesischen Porto. Dort wurde auch Don Coscarelli als Regisseur mit dem International Fantasy Film Special Jury Award prämiert. Coscarelli hat im Übrigen die ersten vier Teile der Reihe „Das Böse“ („Phantasm“) inszeniert und für „Bubba Ho-Tep“ auf einige Mitglieder von Cast und Crew dieser Produktionen zurückgegriffen.

Bubba Ho-Tep

Mit der Weltpremiere im Juni 2002 beim CineVegas International Film Festival begab sich „Bubba Ho-Tep“ auf eine ausgedehnte Festivaltour, welche die Horrorkomödie unter anderem zum Toronto International Film Festival, zum South by Southwest Film Festival, zum Hong Kong International Film Festival und ab Ende Juli 2003 auch zum deutschen Fantasy Filmfest führte. Zu flächendeckender Kinoauswertung kam es kaum, weshalb der Film sein ohnehin geringes Budget von einer Million Dollar gerade mal einspielte. Das mag auch der Grund sein, weshalb es bis heute nicht zum geplanten Prequel „Bubba Nosferatu – Curse of the She-Vampires“ gekommen ist. Ich würde es schauen, aber es ist fraglich, ob der Film jemals wieder aus der Entwicklungshölle zum Vorschein kommen wird. Bruce Campbell hat jedenfalls deutlich gemacht, dass er nicht interessiert ist, während Don Coscarelli die Hoffnung auf die Fortsetzung noch nicht ganz aufgegeben hat (mehr dazu in der Reihe „Phantom Limbs“ bei Bloody Disgusting).

Ein famoser Elvis Presley

Kann es einen besseren Elvis-Darsteller geben? Schwerlich vorstellbar. „Bubba Ho-Tep“ macht insbesondere aufgrund Bruce Campbells wunderbarer Verkörperung des gealterten Kings (wahlweise des Elvis-Hochstaplers) große Freude. Einen Anteil daran hat auch das Make-up-Team, das aus dem zum Drehzeitpunkt Mittvierziger Campbell einen verhärmten Mittsechziger machte. Ihn ergänzt formidabel der renommierte Schauspieler, Regisseur („Cotton Comes to Harlem“) und Bürgerrechtler Ossie Davis mit seiner kauzigen Verschwörungstheorie. Dass die titelgebende Mumie demgegenüber etwas abfällt, lässt sich verschmerzen. „Bubba Ho-Tep“ ist ein schräges Vergnügen und ganz schön abgefahren. Zeit für eine Neuauflage, vorzugsweise mit dem üppigen Bonusmaterial der 2-Disc Special Editions (Auflistung siehe unten). Immerhin hat das US-Label Shout Factory den Film im Februar 2023 auf UHD Blu-ray veröffentlicht. Welches deutsche Label begibt sich auf die Jagd nach der Lizenz?

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Bruce Campbell haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Veröffentlichung: 15. September 2011 als Blu-ray und DVD, 26. Februar 2010 als 2-Disc Special Edition (Blu-ray & Bonus-DVD), 24. Mai 2007 als 2-Disc Special Edition DVD und DVD

Länge: 88 Min. (Blu-ray), 92 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Bubba Ho-Tep
USA 2002
Regie: Don Coscarelli
Drehbuch: Don Coscarelli, nach einer Kurzgeschichte von Joe R. Lansdale
Besetzung: Bruce Campbell, Ossie Davis, Ella Joyce, Heidi Marnhout, Bob Ivy, Edith Jefferson, Larry Pennell, Reggie Bannister, Daniel Roebuck, Daniel Schweiger, Harrison Young
Zusatzmaterial: Audiokommentar mit Regisseur Don Coscarelli und Bruce Campbell, Audiokommentar mit The King, Vorwort von Bruce Campbell (dt. untertitelt), deutscher Trailer, Trailershow, nur 2-Disc Special Edition: 2 Hidden Features im Hauptmenü – deutscher Wochenschau-Bericht „Welt im Bild – Schätze der Pharaonen“ (0:37 Min.) & alternative Synchro-Takes: Elvis (2:06 Min.), Making-of (22:34 Min.), „To Make a Mummy“ (4:48 Min.), „Fit for a King“ – Dressing Bruce Campbell (6:27 Min.), „Rock Like an Egyptian“ – The Music of „Bubba Ho-Tep“ (12:10 Min.), Behind the Scenes (3:17 Min.), „The King and I“ – Don Coscarelli über „Bubba Ho-Tep“ (20:26 Min.), „Bruce über Bubba“ (11:30 Min.), Interview mit Bruce Campbell beim San Francisco Indi Festival (7:05 Min.), US-Premiere beim San Francisco Indi Festival (25:17 Min.), UK-Premiere London Trocadero Cinema (10:22 Min.), entfernte Szenen „Hallway“ (2:20 Min.), „The Ladies’ Room“ (0:47 Min.) und „Elvis & Jack“ (1:12 Min.) mit optionalem Kommentar von Don Coscarelli & Bruce Campbell, „Footage from Temple Room Floor“ (2:03 Min.), Joe R. Landsdale liest „Bubba Ho-Tep“ (7:39 Min.), Musikvideo „The King’s Highway“ (2:22 Min.), US-Kinotrailer (2:02 Min.), US-Teasertrailer (0:31 Min.), Bildergalerie (6:18 Min.), Texttafel-Bio- und -Filmografien Bruce Campbell (18 Seiten), Ossie Davis (8 Seiten), Don Coscarelli (6 Seiten), Booklet, Schuber
Label/Vertrieb 2007: E-M-S
Label/Vertrieb 2011: ‎ 3L Vertriebs GmbH & Co. KG

Copyright 2023 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & gruppierter Packshot: © 2011 ‎3L Vertriebs GmbH & Co. KG



 

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