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Horror für Halloween (XXXV) / George A. Romero (V): Zombie 2 – Das letzte Kapitel: Captain Rhodes und die Untoten

31 Okt

Day of the Dead

Von Volker Schönenberger

Dieser Text enthält ein paar Spoiler, seine Lektüre empfiehlt sich folglich im Anschluss an die Sichtung des Films.

Horror // Eine Frau (Lori Cardille) sitzt in einem hellen und kahlen Raum, wirkt resigniert. Ihr Blick fällt auf einen Kalender, der an der Wand hängt. Plötzlich dringen haufenweise dunkle Arme aus der Wand, greifen nach ihr. Sie schreckt auf, sitzt tatsächlich in einem Helikopter und hatte offenbar lediglich einen Albtraum. Doch die Realität ist ebenfalls ein Albtraum. Sarah, so ihr Name, fliegt mit dem Piloten John (Terry Alexander), dem Funker William McDermott (Jarlath Conroy) und dem sensiblen Soldaten Miguel (Anthony Dileo Jr.) über Florida, um Überlebende zu finden – Überlebende der weltweiten Auferstehung der Toten, die nach Menschenfleisch gieren. Der Helikopter landet in einer Stadt in Florida, doch Miguels Versuche, mit dem Megaphon andere auf sie aufmerksam zu machen, bleiben erfolglos.

Intensiver Prolog der Apokalypse

Diese Eingangssequenz, über die die Vorspann-Credits gelegt sind, gehört zu den intensivsten Szenen, die das Zombiegenre hervorgebracht hat. Während Miguel immer wieder Hello! Is anyone there?“ ruft, sehen wir verwüstete Straßenzüge – die Set-Designer haben ganze Arbeit geleistet. Im Eingang einer Bank hat sich ein fetter Alligator breitgemacht, an einer anderen Tür liegt ein Skelett. Anderswo flattern Geldscheine umher, die Schlagzeile einer Tageszeitung gerät ins Blickfeld: THE DEAD WALK! Und langsam, vom Lärm angelockt, kommen die Untoten aus ihren Löchern, überschwemmen die Straßen. Diese Sequenz wurde von John Harrison gedreht, der als „First Assistant Director“ und somit „Second Unit Director“ fungierte und obendrein auch den tollen Elektro-Score des gesamten Films beisteuerte.

Die vier fliegen zurück in ihren Unterschlupf, einen riesigen unterirdischen Militärkomplex inklusive Raketensilo. Ein Zaun rund um das Gelände hält die Zombies außen vor. Der Anblick der Menschen versetzt sie in Aufruhr, sodass Sarah zum Missfallen von Pilot John die Anweisung gibt, den Helikopter erst nachts aufzutanken. In dem Bunker haben sich Wissenschaftler unter dem Leiter Dr. Logan (Richard Liberty) und Soldaten verschanzt, um Zombies zu untersuchen und womöglich Lösungen gegen die Pandemie zu finden. Weil der Kommandant Major Cooper gerade gestorben ist, hat der so zynische wie übellaunige Captain Rhodes (Joseph Pilato) das Heft in die Hand genommen, der keine Sympathien für die Wissenschaftler und ihre Experimente empfindet. So nennt er Logan gern Dr. Frankenstein.

Fortsetzung von „Night“ und „Dawn“

Mitte der 1980er-Jahre war das Zombiegenre fest in der Hand von Trash, Exploitation und Comedy wie „Oase der Zombies“ („La tumba de los muertos vivientes“, 1982), „Re-Animator“ (1985) und „Verdammt, die Zombies kommen“ („The Return of the Living Dead“, 1985). Ohne diesen Werken die Existenzberechtigung absprechen zu wollen: Da passte es als Kontrast gut, dass George A. Romero mit „Day of the Dead“, so der Originaltitel, ein – kurzen Anflügen von Humor zum Trotz – überaus ernsthaftes Horrordrama abgeliefert hat, das seinesgleichen sucht. Gedreht in den US-Staaten Florida und Pennsylvania sowie in Pittsburgh, gilt das Werk als Fortsetzung von Romeros gleichermaßen herausragenden Regiearbeiten „Die Nacht der lebenden Toten“ („Night of the Living Dead“, 1968) und „Zombie“ („Dawn of the Dead“, 1978), spielt jedenfalls im selben Universum. Das darf auch für „Land of the Dead“ (2005) angenommen werden, obgleich Romero selbst die Eigenständigkeit des Films betont hat. Die qualitativ etwas abfallenden „Diary of the Dead“ (2007) und „Survival of the Dead“ (2009) hingegen scheinen mir in einer eigenen Welt angesiedelt zu sein.

Die Apokalypse lässt sich nicht mehr wegdiskutieren: Auf einen überlebenden Menschen kommen etwa 400.000 Untote, so eine Schätzung Dr. Logans. Einer der „Helden“ von „Day of the Dead“ ist zweifellos Bub (Sherman Howard), ein Zombie, den Logan an eine Wand gekettet hat und zu domestizieren versucht. Bub ist vielleicht der beliebteste Zombie der Filmgeschichte, hat sich zu einer Ikone der Untoten entwickelt. Danny Boyle zitierte ihn 2002 in „28 Days Later“. Regisseur George A. Romero gelang es 20 Jahre nach „Day of the Dead“ in „Land of the Dead“, mit dem vom American-Football-Athleten Eugene Clark verkörperten Tankwart-Zombie Big Daddy einen ähnlich charismatischen Untoten zu etablieren. Bub zeigt kindliche Neugier auf Gegenstände des täglichen Lebens wie einen Rasierer, einen Walkman mit Kopfhörer, über den er sogar Musik hört, und ein Buch – eine Taschenbuchausgabe von Stephen Kings „Salem’s Lot“ („Brennen muss Salem“).

Kein R-Rating? Dann gibt’s eben weniger Geld

In einer frühen Drehbuchfassung von „Day of the Dead“ war Bub Teil einer Einheit von Zombie-Soldaten, Rhodes deren Anführer. Das wäre ebenfalls interessant geworden, budgetbedingt konnte Romero sein Skript jedoch nicht in der Form umsetzen. Der Verleih United Film Distribution Company (UFDC) wollte ihm nicht die dafür veranschlagten 6,5 Millionen Dollar zur Verfügung stellen, sofern der Regisseur nicht zusicherte, den Gewaltgrad auf einem so moderaten Niveau zu halten, dass der Film ein R-Rating erhalten würde. Danach stand Romero überhaupt nicht der Sinn, ihm schwebte vor, seinen Film dem Prüfgremium der Motion Picture Association of America (MPAA) gar nicht vorzulegen, mithin als „Unrated“ in die Lichtspielhäuser zu bringen, was minderjährige Zuschauer vom Kinobesuch ausschloss und somit die Einnahmen reduzierte. Das Risiko wollte die UFDC nicht eingehen und stellte Romero daher mit 3,5 Millionen Dollar lediglich etwas mehr als die Hälfte des für die Umsetzung des ersten Skripts erforderlichen Budgets zur Verfügung.

Dieses ursprüngliche Drehbuch kann sogar online eingesehen und heruntergeladen werden. Ein weiterer Entwurf pendelte sich bei kalkulierten Kosten von 4,7 Millionen Dollar ein, Romero musste also erneut straffen. Schließlich entstand ein räumlich begrenztes Horrordrama, dessen Geschehen sich mit Ausname des oben beschriebenen Prologs und eines kurzen Epilogs ausschließlich in dem unterirdischen Gewölbe abspielt und dadurch phasenweise Kammerspiel-Charakter annimmt – ein ganz anderer Film, als dem Drehbuchautor und Regisseur ursprünglich vorgeschwebt hatte. Gleichwohl hat er mit dem Resultat seinen Frieden gemacht, zählte ihn gar zu den Favoriten seiner Filmografie. Als unterirdische Anlage diente ein Kalkbergwerk in Pennsylvania. Romero perfektioniert hier das im Genre oft anzutreffende Motiv vom Menschen, der des Menschen Wolf sei, letztlich gegenüber den Zombies womöglich die größere Bedrohung. Überdeutlich wird hier seine Kritik am Soldatentum. … letztlich ist der Filme eine antimilitaristische Parabel. Bemerkenswert erscheint der eigenwillige Zombie Bub, der große Teile seiner menschlichen Vorexistenz erinnert und genauso mit der Waffe umgehen kann wie er auch vor den Militärs salutiert. (…) Das ist der Beginn der Revolte der Untoten, die den apathischen Zustand überwinden, um so zum Zeichen des Aufbruchs zu werden. Der Zombie selbst ist der Held dieser Revolte. Die beschworene Apokalypse ist nur der Umschlagspunkt einer Welt, in der die Toten die Lebenden bereits abgelöst haben. So Marcus Stiglegger in seinem lesenswerten Text „Die Wiederkehr der Verdrängten – George A. Romeros Zombies als politische Metapher“, zu finden im 2018 veröffentlichten Essay-Band „Grenzüberschreitungen – Exkursionen in den Abgrund der Filmgeschichte“. Der deutlich zur Schau gestellte Antimilitarismus des Films ist umso bemerkenswerter, als wir uns 1985 mitten in der Reagan-Ära befinden. Das reaktionäre Gedankengut jener Zeit hielt auch in den Kinos Einzug, wie an der Popularität solch revanchistischer „Helden“ wie Braddock (Chuck Norris) in „Missing in Action“ (1984) und Sylvester Stallones Rambo in „Rambo II – Der Auftrag“ (1985) und „Rambo III“ (1988) unschwer zu erkennen ist (der erste „Rambo“ von 1982 zeichnete John Rambo noch deutlich differenzierter). „Day of the Dead“ bildet in der Hinsicht einen willkommenen und wichtigen Gegenpol, entwickelte aber aufgrund des mäßigen Zuschauerstroms an den Kinokassen seinerzeit leider nur geringes Gewicht.

Das Ende der Zivilisation

Ein Happy End ist nicht zu erwarten und wird folgerichtig nicht geliefert, obgleich nicht alle Menschen am Ende tot sind. Es würde auch keinen Sinn ergeben. Das untote Verhängnis lässt sich längst nicht mehr aufhalten, den im Bunker verbarrikadierten Überlebenden gelingt es zu keinem Zeitpunkt, Kontakt zu anderen Menschen herzustellen. Die zum Zerreißen angespannte Stimmung zwischen Wissenschaftlern und Soldaten läuft zwangsläufig auf eine Eskalation hinaus. „Day of the Dead“ ist von Anfang bis Ende düster und ironiefrei, gar nihilistisch. Der bei den Menschen im Bunker zu beobachtende Rückfall in die Barbarei bedeutet unausweichlich das Ende der Zivilisation.

Die von Lori Cardille in ihrer bekanntesten Rolle verkörperte Sarah steht in einer Linie mit Barbra (Judith O’Dea) in „Die Nacht der lebenden Toten“ und Francine (Gaylen Ross) in „Zombie“. Während Barbra in Panik zu keiner vernünftigen Handlung fähig ist und letztlich in einem inzestuösen Motiv von ihrem Bruder Johnny (Russell Streiner) gemeuchelt wird, gelingt es Francine immerhin, ums Überleben zu kämpfen und sich als Schwangere im Einkaufszentrum so gut es geht einzurichten, bis auch dort das Inferno losbricht. Sarah ist sogar noch stärker, auch wenn die Forschung, an der sie sich beteiligt, zum Scheitern verurteilt ist. Aber sie bietet dem brutalen Alphatier Rhodes die Stirn und lässt sich nicht unterkriegen, was speziell in einigen Szenen mit dem Soldaten Miguel deutlich wird, der ihr Freund und stets dem Nervenzusammenbruch nah ist. Ob George A. Romero diese geradezu feministische Entwicklung seiner drei Protagonistinnen bewusst oder unbewusst ersonnen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht hat ihn einfach der Zeitgeist beeinflusst.

Flucht in die Karibik

Zwar fungiert Sarah als Hauptfigur, ebenso interessant erscheint jedoch der Blick auf den Piloten John. Ein Schwarzer erneut, wie Ben (Duane Jones) in „Die Nacht der lebenden Toten“ und Peter (Ken Foree) in „Zombie“. John stammt von den Westindischen Inseln, was einen Bogen schlägt zur ursprünglich im Voodoo angesiedelten Mythologie der Zombies. Der Pilot schaut sich das Zerwürfnis zwischen Wissenschaftlern und Soldaten aus der Distanz an. Er sieht keinen Sinn darin, das Wesen der Untoten zu ergründen oder sie gar zu domestizieren. We don’t believe in what you’re doing here, Sarah äußert er ihr gegenüber zu Beginn eines denkwürdigen Monologs, obgleich er Sympathie für sie empfindet. Er und der Funker William glauben nicht an das, was Sarah tut. John sieht seinen Aufenthaltsort als gigantischen Grabstein der Menschheit, versehen mit einer Grabinschrift, für die sich niemals jemand interessieren wird, womit er auf die Unmengen an Akten und Mikrofilme anspielt, die die Erbauer des Bunkers dort eingelagert haben. Sarah trägt ihm zufolge mit ihrer Arbeit nur dazu bei, all dem Papiermaterial nur neue Akten hinzuzufügen – obendrein sinnlose: And I’ll tell you what else, you ain’t never figure it out. Just as they never figured out why the stars are where they are. Sarah und ihrer Wissenschaftler-Kollegen würden nie herausfinden, wie es dazu gekommen sei, ebensowenig wie die Menschheit herausgefunden habe, weshalb sich die Sterne dort befinden, wo sie sich befinden. Ihre Arbeit sei Zeitverschwendung – und das ist sie tatsächlich. John gibt ihr sogar eine Erklärung für die Zombies mit auf den Weg, die ebenso gut sei wie jede, die sie zu finden vermöge: We’ve been punished by the creator. He visited a curse on us, so we might get a look at what hell was like. (…) Maybe he just wanted to show us he was still the boss man. Vielleicht ist die Auferstehung der Toten tatsächlich eine Strafe des Schöpfers, der ihnen zeigen wollte, wie es denn wohl in der Hölle zugehe. Vielleicht wollte er ihnen einfach zeigen, dass er immer noch der Boss ist. Es stellt keine gewagte Annahme dar, dass in Johns Worten George A. Romeros Haltung zur Welt und zum Weltgeschehen ihren Ausdruck findet.

Nicht zuletzt aufgrund seiner wütenden und lauten Stimmlage klar als Hauptbösewicht zu identifizieren und vom im März 2019 leider im Alter von 70 Jahren verstorbenen Joseph Pilato mit viel Verve verkörpert, gehört Captain Rhodes in die erste Reihe der großen Schurken des Zombiefilms. Pilato hatte übrigens eine kleine Sprechrolle im Vorgänger „Zombie“: Er spielte einen Polizeioffizier, der mit ein paar Kumpanen eine Polizeistation plündert (in der US-Kinofassung nicht enthalten, im Argento-Cut aber zu finden). Über die Jahre kam unter Fans der Gedanke auf, es könne sich schon bei der Figur um Rhodes gehandelt haben, der in der Zeit zwischen den Handlungen beider Filme zur Armee gegangen sei. Meines Wissens hat George A. Romero dies nie kommentiert, es bleibt also spekulativ. Ich halte die Besetzungspersonalie für Zufall.

Dr. Logan – Dr. Frankenstein

Allerdings sind auch die Wissenschaftler auf der anderen Seite nicht automatisch die Guten – im Gegenteil: Logan gibt sich zwar gegenüber Zombie Bub gönnerhaft, macht aber keinen Hehl daraus, dass er das Sagen hat. Romero zeigt ihn als Sklavenhalter, der seine Geschöpfe in Ketten hält und Kunststückchen lernen lässt, wie Rhodes nicht zu Unrecht anmerkt. Wenn die Soldaten in einem abgetrennten Abschnitt des Gemäuers andere Untote mit Stöcken und Schlingen um den Hals fangen, erinnert das sicher nicht zufällig daran, wie Sklaven gefangen werden. Beim Blick in die Augen einiger Zombies kann durchaus Mitgefühl aufkommen, in diesen Momenten sind die wahren Monster andere. Logan ist ein typischer „Mad Scientist“, der seinen untoten Versuchskaninchen menschliche Überreste zum Knabbern vorsetzt und offenbar auch vor Mord nicht zurückschreckt, wenn es denn seinen Forschungen dient. Dazu passt gut, dass Rhodes Logan wiederholt als Dr. Frankenstein bezeichnet. Bub erinnert in seiner Tragik tatsächlich ein wenig an die Kreatur in Mary W. Shelleys Roman „Frankenstein oder der moderne Prometheus“.

Lässt sich die Monroeville Shopping Mall in „Zombie“ als Tempel der Konsumgesellschaft interpretieren, die Romero damit auf ironische Weise zur Schau stellte, so dient der Bunker in „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ als deren Grabstein (nach Paul R. Gagne: The Zombies that Ate Pittsburgh – The Films of George A. Romero, New York City 1987). Am Ende haben sich John, William und Sarah mit Müh und Not per Helikopter gerettet, die letzte Szene zeigt das Trio auf einem Strand. Der Gedanke liegt nahe, dass sie sich auf einer – von Florida ja gut erreichbaren – Karibikinsel befinden, mithin nicht mehr auf dem von Zombies und anderen Barbaren zerfetzten US-Festland. Beginn eines besseren Daseins, gar des Aufbaus einer neuen Gesellschaft? Ein illusorischer Gedanke.

Splatter von Tom Savini und Greg Nicotero

Bis es zum Finale exzessiv wird, gibt sich „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ zurückhaltend, was blutiges Gemetzel angeht. Wenn dann aber Make-up-Effekt-Guru Tom Savini von der Leine gelassen wird, geht es in die Vollen, und wir bekommen einige der besten Splatter-Sequenzen zu sehen, die der Horrorfilm hervorgebracht hat. Wer das Ende von Rhodes vor Augen hat, wird mir wohl zustimmen. Savini wurde assistiert von Greg Nicotero, der sich im Sektor der Make-up-Effekte seitdem selbst einen großen Namen gemacht hat, beispielsweise den Zombiekreis mit seiner Arbeit für die Serien „The Walking Dead“ und „Fear the Walking Dead“ geschlossen hat und heute für Großproduktionen wie Quentin Tarantinos „The Hateful Eight“ (2015) und James Camerons „Alita – Battle Angel“ (2019) verpflichtet wird.

Lose an Romeros Regiearbeit angelehnt, kann Steve Miners „Day of the Dead“ (2008) mit Mena Suvari und Ving Rhames nicht wirklich als Remake bezeichnet werden. Das gilt schon eher für „Day of the Dead – Bloodline“ (2018), beide Filme verbindet allerdings die Tatsache, dass sie weit hinter Romeros Geniestreich zurückbleiben. Um es deutlich zu verkünden: „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ ist ein Meisterwerk. Damals von der zeitgenössischen Filmkritik gemischt aufgenommen und an den Kinokassen nicht besonders erfolgreich, hat sich „Day of the Dead“ im Lauf der Jahre über die Video-Auswertungen einen hohen Status erarbeitet und im Zombiegenre völlig zu Recht weit nach vorn geschoben. In Ranglisten mit den besten oder wichtigsten Horrorfilmen der 1980er-Jahre müsste Romeros Regiearbeit zu finden sein.

Indiziert und beschlagnahmt

An deutschen Veröffentlichungen herrscht kein Mangel, die meisten davon sind aber leider zensurbedingt geschnitten. Um Uncut-Fassungen zu identifizieren, lohnt sich wie gewohnt der Blick auf den Eintrag bei den Kollegen von Schnittberichte. Da einige Versionen des Films nach wie vor gerichtlich beschlagnahmt sind, nenne ich keine bestimmten Veröffentlichungen. Nach heutigen Maßstäben erscheinen Indizierung und Beschlagnahme völlig überzogen, und ich bin überzeugt davon, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis beide aufgehoben werden. Das muss aber erst einmal jemand angehen – ein Publisher, der die deutschen Vermarktungsrechte erworben hat und somit ein berechtigtes Interesse daran hat, das Werk sowohl vor Gericht als auch bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien von den Fesseln der Zensur zu befreien. Dies ist dem Label Koch Films 2019 ja bereits mit Romeros Vorgänger „Zombie“ sowohl in puncto Beschlagnahme als auch bezüglich der Indizierung gelungen. Wer weiß, ob Koch dasselbe nicht auch mit „Day of the Dead“ vorhat? Bei dem Label wäre der Film jedenfalls gut aufgehoben, wobei mir auch ein paar andere vorbildliche Publisher einfallen, die für einen solchen Genre-Klassiker in Frage kommen. Einstweilen genügen mir meine beiden 2-Disc-Editionen (jeweils mit Blu-ray und DVD) vom vorbildlichen englischen Label Arrow Video – eine im weißen Schuber, eine im Steelbook. Natürlich reicht an sich eine anständige Fassung eines Films, bei ausgesprochenen Lieblingsfilmen gönne ich mir bisweilen auch mal weitere Versionen. Insofern bin ich gespannt, ob in absehbarer Zeit ein deutsches Label, dem ich wohlwollend gegenüberstehe, die Rechte erwirbt und den mühsamen Weg beschreitet, „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ unzensiert mit FSK-Freigabe zu veröffentlichen. In dem Fall gönne ich mir vielleicht sogar eine dritte Edition des Werks. Warten wir’s ab.

Lesenswerte Literatur, aus der ich einige wertvolle Anregungen gezogen habe:

1. Marcus Stiglegger: Die Wiederkehr der Verdrängten – George A. Romeros Zombies als politische Metapher, in: Grenzüberschreitungen – Exkursionen in den Abgrund der Filmgeschichte, Berlin 2018.
2. Jovanka Vuckovic: Zombies! An Illustrated History of the Undead, Lewes (Grafschaft East Sussex) 2011.
3. Calum Waddell: For Every Dawn There Is a Day or Why George A. Romero Would Never Direct a Rambo Movie, in: Booklet der 2-Disc Edition (Blu-ray & DVD) von „Day of the Dead“, Arrow Video, Shenley (Grafschaft Hertfordshire) 2010.
4. Jamie Russell: Book of the Dead – The Complete History of Zombie Cinema, Godalming (Grafschaft Surrey) 2005.
5. Frank Koenig: Dawn of the Dead – Anatomie einer Apokalypse – George A. Romero und seine Zombie-Trilogie, Hille (Kreis Minden-Lübbecke) 2002.
6. Detlev Klewer: Zombie Chronicles, Hille (Kreis Minden-Lübbecke) 2000.
7. Manfred Knorr / Frank Martens (Chefredakteur & Stellvertreter): Zombies – Die Legende der lebenden Toten (Sonderheft der Zeitschrift Moviestar), Hille (Kreis Minden-Lübbecke) 1994.
8. Paul R. Gagne: The Zombies that Ate Pittsburgh – The Films of George A. Romero, New York City 1987.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von George A. Romero sind in unserer Rubrik Regisseure aufgeführt.

US-Premiere: 30. Juni 1985
Bundesdeutscher Kinostart: 20. August 1987
Länge: 101 Min. (Blu-ray), 97 Min. (DVD)
Altersfreigabe: diverse von FSK 16 bis ungeprüft
Originaltitel: Day of the Dead
USA 1985
Regie: George A. Romero
Drehbuch: George A. Romero
Besetzung: Lori Cardille, Terry Alexander, Joseph Pilato, Jarlath Conroy, Anthony Dileo Jr., Richard Liberty, Sherman Howard, Gary Howard Klar, Ralph Marrero, John Amplas, Philip G. Kellams, Taso N. Stavrakis, Greg Nicotero
Produktion: Laurel Entertainment Inc. / Dead Films Inc. / Laurel Day Inc.
US-Verleih: United Film Distribution Company

Copyright 2019 by Volker Schönenberger

 

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