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A Quiet Place – Tag Eins: Pizza in Zeiten der Alien-Invasion

27 Jun

A Quiet Place – Day One

Kinostart: 27. Juni 2024

Von Volker Schönenberger

SF-Horror // Ordnen wir die Reihe zeitlich ein: „A Quiet Place“ (2018) beginnt mit einem Prolog, dessen Ereignisse sich am 89. Tag der Invasion der Erde durch die furchterregenden und blutrünstigen Kreaturen aus dem Weltraum zutragen. Anschließend erfolgt ein Zeitsprung zum 472. Tag, an dem die Haupthandlung des ersten Films beginnt, welche sich bis zum 474. Tag erstreckt. „A Quiet Place 2“ (2020) beginnt mit einem kurzen Rückblick auf den Tag der Invasion, bevor das weitere Geschehen unmittelbar nach Ende des ersten Teils einsetzt. Wir verfolgen im Sequel das Schicksal der Familie Abbott (u. a. Emily Blunt) bis zur Ankunft auf einer Insel mit anderen Überlebenden am 476. Tag.

Absolute Stille …

„A Quiet Place – Tag Eins“ springt erneut zurück, die Handlung spielt sich ausschließlich zu Beginn der Invasion ab. Familie Abbott taucht jedoch überhaupt nicht auf, als Bindeglied fungiert Henri (Djimon Hounsou), im zweiten Teil einer der Überlebenden auf der Insel. Im Prequel hat er allerdings nur geringe Bedeutung, schade um Djimon Hounsou („Blood Diamond“), der dadurch irgendwie verschenkt ist. Hauptfigur ist Samira (Lupita Nyong’o), Bewohnerin eines Hospizes irgendwo im Großraum von New York City – sie hat Krebs im Endstadium und begegnet ihrem Schicksal mit Zynismus. Immerhin nimmt sie an einem Ausflug der transportfähigen Bewohnerinnen und Bewohner nach Manhattan teil, hofft darauf, in ihrer Heimatstadt endlich wieder eine typisch New Yorker Pizza essen zu können. Daraus wird erst einmal nichts: Nach dem Besuch eines Marionettentheaters (dort nehmen wir erstmals Henri und seine Familie wahr) bricht das Grauen über New York und offenbar die gesamte Welt herein: Vom Himmel stürzen blutrünstige Kreaturen herab und fallen über die Menschen her.

… ist überlebenswichtig

Die entfernt Spinnen ähnelnden Wesen sind etwas größer als Menschen, dabei enorm schnell und geschickte Kletterer. Von ihnen attackierte Menschen haben kaum Überlebenschancen. Aber sie sind augenlos und daher blind, somit auf ihren Tastsinn und ihr Gehör angewiesen (der Geruchssinn scheint keine Rolle zu spielen). Darin liegt die einzige Chance, ihnen zu entkommen: Es gilt, jedes Geräusch zu vermeiden.

Hier passt der Einsatz von Jump-Scares

„A Quiet Place – Tag Eins“ hält das Spannungslevel der beiden Vorgänger. Etliche Szenen, in denen wir darum bangen, ob Samira und andere von den Monstren entdeckt werden, haben Armlehnenkrallerqualität. Unwillkürlich achtet man im Kinosaal darauf, flach und möglichst lautlos zu atmen und auch bei den Jump-Scares Ruhe zu bewahren. Diese sind eine im Horrorgenre überstrapazierte Technik zur Erzeugung von Schockmomenten, im Falle der „A Quiet Place“-Reihe passt ihr Einsatz aber perfekt.

Menschenmassen können kaum geräuschlos sein

Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong’o („12 Years a Slave“) hat erwartungsgemäß keine Mühe, ihre Rolle mit Leben zu erfüllen. Trotz ihrer offenbar nur noch geringen Lebenserwartung erwacht Samiras Überlebenswille. Insbesondere treibt sie der Wunsch an, im Angesicht der über den Big Apple hereingebrochenen Katastrophe doch noch irgendwie und irgendwo eine Pizza aufzutreiben. Immer in ihrer Begleitung: ihr heißgeliebter Kater Frodo. Bald trifft sie auf Eric (Joseph Quinn, „Operation: Overlord“), gemeinsam versuchen die beiden, sich vor den Kreaturen zu verbergen. Nyong’o und Quinn tragen den Film als Hauptfiguren – im Verbund mit den computergenerierten Aliens, versteht sich. Das CGI erkennt man, ich habe mich daran aber nicht gestört. Gedreht wurde im Übrigen hauptsächlich in Kulissen auf dem Gelände der Warner-Studios Leavesden nordwestlich von London sowie in einigen Stadtvierteln Londons. Damit das Ganze nach Manhattan inklusive großen Zerstörungswerks aussieht, kam zweifellos ebenfalls ausgiebig der Computer zum Einsatz.

Eric und Samira verbergen sich

Der Wechsel des Settings vom ländlichen in den urbanen Raum von Manhattan war zweifellos die richtige Entscheidung, ansonsten wäre die Gefahr von Gleichförmigkeit wohl hoch gewesen. In den Straßenschluchten geht es zügig hoch her, in puncto Action legt „A Quiet Place – Tag Eins“ eine Schippe drauf. Von den garstigen Biestern bekommen wir deutlich mehr zu sehen als in den Vorgängern. Ihre Verwundbarkeit durch bestimmte hochfrequente Töne spielt hier noch keine Rolle, wohl aber eine weitere Schwäche.

Pluspunkt Sounddesign

In einem Film, in dem es ums Hören und nicht-gehört-Werden geht, spielt die Tonspur logischerweise eine große Rolle. Und das Sounddesign überzeugt! In den vielen in großer Stille ablaufenden Sequenzen, in denen die Protagonistin und ihre Mitstreiter angstvoll ausharren oder sich so leise wie möglich fortbewegen, verzichtet die Produktion glücklicherweise auf jegliche musikalische Untermalung. Besonders beeindruckend fand ich zu Beginn den sich nach und nach einstellenden Wechsel der Geräuschkulisse in Manhattan: Sind es anfangs die üblichen Alltagsgeräusche einer pulsierenden Metropole, gesellen sich nach und nach ungewöhnliche akustische Ereignisse dazu, seien es die Geräusche von Helikoptern, überdurchschnittlich viele Martinshörner oder das Donnern von durch die Straßen rasenden Panzerfahrzeugen. Bis das Inferno von oben auf Manhattan einprasselt und es schlagartig explosiv und ohrenbetäubend wird.

Gibt es einen Ausweg?

Was die Viecher auf die Erde verschlagen hat, bleibt völlig offen. War es ein gezielter Raumflug einer Invasionsflotte aus einer anderen Galaxie? Dagegen spricht, dass es sich um rein instinktgetriebene Wesen zu handeln scheint, die von Geräuschen geradezu zwanghaft zum Angriff verleitet werden. Besondere Intelligenz lässt das nicht vermuten, schon gar nicht eine solche, die zur Entwicklung von bemannter Raumfahrt über enorme Strecken und Zeiträume geführt haben könnte. Oder sind die Aliens ungewollt in eine Raum-Zeit-Anomalie geraten, die dazu geführt hat, dass sie in gewaltiger Zahl über der Erde ausgespuckt wurden? Darüber gibt es keinerlei Aufschluss. Auch nicht darüber, welcherart die Flugkörper oder Meteoroide sind, mit denen sie in unsere Atmosphäre eintauchen und unbeschadet auf der Erdoberfläche landen konnten. Es gibt schlicht überhaupt keinen Erklärungsansatz darüber, der Film handelt einzig von der Attacke der Biester und dem Überlebenskampf der Menschen. Das kann man gut oder schlecht finden, letztlich hat diese große Erklärungslücke für das Aufeinanderprallen von Aliens und Menschen keine Bedeutung. Vielleicht die richtige Entscheidung, weil diese Lücke mit dem Versuch einer Erklärung zu einem großen Logikloch mutieren könnte.

Vom Regisseur von „Pig“

Beide Vorgängerfilme hatte John Krasinski inszeniert, im ersten Teil als Familienvater Lee Abbott auch einer der Hauptdarsteller, zudem im Produzententeam der Trilogie, dem unter anderem auch Michael Bay angehörte. Für „ A Quiet Place – Tag Eins“ trat Krasinski den Regiestuhl an Michael Sarnoski ab, der zuvor drei Kurzfilme und einige Serienepisoden, dazu aber auch das bemerkenswerte Thrillerdrama „Pig“ (2021) mit Nicolas Cage inszeniert hat. „A Quiet Place“ und dessen Sequel haben ihre Fans gefunden, und diese dürften auch am Prequel Gefallen finden. Wer mit „A Quiet Place“ schon nichts anfangen konnte, sollte den dritten Teil am besten ignorieren. Ich hatte an „A Quiet Place – Tag Eins“ meine Freude. Weckt die Lust auf Pizza.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Lupita Nyong’o haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet, Filme mit Djimon Hounsou unter Schauspieler.

Länge: 125 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: A Quiet Place – Day One
USA/GB 2024
Regie: Michael Sarnoski
Drehbuch: Michael Sarnoski
Besetzung: Lupita Nyong’o, Joseph Quinn, Alex Wolff, Djimon Hounsou, Thea Butler, Jennifer Woodward, Sunjay Midda, Elijah Ungvary, Zay Domo Artist, Cain Aiden, Malik Jubal, Alexander John, Káit Feeney, Nick Davison
Verleih: Paramount Pictures Germany

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Filmplakate, Szenenfotos & Trailer: © 2024 Paramount Pictures Germany

 

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