The Phantom of the Opera
Von Volker Schönenberger
Horror // Ein Abend im viktorianischen London des Jahrs 1900: Dem renommierten Royal Opera House steht eine glanzvolle Premiere bevor. Auf dem Programm steht eine neue Oper von Lord Ambrose D’Arcy (Michael Gough). Ein erster Schreck ereilt die Startenörin Maria (Liane Aukin), die glaubt, backstage ein Gespenst gesehen zu haben. Doch die Aufführung beginnt planmäßig, nach der Ouvertüre startet der erste Akt. Als Maria gerade ihre erste Arie singt, zerreißt am rechten Bühnenrand ein Kulissenvorhang und enthüllt einen erhängten Bühnenarbeiter. Selbstmord? Die Polizei vermutet das.
Weil die entsetzte Tenörin nach dem Vorfall nie wieder in England auftreten will, beginnt die Suche nach Ersatz. Die Wahl fällt auf die junge Christine Charles (Heather Sears), die alsbald in ihrer Garderobe eine männliche Stimme vernimmt. Er werde sie unterrichten, und sie werde nur für ihn singen. Abends im Restaurant bedrängt Lord Ambrose sie mit eindeutigen Avancen, will sie nötigen, ihn in sein Apartement zu begleiten. Harry Hunter (Edward de Souza), künstlerischer Leiter des Opernhauses, rettet sie aus dieser misslichen Lage. Er berichtet ihr, dass die Produktion des Stücks von Lord Ambrose von Anfang an unter keinem guten Stern stand. Der Tod des Bühnenarbeiters ist nur der Auftakt einer Reihe beängstigender Ereignisse.
Beinahe Cary Grant bei Hammer Films
Cary Grant in einem Hammer-Film? Fast wäre es so gekommen, an sich hatte Drehbuchautor Anthony Hinds die Titelrolle dem Hollywoodstar auf den Leib geschrieben. Anderswo ist auch zu finden, Grant habe den Part des Produzenten Harry Hunter übernehmen sollen. Wie auch immer, dazu kam es nicht, stattdessen wurde Herbert Lom als Phantom der Oper gebucht, der zuvor unter anderem in „Spartacus“, „Die geheimnisvolle Insel“ und „El Cid“ reüssiert hatte und hierzulande vor allem durch seine Rolle des schurkischen Colonel Brinkley in „Der Schatz im Silbersee“ unvergessen ist. Nicht zu vergessen seine Verkörperung von Inspector Clouseaus Boss Chief Inspector Charles Dreyfus in einigen „Der rosarote Panther“-Filmen.
„Das Rätsel der unheimlichen Maske“ beeindruckt mit für Hammer-Verhältnisse gewohnt prächtiger Ausstattung und weist auch die typische Hammer-Atmosphäre auf. Die Story kann den Schauder nicht ganz halten, zu sehr schieben sich Dialoge und Ränke des herrischen und selbstsüchtigen Komponisten Lord Ambrose in den Vordergrund. Die Beziehung zwischen der Nachwuchstenörin Christine und dem Phantom wird zu lange nicht herausgearbeitet. Andere Enthüllungen in Form eines Rückblicks gegen Ende kommen etwas unvermittelt. So mögen sich Grauen und Tragik nicht recht entfalten.
Von Anolis Entertainment mal wieder fein restauriert
In eine anständige Hammer-Films-Sammlung gehört „Das Rätsel der unheimlichen Maske“ natürlich dennoch, erst recht in der Blu-ray, die das formidabel restaurierte Bild hervorragend zur Geltung bringt. Farben, Konturen, Details – da stimmt alles, und der Ton hält das Niveau, sofern ich das mit meiner nicht gerade herausragenden Lautsprecher-Ausstattung beurteilen kann. Die englische Original-Tonspur überzeugt dabei etwas mehr als die deutsche Synchronfassung. Apropos: Die 2008 bei uns veröffentlichte DVD musste noch ohne deutsche Fassung auskommen.
Roman von Gaston Leroux mehrfach verfilmt
Gaston Leroux’ von September 1909 bis Januar 1910 in Fortsetzungen in einer Zeitung veröffentlichter Roman „Das Phantom der Oper“ („Le Fantôme de l’Opéra“) wurde mehrfach verfilmt. Die erste – deutsche – Umsetzung datiert von 1916, Regie führte der Ungar Ernst Matray. 1925 folgte die berühmte Version mit Lon Chaney Sr. als Phantom, 1943 eine mit Claude Rains in der Titelrolle. Auch Maximilian Schell, Robert Englund, Charles Dance und Julian Sands verkörperten die unglückliche Gestalt des maskierten Mannes. Zuletzt war 2004 Gerard Butler in Joel Schumachers „Das Phantom der Oper“ zu sehen, einer Kino-Adaption von Andrew Lloyd Webbers Musical.
Filmische Highlights sind zweifelsohne die Versionen mit Lon Chaney Sr. bzw. Claude Rains. An beide kommt die Hammer-Adaption nicht heran, aber wer Hammer Films mag, wird um sie natürlich nicht herumkommen.
Die Anolis-Entertainment-Reihe mit Produktionen von Hammer Films haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Terence Fisher sind in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Herbert Lom unter Schauspieler. Ein lesenswerter Text zu „Das Rätsel der unheimlichen Maske“ findet sich auch bei den Kollegen von Evil Ed.
Veröffentlichung: 29. September 2017 als Blu-ray im limitierten Mediabook (in zwei Covervarianten) und Blu-ray, 8. August 2008 als DVD
Länge: 84 Min. (Blu-ray), 81 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: The Phantom of the Opera
GB 1962
Regie: Terence Fisher
Drehbuch: Anthony Hinds (als John Elder), nach einem Roman von Gaston Leroux
Besetzung: Herbert Lom, Heather Sears, Edward de Souza, Thorley Walters, Michael Gough, Harold Goodwin, Martin Miller, Liane Aukin
Zusatzmaterial: Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad, Making-of, britischer Kinotrailer, deutsche Titelsequenz, US-Radiospot, Werberatschläge, Filmprogramm, Bildergalerien, nur Mediabook: 36-seitiges Booklet mit Texten von Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Uwe Huber
Label/Vertrieb: Anolis Entertainment (Vertrieb DVD: Koch Media)
Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2017 Anolis Entertainment