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Horror für Halloween (XXXIII): Die Vampire des Dr. Dracula – Werwolf gegen Blutsauger

28 Okt

La marca del hombre lobo

Von Volker Schönenberger

Horror // Kommt unter Filmfans das Gespräch auf Werwolf-Filme, so werden meist die üblichen Verdächtigen genannt, etwa John Landis’ „American Werewolf“ von 1981 mit seinen wegweisenden Make-up-Effekten und Masken, Joe Dantes „The Howling – Das Tier“ aus dem selben Jahr, „Der Wolfsmensch“ (1941) mit Lon Chaney Jr., der die Kreatur auf der Kinoleinwand etablierte, und vielleicht noch „Der Fluch von Siniestro“ (1961) aus den englischen Hammer-Studios mit Oliver Reed. Der eine oder andere jüngere Vertreter wie Neil Marshalls famoses Langfilm-Regiedebüt „Dog Soldiers“ von 2002 und die „Underworld“-Reihe mit Kate Beckinsale ist natürlich auch präsent.

Legacy of a Wolfman

Hierzulande recht selten vernimmt man den Namen Paul Naschy, dabei hat der spanische Schauspieler der haarigen Kreatur durchaus seinen Stempel aufgedrückt. Unter seinem echten Namen Jacinto Molina Álvarez war er auch als Drehbuchautor und Regisseur tätig. Die „Legacy of a Wolfman“-Edition des feinen Labels Subkultur Entertainment leistet da einen nicht zu unterschätzenden Beitrag, auch wenn die einzelnen Filme – jeweils mit Blu-ray und DVD, dickem Booklet und Schuber – allein preislich eher Nischenprodukte sind. Aber es lohnt sich! Die Booklet-Ausführungen auf 32 Seiten von David Renske lassen keine Wünsche offen und keine Fragen über Paul Naschy und seine Werwolf-Leidenschaft unbeantwortet.

Als Knirps den Werwölfen verfallen

Dem Vernehmen – und dem Booklet – nach wurde Jacinto Molina (1934–2009) bereits in den 1940er-Jahren als Knirps dazu inspiriert, seinen eigenen Werwolf zu erschaffen. Ein Kinobesuch von Curt Siodmaks „Frankenstein trifft den Wolfsmenschen“ (1943) mit Lon Chaney Jr. habe die unbändige Fantasie des Knaben geweckt. Nachdem er als Erwachsener im spanischen Filmgeschäft der Franco-Ära Fuß gefasst hatte, nahm 1967 alles seinen Anfang: Molinas Drehbuch wurde unter dem Titel „La marca del hombre lobo“ verfilmt und erhielt in der Bundesrepublik Deutschland den Titel „Die Vampire des Dr. Dracula“. Ich will nicht zu viel verraten, aber rechnet nicht wirklich mit einem Auftritt Draculas. Die Titel-Kreativität deutscher Kinoverleihe treibt ja mitunter seltsame Blüten. Vampire hingegen treten tatsächlich in Erscheinung.

Auftritt Paul Naschy! Erstmals verwendete Molina für seine Rolle dieses Pseudonym. Er spielt den polnischen Adligen Waldemar Daninsky, den er fortan häufig verkörpern sollte. Daninsky schließt sich einer Jagdgruppe an, die glaubt, gewöhnliche Wölfe zu hetzen, die die Gegend unsicher machen. Tatsächlich handelt es sich um einen Werwolf. Dem Grafen gelingt es, die Kreatur mit einem silbernen Kreuz zu töten, doch der Werwolf verletzt Daninsky und infiziert ihn mit dem Fluch, bei Vollmond selbst zu dem so gepeinigten wie mörderischen Monster zu mutieren.

Sein Freund Rudolph Weissmann (Manuel Manzaneque) holt Dr. Janos Mikhelov (Julián Ugarte) zu Hilfe, dessen Vater seinerzeit den anderen Werwolf bekämpft hatte. Mit seiner Unterstützung soll es gelingen, den Fluch zu brechen. Doch etwas stimmt nicht mit Mikhelov und seiner Frau Wandessa (Aurora de Alba).

Auf den Spuren von Universal und Hammer

„Die Vampire des Dr. Dracula“ hat einiges von Universals „Der Wolfsmensch“ und Hammers „Der Fluch von Siniestro“, was die Stimmung und das Monster angeht, fällt dafür aber deutlich blutiger aus. Mit deutschem Geld recht aufwändig in schönem Eastmancolor gefilmt, präsentieren sich die Werwolf-Angriffe eher unbeholfen, gleichwohl tödlich, was sie allerdings mit den beiden Vorbildern gemeinsam haben. Angesichts ungleich brutalerer Metzeleien moderner Werwölfe der Filmgeschichte mag diese Kritik aber auch etwas unfair sein.

Es ist höchst bedauerlich, dass eine signifikante Zahl an Horrorfans mit diesen „alten Schinken“ heute nichts mehr anfangen kann. Dabei haben sie es allen modernen Sehgewohnheiten zum Trotz verdient, weiterhin gewürdigt zu werden – und dafür braucht es gar nicht viel: Man muss sich nur mental ein wenig auf klassischen Horror einstellen, den Ruch der Moderne abstreifen und schon nimmt einen dieser schöne Schauder gefangen, an dem es heutigen Produktionen zugunsten immer mehr Gewalt oft mangelt. Ja, das wirkt altbacken, und ja, Paul Naschy hat zu Recht nie einen Oscar erhalten. Der Grusel stellt sich dennoch ein, wenn man nur will. Die Tragik von Waldemar Daninskys Schicksal ist nicht zu leugnen, auch Romantik in Gestalt von Waldemars Liebster Janice (Dyanik Zurakowska) kommt zum Tragen. Seine innere Zerrissenheit wird jederzeit deutlich, treibt auch die Story voran.

Wie meinen – Frankenstein?

Kuriosum am Rande: Weil der US-Verleih dringend einen Frankenstein-Film brauchte, erhielt „La marca del hombre lobo“ für den amerikanischen Markt kurzerhand den hanebüchenen Titel „Frankenstein’s Bloody Terror“ verpasst, dazu eine kurze Erläuterung zu Beginn, die den ersten Werwolf als Angehörigen der Familie Frankenstein verortete. Da sag noch mal einer was über deutsche Titelschöpfungen! „Die Vampire des Dr. Dracula“ passt ganz prächtig in jedes Werwolf-Filmregal und damit auch in unsere Rubrik Werwölfe.

Veröffentlichung: 11. Februar 2015 als Teil 4 der Reihe „Legacy of a Wolfman“ (Blu-ray & DVD)

Länge: 94 Min. (Blu-ray), 90 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Spanisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: La marca del hombre lobo
US-Verleihtitel: Frankenstein’s Bloody Terror
SP/BRD 1968
Regie: Enrique López Eguiluz
Drehbuch: Paul Naschy (als Jacinto Molina)
Besetzung: Paul Naschy, Dyanik Zurakowska, Manuel Manzaneque, Aurora de Alba, Julián Ugarte, José Nieto, Carlos Casaravilla, Ángel Menéndez, Antonio Orengo
Zusatzmaterial: Trailer & TV-Spots, internationale Titelsequenzen, Bildergalerie, Booklet, Schuber
Vertrieb: Media Target Distribution GmbH / Subkultur Entertainment

Copyright 2017 by Volker Schönenberger

 
 

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Eine Antwort zu “Horror für Halloween (XXXIII): Die Vampire des Dr. Dracula – Werwolf gegen Blutsauger

  1. Michael Behr

    2017/10/28 at 15:46

    Na ja, wenn der gute Dr. Frankenstein in Deutschland schon für Godzilla & Co. die Verantwortung trug, wieso nicht auch für Werwölfe in den USA? 😉

     

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