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Horror für Halloween (VIII): Skinless – Body Horror aus dem Keller des Regisseurs

17 Okt

Skinless

Von Volker Schönenberger

SF-Horror // „The Ballad of Skinless Pete“ – dieser stimmungsvolle Alternativtitel gefällt mir ausgesprochen gut, aber letztlich haben sich die Macher für das kürzere „Skinless“ entschieden. Mir auch recht. Den hautlosen Pete lernen wir – mit vollständigem Hautkostüm – gleich zu Beginn kennen: Der junge Wissenschaftler Dr. Peter Peele (Brandon Salkil) will den Hautkrebs besiegen. Dazu forscht er privat an einem Parasiten, den er aus dem medizinischen Labor gemopst hat – einem gefräßigen Bandwurm, der in Gewässern auf Borneo entdeckt wurde und aus dem er ein heilendes Serum zu gewinnen hofft.

Peter hat Großes vor – Alice ist skeptisch

Unterstützung erhält Peter von seiner Ex-Kommilitonin Dr. Alice Cross (Erin R. Ryan), für die er mehr empfindet als sie für ihn. Doch seine Forschungen drohen ein abruptes Ende zu nehmen, als ihr Finanzier Neil (Dave Parker) den beiden den Geldhahn abdreht. Da ihn selbst ein großes Melanom unter der Schulter plagt, wagt der Wissenschaftler kurzerhand den Selbstversuch. Am nächsten Morgen entdeckt Peter das Undenkbare: Sein Hautkrebs ist verschwunden. Der Krebs ist besiegt, die medizinische Sensation ist geschafft. Aus der Pharma-Werbung kennen wir jedoch alle den guten Rat: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!

Der erkrankte Wissenschaftler wagt den Selbstversuch

Was folgt, ist ein Body-Horror-Exzess sondergleichen. Und der muss sich natürlich am Großmeister dieses Sektors messen lassen – David Cronenberg („Die Fliege“). Von wegen, Kommando zurück! Wir müssen einen Undergroundfilm mitnichten an der Genre- oder Subgenre-Referenz messen, sondern erst einmal nur daran, ob er uns gefällt. Und jawohl: „Skinless“ hat mir gefallen.

Heureka! Eine Wunderheilung?

Die Grenzen des Budgets offenbaren sich allein schon darin, dass sich ein Großteil des Films im Keller abspielt. Drehbuchautor und Regisseur Dustin Wayde Mills nutzte einfach seinen eigenen Keller als Drehort, auch die übrigen Szenen entstanden dem Vernehmen nach in seiner Behausung. Da er auch die Make-up-Effekte selbst zusammenbastelte, verwendete Mills die dafür notwendigen Mittel und Utensilien, um den Keller für den Film als Labor herzurichten. Dazu passt, dass der Protagonist Peter Peele seine Forschung privat betreibt und somit sowieso kein professionelles Labor zur Verfügung hat – ein gutes Beispiel, wie man aus der Not eine Tugend macht. Ob sich Mills bei der Namenswahl seines Protagonisten an Spider-Man Peter Parker und der Hautabschälung „Peeling“ orientiert hat?

Blutiges von Hand gemacht

Undergroundfilmer haben selten die Möglichkeit, ausufernd CGI einzusetzen, da ihnen die dafür erforderliche Hard- und Software fehlen. Im Sektor blutiger Horrorfilme ist das aber ohnehin zu begrüßen, da wir somit in den Genuss handgefertigter Make-up-Effekte kommen. Das gilt auch für „Skinless“. Ein paar Einstellungen bringen dem geneigten Fan zünftigen Splatters wirklich Freude. Da ich Zersetzungen menschlicher Körper wie die meisten von uns noch nie in der Realität verfolgt habe, kann ich nicht beurteilen, ob das Gezeigte authentisch wirkt. Es erfüllt jedenfalls seinen Zweck. Wo das mal nicht möglich war, greifen Kamera und Beleuchtung kaschierend ein. Zwar kann der Look von „Skinless“ seine Herkunft aus den Niederungen des Undergrounds nie verleugnen, aber er spielt uns auch nicht mehr vor.

Von wegen

Hauptdarsteller Brandon Salkil hat sich seine laut Internet Movie Database bislang 20 Credits ausschließlich im Low-Budget-Bereich erspielt, vorzugsweise mit einem gewissen Dustin Mills auf dem Regiestuhl. Ein eingespieltes Team also, zumal eine gewisse Sherriah Salkil Mills beim Make-up unterstützte und als „Lead Puppeteer“ ausgewiesen wird. Familiäre und freundschaftliche Bande spielen hier offenbar eine Rolle, daran ist auch gar nichts auszusetzen. Wir folgen dem von Brandon Salkil verkörperten Peter Peele gern in seinen Abgrund. Ein „Mad Scientist“ ist er nicht gerade, nur ein wenig übermütig, und er schwankt zwischen Großspurigkeit und Naivität. Sein persönliches Drama in Form der tödlichen Hautkrebs-Erkrankung kommt etwas zu kurz – dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, erfahren wir eher beiläufig. Diese psychologische Tiefe ist aber vielleicht auch etwas viel verlangt, darum geht es „Skinless“ gar nicht. Glaubwürdig genug ist der Protagonist allemal porträtiert, das gilt ebenfalls für seine Partnerin Dr. Alice Cross. Für Schauspielerinnen und Schauspieler im Laiensegment und etwas darüber ist das Gezeigte völlig im grünen Bereich.

Offenbar ist nun eine Maske erforderlich

Die Story transportiert das, was sie transportieren soll. Wie glaubhaft oder überzogen uns medizinische und wissenschaftliche Details dargeboten werden, entzieht sich sowieso dem Urteilsvermögen von uns Laien. Außerdem hat uns manch großer Hollywood-Blockbuster schon mehr hanebüchenen Unfug präsentiert. Ich bin zwar mit niedrig budgetierten B-Horrorfilmen vertraut, mit dem noch eine Etage tiefer angesiedelten Underground aber bislang nur punktuell in Berührung gekommen. „Skinless“ motiviert mich, ab und zu weitere Schritte in diesem Terrain zu unternehmen. Enthusiastische Selfmade-Filmemacher haben Wohlwollen verdient, erst recht, wenn das Ergebnis so aussieht wie in diesem Fall.

Zweite DVD von Dirt ’n Dust Films

Dirt ’n Dust Films veröffentlicht „Skinless“ hierzulande am 1. November 2018 auf DVD. Es handelt sich um die zweite DVD des jungen fränkischen Underground-/Amateurlabels nach dem in Eigenregie gedrehten und produzierten „Weakness of a Sick Mind“. Mit „After Midnight“ ist bereits der dritte Streich angekündigt – der italienische Anthologie-Film soll noch in diesem Jahr erscheinen. Somit lässt sich konstatieren: Der Underground lebt!

Schmerzhafter Handschlag

Eine deutsche Synchronisation sucht man auf der DVD vergebens. Dafür fehlen einer Unternehmung wie Dirt ’n Dust Films zweifellos die Mittel. Und wenn Labelboss Dominik Pascal Heit in seinem Umfeld ein paar Sprecher aufgetrieben und ein paar Mikrofone angeschmissen hätte, hätte das Ergebnis wohl Schlimmes befürchten lassen. Immer besser, wenn man seine Grenzen kennt. Immerhin hat Dominik seiner Veröffentlichung deutsche und englische Untertitel spendiert. Hier allerdings ist ein Wort der Kritik angebracht – die Untertitel hätten eine gründlichere Korrekturlesung vertragen. Auch das womöglich eine Frage der zur Verfügung stehenden Bordmittel. Dieses kleine Manko, an dem sich ein Großteil der Underground-Kunden vermutlich sowieso nicht stören wird, gleicht das Bonusmaterial der DVD aus: Dustin Mills hat aus seinen Produktionstagebüchern fünf kleine, aber feine Featurettes spendiert, die uns insgesamt eine Dreiviertelstunde lang Details des Entstehungsprozesses von „Skinless“ vermitteln. Auf diese Weise lernen wir den Regisseur besser kennen und erfahren einiges darüber, wie man sich mit wenig Geld, aber vielen Ideen behelfen kann. Prima! Wer Horrorfilme mag und dabei nicht nur auf Hochglanzproduktionen der großen Studios schielt, wird ja vor Billigproduktionen nicht zurückschrecken. Euch sei „Skinless“ bedenkenlos ans Herz gelegt.

Wer braucht schon einen Unterkiefer?

Ein lesenswerter Text zu „Skinless“ findet sich auch bei den Kollegen von Evil Ed.

Das nimmt kein gutes Ende

Veröffentlichung: 1. November 2018 als DVD, zu bestellen über den Webshop von Dirt ’n Dust Films

Länge: 80 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Sprachfassungen: Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Skinless
Alternativtitel: The Ballad of Skinless Pete
USA 2013
Regie: Dustin Wayde Mills
Drehbuch: Dustin Wayde Mills, Brandon Salkil
Besetzung: Brandon Salkil, Erin R. Ryan, Allison Egan, Dustin Wayde Mills, Dave Parker
Zusatzmaterial: Trailer, Produktionstagebücher: „Building the Lab“ (8:40), „Colorcorrection and J. J. Abrams“ (11:53), „Fake Blood Recipe“ (6:12), „About Ass and Titties“ (12:29), „Gore Slime Goodness“ (7:01)
Label/Vertrieb: Dirt ’n Dust Films

Copyright 2018 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & Plakat: © 2018 Dirt ’n Dust Films

 
 

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4 Antworten zu “Horror für Halloween (VIII): Skinless – Body Horror aus dem Keller des Regisseurs

  1. Otto

    2018/10/18 at 08:38

    Ich habe das irgendwann schon mal geschrieben, aber ich wiederhole es gern: Ich mag Texte, in denen das schöne Wort „hanebüchen“ erwähnt wird.

     
    • V. Beautifulmountain

      2018/10/18 at 08:51

      Ein ganz wunderbares Wort. Ich muss nur drauf achten, es nicht inflationär zu verwenden. Hoffe, dir gefallen meine Texte auch aus anderen Gründen.

       
  2. Dirk Busch

    2018/10/17 at 09:41

    Hatte bislang mit Underground auch nicht viel am Hut,aber dank eines Adminkollegen & auch Dominik Heit (Dirt ’n Dust Films) ändert sich das grade.Auf Skinless & After Midnight bin ich sehr gespannt.

     
    • V. Beautifulmountain

      2018/10/17 at 10:36

      Ich bin zum Underground auch erst kürzlich wie die Jungfrau zum Kinde gekommen – nicht zuletzt dank Dominik. Vor längerer Zeit zufällig mal den Kurzfilm „Casting des Todes“ rezensiert, was du ja mitbekommen hattest. Daraufhin hat mir der Regisseur Ezra Tsegaye jüngst sein Langfilmdebüt „Skin Creepers“ zukommen lassen – die Rezension hast du ja ebenfalls bemerkt. Im Oktober folgt noch „Antithese“ aus dem Hause Black Lava, der mir von einem der beiden Regisseure über die Facebook-Seite des Blogs angeboten wurde. Im November dann das kurze Drogendrama „Junkie“. Von dem hatte mir meine Nichte berichtet – ein Freund habe ihn inszeniert –, woraufhin ich ihr gesagt habe, er könne mich gern kontaktieren.

      So läuft das mit dem Underground. Nicht schlecht. Demnächst mal Günther Brandl kontaktieren.

       

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