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Horror für Halloween (XXX): Prey – Beutejagd: Löwe terrorisiert Amsterdam

25 Okt

Prooi

Von Volker Schönenberger

Horrorthriller // „Prey – Beutejagd“ beginnt mit subjektiver Kamera aus einem Wald heraus, fast wie bei „Tanz der Teufel“, wenn auch nicht so rasant. Die Kreatur, aus deren Augen heraus wir die Szenerie betrachten, gerät auf freies Feld und nimmt ein Gehöft vor den Toren von Amsterdam ins Visier. Ein Schatten vor dem Kinderzimmerfenster, ein Halbstarker (Ko Zandvliet), der seine Freundin (Lobke de Boer) mit dem Motorrad heimbringt – und der Tod hält Einzug. Ein sehr effektiv inszenierter Prolog.

Lizzy (r.) greift auch schon mal einem Krokodil ins Maul

Okay, dass es sich bei der Kreatur um einen Löwen handelt, darf ich an dieser Stelle wohl schon erwähnen, ohne des Spoilerns bezichtigt zu werden. Immerhin prangt der Mähnenträger auf allen Covern und Plakaten des Films. Fünf Menschen sterben bei der Attacke auf den Bauernhof. Die Polizei zieht Lizzy Storm (Sophie van Winden) vom Amsterdamer Zoo hinzu, die die grässlichen Wunden der Toten sogleich richtig deutet. Kurz darauf tötet der Löwe auf einem Golfplatz einen weiteren Mann. Doch die Menschen in Amsterdam werden sich der tödlichen Gefahr nur langsam bewusst. Bis die Opferzahlen weiter steigen.

Zwei Golfer in Angst um ihren Partner

Puh. „Prey – Beutejagd“ (2016) macht keine Gefangenen und der Löwe nicht mal vor Kindern halt. Diese Gnadenlosigkeit gehört zu den Stärken des Tierhorrorfilms, da wir nie sicher sein können, wer das nächste Opfer des Raubtiers wird. Später wird es geradezu irrwitzig, wenn die Polizei den von Lizzy empfohlenen Großwildjäger Jack Delarue (Mark Frost) ausbootet und versucht, den Löwen in einem Waldstück zu umzingeln. Merke: Viele Köche verderben den Brei, und ein tiefschwarzer Humor übernimmt das Zepter, der zuvor bereits in einigen Szenen aufgeblitzt ist.

Die Angst war berechtigt

Dass Regisseur und Drehbuchautor Dick Maas ein Händchen für Spannungsbögen hat, hat er mit den Horrorthrillern „Fahrstuhl des Grauens“ (1983) und „Verfluchtes Amsterdam“ (1988) bewiesen (in letztgenanntem Film setzte er die subjektive Kamera auch schon versiert ein). In „Prey – Beutejagd“ haut er richtig einen raus und geizt auch nicht mit Splatter. Wobei Maas ein paar Schockmomente recht nachlässig inszeniert hat. Das eine oder andere Mal taucht der Löwe unvermittelt von außerhalb des Kamerasichtfelds auf, um seine menschliche Beute zu reißen, was uns als Publikum erschrecken soll (dies gelingt auch). Eben dieses Opfer hätte das Raubtier allerdings bereits wahrnehmen müssen, wenn auch vielleicht nicht rechtzeitig, um sich zu retten. Achtet darauf einmal in der Szene mit dem in eine Gracht gestürzten jungen Mann (Mamoun Elyounoussi), der sich zurück ans Ufer zieht: Wir verfolgen seinen Blickwinkel – er schaut nach links, rechts und vorn, um zu prüfen, ob der Löwe in der Nähe ist. Nun wechselt die Kameraperspektive, wir sehen frontal, wie er sich aus dem Wasser zieht – und schnapp! Er hätte es kommen sehen müssen.

Ein Köder für …

Zur Spannung trägt der gezielte Einsatz musikalischer Untermalung bei, insbesondere auch der gezielte Verzicht darauf. Und dass Maas mit Humor umgehen kann, wissen wir seit seinen drei „Eine Familie zum Knutschen“-Filmen (1986/1992/1995) um die sozial leicht dysfunktionalen Flodders – gleichwohl ein ganz anderer Humor als bei „Prey – Beutejagd“.

… die Bestie

Der größte Schwachpunkt des Films findet sich bei den Beziehungen: Lizzy lässt sich nicht unterkriegen und behält angesichts der Löwengefahr einen kühlen Kopf. Aber was findet sie nur an ihrem Freund Dave (Julian Looman)? Der Kameramann ist ein Unsympath von einem Windhund, den jede Frau mit etwas Selbstachtung zum Teufel jagen würde. Schon klar, er darf eine Entwicklung durchmachen und scheint am Ende geläutert. Diese kleine Heldenreise wirkt aber nicht gerade schlüssig.

Lizzy in Not

Komplettansichten des Löwen entstanden im Computer, für Nahaufnahmen kam ein animatronisches Modell zum Einsatz. Das sieht mal gut, mal weniger gut aus, erfüllt aber seinen Zweck. Ein blutrünstiges Raubtier jagt in urbanem Setting Menschen – mit dieser Prämisse erinnert „Prey – Beutejagd“ stark an „Der Horror-Alligator“ (1980). Nicht das schlechteste Vorbild. Bleiben wir bei der Tierart, stoßen wir natürlich auf „Der Geist und die Dunkelheit“ von 1996 mit Michael Douglas und Val Kilmer. Dick Maas’ Regiearbeit reiht sich da gut ein. Zum Finale gibt es einen Twist, den man konstruiert finden kann, obwohl er letzlich gut passt und „Prey – Beutejagd“ um eine weitere fesselnde Szene bereichert. Bleibt die Frage: Wo kommt der Löwe eigentlich her? Ihr müsst jetzt ganz stark sein: Wir erfahren es nicht.

Flop in der Heimat, Erfolg in China

An den niederländischen Kinokassen erwies sich „Prey – Beutejagd“ als Misserfolg, wohingegen der Streifen dem Vernehmen nach in China die Menschen in Scharen in die Kinos lockte. Unverständlich, dass der Löwenhorrorthriller für Dick Maas anscheinend ein Karrierekiller war – er hat seitdem keinen Film mehr gedreht und auch kein Drehbuch mehr zu Filmreife gebracht. Bedauerlich, denn „Prey – Beutejagd“ macht Lust auf mehr.

Veröffentlichung D: 9. April 2020 als Blu-ray und DVD
Veröffentlichung A: 6. Dezember 2019 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD, 5 Covervarianten à 3 x 333 & 2 x 222 Exemplare)

Länge: 108 Min. (Blu-ray), 103 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 18
Sprachfassungen: Deutsch, Niederländisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Prooi
NL 2016
Regie: Dick Maas
Drehbuch: Dick Maas
Besetzung: Mark Frost, Julian Looman, Abbey Hoes, Sophie van Winden, Victor Löw, Ko Zandvliet, Mike Libanon, Kees Boot, Lobke de Boer, Wes Mutsaars, Mamoun Elyounoussi
Zusatzmaterial: Interview mit Dick Maas (18:24 Min.), Making-of (8:40 Min.), Originaltrailer, deutscher Trailer, Trailer „Trauma“, nur Mediabook: 24-seitiges Booklet mit einem von Thorsten Hanisch geführten Interview mit Dick Maas
Label/Vertrieb: Indeed Film

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & gruppierte Packshots: © 2019/2020 Indeed Film

 

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