RSS

Zum 100. Geburtstag von Lee Marvin: Verflucht sind sie alle – Der Sheriff und der Ku-Klux-Klan

19 Feb

The Klansman

Von Volker Schönenberger

Actiondrama // Wenn es das Wort Raubein nicht schon gäbe, für jemanden wie Lee Marvin hätte es erfunden werden müssen. Als romantischer Liebhaber wurde der Gute jedenfalls kaum einmal gebucht. Allerdings war er auch nicht nur auf Schurkenrollen abonniert, sondern vielmehr auf knorrige Antihelden – Figuren, die mit bisweilen zweifelhaften Mitteln in die richtige Richtung gehen.

Benannt nach General Lee

Doch spulen wir zurück an den Anfang: Am 19. Februar 1924 wird Lee Marvin in New York City geboren. Sein Vater ist Veteran des Ersten Weltkriegs, der kleine Lee wird nach dem mit ihm weitläufig verwandten Südstaaten-General Robert E. Lee (1807–1870) benannt (sein Bruder Robert ebenfalls). In der Schule hat er Probleme, ist lernschwach und aufmüpfig. Im August 1942 meldet er sich zum US Marine Corps, kämpft im Pazifikkrieg, wird schwer verwundet und mehrfach dekoriert.

Als Klempnerlehrling auf die Bühne

Zum Schauspieler wird er Wikipedia zufolge zufällig, erledigt als Klempnerlehrling Arbeiten an einer Provinzbühne und springt für einen erkrankten Darsteller ein. Marvin fängt Feuer, nimmt Schauspielunterricht und schafft es bis an den Broadway, übernimmt parallel erste Fernsehrollen. Sein Kinodebüt gibt er 1951 in Henry Hathaways Kriegskomödie „You’re in the Navy Now“, auch Charles Bronsons erster Leinwandauftritt und einer der ersten von Jack Warden. Solchen kleinen Statistenparts ohne Nennung in den Credits folgen bald größere – als Finsterling. In „Der Wilde“ (1953) prügelt er sich als Rocker mit Marlon Brando, in John Sturges’ „Stadt in Angst“ (1953) legt er sich als Rassist mit Spencer Tracy an.

Sheriff Bascomb sorgt auf seine Weise für Ruhe

Populär macht ihn insbesondere auch sein Part als Detective Lieutenant Frank Ballinger, den er in allen drei Staffeln und 117 Episoden der Fernsehserie „Dezernat M“ (1957–1960) verkörpert (bis Mitte der 60er-Jahre wird er viel fürs Fernsehen arbeiten, danach wie abgeschnitten gar nicht mehr). Anfang der 60er dreht er drei Filme mit John Wayne: „Die Comancheros“ (1961) von Michael Curtiz sowie die beiden John-Ford-Regiearbeiten „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ (1962) und „Die Hafenkneipe von Tahiti“ (1963). Mit der Verkörperung des brutalen Banditen Liberty Valance beginnt für Marvin die Zeit seiner ikonischen Rollen. Unvergessen, wie Valance den von James Stewart gespielten Juristen Ransom Stoddard einfach mal auspeitscht, nebenbei ein so fesselnder wie vielschichtiger Beitrag zum Mythos des Westens. Zwei Jahre später beeindruckt Marvin als gedungener Mörder in Don Siegels hartem Actionthriller „Der Tod eines Killers“ (1964), nebenbei der letzte Kinoauftritt eines gewissen Ronald Reagan.

Oscar für den versoffenen Revolverhelden

Nun folgt die Doppelrolle, die ihn ganz nach oben befördert: In der Westernkomödie „Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming“ (1965) glänzt er gleichermaßen als eiskalter Profikiller auf der einen und trunksüchtiger Revolverheld auf der anderen Seite. Letztgenannter Figur stiehlt das besoffene Pferd beinahe die Show – aber nur beinahe: Lee Marvin gewinnt im Juli 1965 auf der Berlinale den Silbernen Bären als bester Darsteller. 1966 folgen Golden Globe, BAFTA Award (der Preis der britischen Filmakademie), Oscar und Goldener Lorbeer (Laurel Award). Dem Westerngenre bleibt er verbunden, spielt in Richard Brooks’ „Die gefürchteten Vier“ (1966) einen der vier titelgebenden Abenteurer. Bemerkenswert ist auch das Western-Musical „Westwärts zieht der Wind“ (1969), in welchem er neben Clint Eastwood singt und mit „Wanderin’ Star“ sogar einen veritablen Hit hat – mit übergroßem Gesangstalent ist er zwar nicht gesegnet, aber sein raues, vielleicht vom Rauchen herrührendes Timbre hat was. Erwähnt sei noch „Monte Walsh“ (1970), einer der Western-Abgesänge des New Hollywood, in welchem er die Titelfigur verkörpert.

Duftmarken im Kriegsfilmgenre

Auch das Kriegsfilmgenre hat es Marvin angetan und bringt ihm manch einen legendären Auftritt. Am legendärsten ist zweifellos sein Part in Robert Aldrichs mit Stars gespicktem „Das dreckige Dutzend“ (1967), in welchem er als Schleifer Major John Reisman die titelgebenden zwölf Halunken trainiert und schikaniert, um sie während des Zweiten Weltkriegs in ein Himmelfahrtskommando zu führen. In „Hängt den Verräter!“ (1968) spielt er einen im Koreakrieg wegen Hochverrats zum Tode verurteilten US-Soldaten, der einen neuen Prozess erhält. Im selben Jahr zeigt ihn „Die Hölle sind wir“ von John Boorman als gegen Kriegsende auf einer unbewohnten Pazifikinsel gestrandeten GI, der sich mit einem ebenfalls dort ums Überleben kämpfenden Japaner (Toshirō Mifune) arrangieren muss. Ein bemerkenswerter Genrevertreter, der sogar als Antikriegsfilm durchgeht. Erwähnt sei auch Samuel Fullers „The Big Red One“ von 1980 als packende, wenn auch konventionelle Chronologie der Erlebnisse einer Infanterieeinheit von 1942 bis 1945 auf Kriegsschauplätzen in Nordafrika, Sizilien, der Normandie während der Invasion, beim Vordringen auf deutschen Boden bis zur Befreiung eines Konzentrationslagers in der Tschechoslowakei.

Doch langsam entgleitet ihm das Geschehen

Gleichwohl sinkt Lee Marvins Stern in den 1970er-Jahren langsam, was nicht zuletzt an drei Rollen liegt, die er ablehnt: In Sam Peckinpahs „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“ (1969) ist er bereits als Hauptdarsteller gebucht, dreht dann aber doch lieber den bereits erwähnten „Westwärts zieht der Wind“. Für Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ (1975) wird ihm der Part als Quint angeboten – seine Ablehnung wird Robert Shaw gefreut haben. In „Patton – Rebell in Uniform“ (1970) von Franklin J. Schaffner kann er den legendären General des Zweiten Weltkriegs spielen, überlässt die Rolle aber George C. Scott. Drei Filme, die sich vielleicht auch mit Marvin zu den Klassikern entwickelt hätten, die sie heute sind, und die ihm den Weg zu weiteren großen Rollen geebnet hätten. Sei’s drum, seine Filmografie beeindruckt auch ohne sie. Ihren Schlusspunkt bildet der Actionkracher „Delta Force“ (1986), von Menahem Golan für die berüchtigte Produktionsfirma Cannon Films inszeniert und unfassbar gut besetzt: Mit Marvin, Shelley Winters, Martin Balsam und George Kennedy sind vier Oscar-Preisträger/innen am Start, dazu Chuck Norris als Hauptdarsteller sowie Robert Forster, Steve James, Hanna Schygulla, Susan Strasberg und Robert Vaughn – zweifellos die bestbesetzte Cannon-Produktion überhaupt.

Beisetzung in Arlington

Über Jahrzehnte dem Alkohol und Nikotin schwer zugetan, hat Lee Marvin in seinen letzten Lebensjahren mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Er stirbt am 29. August 1987 im Alter von 63 Jahren an einer Herzattacke und bekommt ein Ehrenbegräbnis auf dem Nationalfriedhof Arlington im US-Staat Virginia. Am 19. Februar 2024 wäre er 100 Jahre alt geworden.

Ein Sheriff unter Rassisten

In „Verflucht sind sie alle“ (1974) lernen wir gleich zu Beginn den von ihm verkörperten Sheriff Track Bascomb kennen. Während aus dem Off „The Good Christian People“ von The Staple Singers erklingt, fährt er mit seinem Streifenwagen durch die Straßen der Kleinstadt in Alabama, in der er für Ordnung sorgt. Etwas außerhalb löst er eine Ansammlung von Rednecks auf, die sich einen Spaß daraus machen, einen tumben Schwarzen dafür zu bezahlen, eine schwarze Frau zu vergewaltigen. Bascomb kann das verhindern, nimmt aber niemanden fest; es sind ja diejenigen, die ihn gewählt haben. Kurz darauf besucht er seinen alten Freund Breck Stancill (Richard Burton) auf dessen Anwesen und nimmt einen Drink mit ihm.

Der Ku-Klux-Klan und die Bürgerrechtler

Andernorts tagt der Ortsverband des Ku-Klux-Klans unter Vorsitz des „Zyklopen“, der kein Geringerer als Bürgermeister Hardy Riddle (David Huddleston) ist. Auch Bascombs Deputy Butt Cutt Cates (Cameron Mitchell) ist dabei. Die örtliche Rassistenvereinigung plant einige Aktionen gegen Bürgerrechtler, die in der Gegend Aktivität entwickeln und die afroamerikanische Bevölkerung „aufwiegeln“ wollen, sich für die Wahlen zu registrieren. Dann trifft die Nachricht von der Vergewaltigung der jungen Nancy Poteet (Linda Evans) durch einen Schwarzen ein. Nun kennen die Rednecks kein Halten mehr. Als die beiden Schwarzen Garth (O. J. Simpson) und Henry (Darsteller n. bek.) ins Blickfeld eines Lynchmobs geraten, beginnt eine Hatz durch den Wald. Garth gelingt es, sich zu verbergen. Er muss mit ansehen, wie sein Kumpel erst kastriert und dann abgeknallt wird, was ihn zum Rächer mutieren lässt.

Hixploitation

„The Klansman“, so der Originaltitel von „Verflucht sind sie alle“, zählt zum Sektor der „Hixploitation“, eines obskuren Subgenres, das in seiner zweiten Phase ab den 1960er-Jahren vornehmlich ländliche Gemeinden in den Südstaaten und deren vermeintlich oder tatsächlich rückständigen und rassistischen Einwohner porträtierte. Und rassistisch sind sie bis ins Mark, die Typen, die sich in diesem Kaff herumtreiben, für Angehörige einer überlegenen Rasse halten und doch nur kleine Lichter sind.

Von Bond-Regisseur Terence Young

Kein Zweifel: Alan Parkers „Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“ (1988) mag auch nicht frei von Schwächen sein, ist aber weitaus besser als diese Regiearbeit von Terence Young, der mit „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962), „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) und „Feuerball“ (1965) immerhin drei der ersten vier Bonds inszeniert hatte. „Verflucht sind sie alle“ vermag dennoch zu faszinieren und zu fesseln und ist nach allem, was ich über das Aufeinanderprallen von Rednecks, Schwarzen und der Bürgerrechtsbewegung im Süden der USA weiß, gar nicht so weit von der Realität entfernt.

Wie Rednecks über Schwarze denken

Im Positiven wie im Negativen bleiben Szenen haften. Sehr unangenehm anzuschauen ist etwa die Vergewaltigung einer jungen Schwarzen zum Zweck, sowohl der afroamerikanischen Gemeinde der Gegend als auch den Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern eine Warnung zu senden, was ihnen bevorstehen könne. Es ist schon nachvollziehbar, weshalb die Szene so lang ist wie sie ist. Umstehende beobachten die Tat (sie haben die Frau gemeinsam gekidnappt und in ein Lagerhaus verschleppt), helfen dem Vergewaltiger, indem sie Arme und Beine des Opfers festhalten. Ich war froh, als die Szene vorüber war. Die Vergewaltigung von Nancy Poteet zu Beginn wird im Übrigen nur kurz angedeutet. Sie wird im Auto überfallen, und da es dämmert, ist gar nicht zu sehen, ob der Täter tatsächlich ein Schwarzer ist. Das ließ vermuten, dass seine Identität später noch thematisiert wird, aber er wird nicht identifiziert. Und da Nancy später nicht darüber redet, welche Hautfarbe ihr Vergewaltiger hatte, soll es wohl tatsächlich ein Schwarzer gewesen sein. Für die Rednecks ist ein Schwarzer wie der andere, potenzielle Vergewaltiger sind sie allemal, und natürlich halten die Rassisten alle schwarzen Frauen für Schlampen, die keine Jungfrauen mehr sein können, erst recht nicht, wenn sie jung und attraktiv sind.

Das Opfer ist selbst schuld

Auch die Jagd auf Henry und Garth nebst Lynchen Henrys im Wald wirkt nachhaltig, ebenso der Showdown am Ende des Films. Dazwischen bleibt eine Szene im Gedächtnis, die vielleicht am meisten frösteln lässt: Während eines Gottesdienstes betritt verspätet auch das Vergewaltigungsopfer Nancy Poteet die Kirche, und sie wird von der versammelten Gemeinde inklusive des Priesters (Lee de Broux) angefeindet, als habe sie damit, von einem Schwarzen vergewaltigt worden zu sein, Schuld auf sich geladen und sich selbst beschmutzt. In diesem Moment ist „Verflucht sind sie alle“ sehr stark.

Zu viel Alkohol am Set

O. J. Simpson überzeugt als zorniger Garth, der das Recht in die eigene Hand nimmt und für die friedlichen Methoden der Bürgerrechtler nur Verachtung übrig hat. Richard Burtons Breck Stancill nimmt in einigen Szenen einen Drink, was die Frage aufwirft, ob in den Gläsern wohl echter Schnaps war. Seine permanente Trunkenheit am Set von „Verflucht sind sie alle“ ist berüchtigt, in vielen Szenen sehen wir ihn sehr unbeweglich, stehend, sitzend oder liegend, was wohl seinem besoffenen Zustand geschuldet war. Er hat auch eine Actionszene, die sich andeutet, als irgendwann vorher das Gerücht thematisiert wird, er sei ein Karate-Ass. Und in der Tat schaltet er in besagter Szene am Busbahnhof den Deputy Butt Cutt Cates mit einigen gezielten Handkantenschlägen aus. Bedauerlicherweise wirkt das unfreiwillig komisch.

Garth (l.) will Vergeltung, Stancill nur einen Drink

Auch Lee Marvin sprach am Set dem Alkohol reichhaltig zu, war aber zu solider Arbeit immerhin noch imstande, auch wenn man seinem Spiel eine gewisse Leidenschaftslosigkeit ansieht (dazu gleich mehr). Überliefert ist, dass sich Burton und Marvin ein paar Jahre später bei einer Party trafen und nicht mehr daran erinnern konnten, je zusammengearbeitet zu haben (und ja – sie haben in „Verflucht sind sie alle“ viele gemeinsame Szenen). Zum Schmunzeln, wenn es nicht tatsächlich traurig wäre.

Verworfenes Drehbuch von Samuel Fuller

Samuel Fuller, 1980 Regisseur von „The Big Red One“, machte aus der Romanvorlage von William Bradford Huie (1910–1986) ein Drehbuch, das dem US-Verleih und Geldgeber Paramount aber zu heikel war. Zudem setzten europäische Investoren den Briten Terence Young als Regisseur durch, weshalb Fuller ausschied; den letztlich verfilmten Drehbuchentwurf verfasste Millard Kaufman („Stadt in Angst“). Lee Marvin war nicht begeistert, er hätte lieber die von Fuller entworfene Figur gespielt, einen Ku-Klux-Klan-Führer, der zum Umdenken kommt; aber er hatte bereits seinen Vertrag unterschrieben. Marvins lustloses Spiel passt aber irgendwie gut zu der Haltung von Sheriff Track Bascomb, der zwischen den Stühlen sitzt. Die Rassisten haben ihn ins Amt gehievt (Sheriffs werden in den USA als Leiter der Polizei eines Countys in der Regel vom Volk gewählt), ihnen fühlt er sich verpflichtet, auch wenn er ihren Rassismus nicht teilt und für den Ku-Klux-Klan nichts übrig hat. Bascomb geht es darum, die sich in in seinem Amtsbereich anbahnenden Unruhen zu unterbinden. Lange bleibt er untätig, letztlich zu lange, und er nötigt das Opfer der erwähnten langen Vergewaltigung gar zu einer Falschaussage. Ausgerechnet derjenige, der am ehesten als Protagonist und „Held“ der Geschichte durchgeht. Alles andere als ein Held.

Kann der Sheriff den Rächer stoppen?

Die zeitgenössische Filmkritik diffamierte „The Klansman“ als Trash (was er nicht ist) und Exploitation (was er ist). Als ernsthafte Auseinandersetzung mit Klans-Unwesen und Rassismus in den Südstaaten taugt das Actiondrama kaum, auch wenn es einen Einblick gewährt, was Afroamerikanerinnen und -amerikanern im Lauf der Geschichte der Südstaaten alles passiert ist. Man merkt dem Film an, dass seine Macher durchaus ambitioniert waren. Aber das fertige Werk wirkt, als seien ihnen die Pferde durchgegangen. Aber vielleicht ist das auch eine gewisse Qualität, dass ich mich als Zuschauer fast ähnlich zwischen den Stühlen gefühlt habe wie Sheriff Bascomb. „Verflucht sind sie alle“ hat jedenfalls seine Qualitäten, aber ich verstehe es völlig, wenn jemand das Werk in Bausch und Bogen verdammt. Da bleibt nur der Rat: Macht euch selbst ein Bild! Denn es gilt: Das muss man gesehen haben.

In der Public Domain

Aufgrund eines verspätet oder fehlerhaft eingesetzten Copyright-Vermerks ging „The Klansman“ in die Public Domain über (in Deutschland nennt sich das Gemeinfreiheit). Daher lässt sich das Actiondrama kostenlos und völlig legal im Internet Archive anschauen und herunterladen. Bei der dort bereitgestellten Version handelt es sich allerdings um eine TV-Fassung, für die der Film um die Kastrationsszene und die erwähnte lange Vergewaltigung gekürzt wurde. Bild und Ton lassen zu wünschen übrig, aber das gilt auch für die deutsche Blu-ray von 2019 mit der ungekürzten Fassung, die komplett ohne Extras und Untertitel daherkommt, im Gegensatz zur neun Jahre zuvor erschienenen deutschen DVD mit dem Titel „Verflucht und verkommen“ aber immerhin auch die englische Originaltonspur enthält.

Oroville war nicht begeistert

Abschließend zum Drehort: We would like to thank the citizens of Oroville for their enthusiastic help and cooperation in the making of this film. – Wir möchten uns gern bei den Bürgerinnen und Bürgern von Oroville für ihre enthusiastische Unterstützung und Kooperation bei der Produktion dieses Films bedanken. Mit dieser Einblendung unmittelbar vor Einsetzen des Abspanns endet „Verflucht sind sie alle“. In der in der Nähe von Sacramento liegenden kalifornischen Gemeinde wurde das Actiondrama gedreht. Dem Vernehmen nach war die Einwohnerschaft nach Sichtung des fertigen Produkts im Kino gar nicht mehr so begeistert. Das verwundert nicht, hat Oroville doch selbst eine Lynchjustiz-Historie und Erfahrung mit rassistischen Umtrieben. Aber vielleicht konnte die Bevölkerung des Orts auch einfach nur mit dem zwischen Kritik an realen rassistischen Umtrieben und handfester Exploitation ziellos hin und her lavierenden Endprodukt nichts anfangen. Das wiederum ist absolut nachvollziehbar. Jedenfalls wird „Verflucht sind sie alle“ Herrenmenschen ganz und gar nicht gefallen. Und das spricht sehr für den Film.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Terence Young haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Richard Burton, Lee Marvin, Cameron Mitchell und O. J. Simpson unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 18. April 2019 als Blu-ray, 11. März 2010 als DVD

Länge: 112 Min. (Blu-ray), 107 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, nur Blu-ray: Englisch
Untertitel: keine
Originaltitel: The Klansman
Deutscher DVD-Titel: Verflucht und verkommen
USA 1974
Regie: Terence Young
Drehbuch: Millard Kaufman, Samuel Fuller, nach einem Roman von William Bradford Huie
Besetzung: Lee Marvin, Richard Burton, Cameron Mitchell, O. J. Simpson, Lola Falana, David Huddleston, Luciana Paluzzi, Linda Evans, Ed Call, John Alderson, John Pearce, David Ladd, Vic Perrin, Wendell Wellman, Hoke Howell, Virgil Frye, Susan Brown, Jeannie Bell, Scott Edmund Lane, Bert Williams
Zusatzmaterial (nur Blu-ray): Wendecover
Label/Vertrieb: 375 Media (Blu-ray), Lighthouse Home Entertainment (DVD)

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Blu-ray-Packshot: © 2019 375 Media,
DVD-Packshot: © 2010 Lighthouse Home Entertainment

 
 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , ,

3 Antworten zu “Zum 100. Geburtstag von Lee Marvin: Verflucht sind sie alle – Der Sheriff und der Ku-Klux-Klan

  1. Hans Schulte

    2024/02/20 at 14:21

    Trotz der würdelosen Torpedierung durch die Hauptdarsteller mit ihrer Sauferei (ich habe Lee Marvin schon immer gehasst seit „Das dreckig Dutzend“, hier kommt auch noch Burton aus „Agenten sterben einsam“ dazu, damit die beiden deutsch-feindlichsten Kriegsfilme vertreten), ist dem sehr fähigen Regisseur der beste Anti-Rassismus-Film aller Zeiten gelungen, denn kein anderer zeigt so eindringlich die rohe und menschenverachtende Gewalt des KuKluxKlan und zugleich ihre Verlogenheit („Unsere Losung: Die Schwachen zu schützen vor den Übergriffen der Gewalttätigen“). Dazu ihre Verknüpfung bis in höchste Richter- und Politiker-Ebenen.
    >>Kurzum: Dieser Film schafft es beim Zuschauer einen feurigen Hass gegen die Rassisten zu erzeugen. Das hat bei aller zugegeben größeren Seriosität weder „Missisippi Burning“ noch „In der Hitze der Nacht“ oder „Der Hass ist blind“ geschafft – alles strukturell sehr gute Filme und in den Augen der altbacken-etablierten Kritikerschaft „die besseren Filme“….
    …..aber ist etwas wirklich „besser“, nur weil es in biederer Darreichungsform erscheint?
    Wer sind denn die gewaltbereiten Rassisten? Sind das Professoren der Philosophie, oder sind es rüde Schläger? Wie erreicht man denn Schläger, die in Gefahr stehen, nach Rechts abzudriften besser? Mit seriösen, behutsamen Filmen oder mit gewalttätiger Action?
    Dieser Film richtet in der Szene aus der das Potential der Radikalen geschöpft wird ein Vielfaches von dem aus, was die anderen seriösen Anti-Rassismus-Filme bewirken. Er spricht ihre Sprache. Er fesselt sie durch Gewalt und Sex und >Peng< während sie ihn ansehen kriegen sie oft und so klar um die Ohren gehauen, was für miese Arschlöcher Rassisten sind, daß die Chance die Adressaten zu erreichen zig-fach höher ist als wenn man es in einer moralinsauren, behutsamen Botschaft versteckt.
    Hier wird Klartext gesprochen. Direkt und unmißverständlich.

    Ja, die Vergewaltigungs- und die Kastrationsszene sind unangenehm. Sie sollen es auch sein. Wären sie harmloser könnte man sie als Actionbelustigung verharmlosen.

    Außerdem ist der Film tierisch spannend. Die Musik hat etwas dynamisches, immer wieder bedrohlich Anschwellendes. Sie zündet.
    Feige Morde an Unschuldigen Schwarzen, Vergewaltigungen, menschenverachtendes Reden von weißem Hinterwäldler-Abschaum. Hier wird der KKK als so widerlich dargestellt, daß es auch der letzte merkt.
    Der heimliche (und best-aussehende) Held ist der schwarze Rächer O.J.Simpson.
    Aber erstaunlicherweise spielen auch Burton und Marvin würdevoll. Besoffen hin oder her, in diesem Film brillieren sie. Marvins beste Rolle. Burton hat es mit "Die Wildgänse kommen" noch weit getoppt.
    Habe den Film 20 – 30 mal gesehen.

    Gute Kritik, Volker.

     
  2. Tonio Klein

    2024/02/19 at 06:50

    Sehr gut, nur schade, dass es keine brauchbare Scheibe von dem Film zu geben scheint. Unnützes, aber, wie ich finde, spaßiges Wissen: „Dezernat M“ hat eine TV-Serie und drei Kinofilme inspiriert, in der der Cop ebenfalls Frank hieß: https://www.youtube.com/watch?v=lvotUunsEjQ. Zum Vergleich mit noch etwas besseren Filmen zum Thema hast Du „Mississippi Burning“ gut ausgewählt. Mein Favorit wäre William Wylers „Die Glut der Gewalt“ (1970), den ich hier nicht bringen kann, da schon in „70 Millimeter“ von mir besprochen.

     

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..