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Ernest Borgnine (IX): Der Mann ohne Furcht – Liebesränke im Westen

24 Feb

Jubal

Von Volker Schönenberger

Western // Irgendwo in den Bergen zwischen Montana und Wyoming schleppt sich der sichtlich angeschlagene Jubal Troop (Glenn Ford) einen Hang hinunter und bleibt auf einem Weg in der Nähe eines Gletscherpasses liegen. Dort entdeckt ihn Shep Horgan (Ernest Borgnine) und nimmt ihn mit auf seine Ranch. Weil Troop nach Schafen riecht, begegnet ihm der Cowboy Pinky (Rod Steiger) sogleich verachtungsvoll, was Horgan nicht daran hindert, Troop einen Job anzubieten. Schnell lernt der Neuling des Ranchers deutlich jüngere Ehefrau Mae (Valerie French) kennen, und beim Zureiten eines störrischen Pferds erwirbt er sich den Respekt seiner neuen Kollegen. Bis auf den von Pinky, dem es gar nicht gefällt, dass Mae ein Auge auf Jubal geworfen hat und Horgan diesen schon bald zum Vormann der Ranch macht.

Der Rancher und seine junge Gemahlin

Ein reinrassiges Beziehungsdrama im Gewand eines Westerns – oder gar Liebesdrama? So oder so außergewöhnlich, auch wenn Frauen die Kerle im Genre natürlich oft genug an der Nase herumgeführt haben. Jedenfalls ist die junge Mae überhaupt nicht glücklich mit ihrem gutmütigen, in puncto Frauen aber unbeholfenen Ehemann, der sie wie ein Besitzstück behandelt. Kaum kann sich Jubal ihrer Avancen erwehren. Um die heikle Situation für den Vormann weiter zu verkomplizieren, wird Amors Pfeil ihn bald aus einer anderen Richtung treffen, als ein paar religiöse Siedler mit ihrem Treck auf Horgans Gebiet rasten. Unter ihnen: die aparte Naomi Hoktor (Felicia Farr). Dieses Beziehungsgeflecht wird Westernfans missfallen, denen es in erster Linie auf zünftige Duelle unter Revolverhelden oder Indianerkriege ankommt. Wer das Genre etwas weiter fasst, kann sich an einem vorzüglich gespielten Westerndrama mit Menschen aus Fleisch und Blut erfreuen, das nach und nach tragische Züge annimmt. Fast wie bei Shakespeares „Othello“, dessen Figurenkonstellation wohl grob Pate stand.

Harte Arbeit zahlt sich aus

Sie alle sind einzigartige Figuren mit präziser Charakterzeichnung, etwa Rod Steiger („In der Hitze der Nacht“) als eifersüchtiger Intrigant und Ernest Borgnine („Verdammt in alle Ewigkeit“), kurz zuvor erst für seine Titelrolle als Schlachter in „Marty“ mit dem Oscar prämiert. Mit Verve spielt er den enthusiastischen Naivling, der sich an der Nase herumführen lässt. Glenn Ford wiederum gibt dem sympathischen Außenseiter mehr Tiefe, als vielleicht zu erwarten war. Unter der Regie von Delmer Daves trat er bald darauf in zwei weiteren Western auf: „Zähl bis drei und bete“ (1957), der Klassikerstatus erlangte, und „Cowboy“ (1958).

Jubal lernt die junge Naomi kennen

Auftritt Charles Bronson! Der hatte seine Karriere 1949 begonnen und bekam Mitte der 1950er-Jahre langsam Rollen in größeren Produktionen unter namhaften Regisseuren. So zum Beispiel 1954 in „Massai – Der große Apache“ und „Vera Cruz“, beide inszeniert von Robert Aldrich. Im selben Jahr spielte Bronson im Western „Der einsame Adler“) mit Alan Ladd zum ersten Mal unter Delmer Daves, der sich auch für „Der Mann ohne Furcht“ auf den Regiestuhl setzte. Hier spielt Bronson Reb Haislipp, der mit den Siedlern eintrifft, sich vom Rancher als Cowboy anheuern lässt und mit Jubal anfreundet.

Es riecht nach Verrat

In einer kleineren Nebenrolle als Cowboy einer benachbarten Ranch ist auch Jack Elam („Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“) zu sehen. Noch ein bekanntes Gesicht also, das Westernstimmung bringt. Das gilt auch für die schönen Technicolor-Bilder von Charles Lawton Jr. („Zwei ritten zusammen“), keiner der großen Hollywood-Kameramänner, aber ab Mitte der 1930er-Jahre doch für drei Jahrzehnte gut beschäftigt und durchaus mit Perlen wie „Die Lady von Shanghai“ (1947) und „Geheimakte M“ (1960) in der Filmografie. Mit Wyomings prachtvollen Berg-Silhouetten, Szenen auf der Ranch und einigen Treck-Motiven dürfte Lawton Genre-Fans dann doch das geben, was sie erwarten. Ein echtes Western-Kleinod, hierzulande vormals nur in zwei längst vergriffenen DVD-Auflagen erschienen, nun auch in anständiger Qualität auf Blu-ray von explosive media.

Die wütende Meute naht

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Delmer Daves haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Ernest Borgnine, Charles Bronson, Jack Elam, Glenn Ford und Rod Steiger unter Schauspieler. Glenn Ford ist darin eindeutig unterrepräsentiert. Welche seiner dort nicht aufgeführten Filme gehören unbedingt hinein, will man sich ein Bild seiner Karriere machen?

Veröffentlichung: 25. Februar 2021 als Blu-ray, 26. Oktober 2012 und 7. Februar 2006 als DVD

Länge: 101 Min. (Blu-ray), 97 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Jubal
USA 1956
Regie: Delmer Daves
Drehbuch: Russell S. Hughes, Delmer Daves, nach einem Roman von Paul Wellman
Besetzung: Glenn Ford, Ernest Borgnine, Rod Steiger, Valerie French, Felicia Farr, Charles Bronson, Jack Elam, Basil Ruysdael, Noah Beery Jr., John Dierkes, Robert Burton
Zusatzmaterial: historischer deutscher Kinotrailer, Bildergalerie seltener Artworks, Wendecover
Label Blu-ray: explosive media
Vertrieb Blu-ray: Koch Films
Label/Vertrieb DVD: Sony Pictures Entertainment

Copyright 2021 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & unterer Blu-ray-Packshot: © 2021 explosive media,
DVD-Packshot: © Sony Pictures Entertainment

 
 

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18 Antworten zu “Ernest Borgnine (IX): Der Mann ohne Furcht – Liebesränke im Westen

  1. SmileySmile77

    2021/05/02 at 19:39

    Aus seinem Spätwerk sollte der ohnehin prachtvolle „The Visitor“ aka „Stridulum“ unbedingt erwähnt werden.

     
  2. Michael Behr

    2021/05/02 at 15:33

    Außer den bereits genannten fällt mir eigentlich nur noch „Brennt Paris?“ ein, in dem ich ihn bewusst gesehen habe. Eigentlich ein persönliches Armutszeugnis 😉

     
  3. Thomas Oeller

    2021/05/02 at 14:58

    „Die unteren Zehntausend“ , „Die Saat der Gewalt“

     
  4. Alexandra Jotter

    2021/05/02 at 11:39

    Aufjedenfall den Film “ Cimarron “.
    Noch zu erwähnen wäre “ Die vier apokalyptischen Reiter “

     
  5. Birgit

    2021/04/30 at 12:55

    Ich möchte hier den Fritz Lang-Film „Lebensgier“ (Human Desire) nennen. Ein unbedingt sehenswerter Film Noir von 1954.

     
  6. Jens

    2021/04/28 at 05:57

    keine Ahnung :-/

     
  7. Andreas H.

    2021/04/25 at 16:07

    Cimarron, Die Saat der Gewalt, Hölle am weißen Turm und Duell der Gringos würde ich mir wünschen.

     
  8. Christoph Marek

    2021/04/25 at 08:34

    Heißes Eisen !!!!

     
  9. Alexander Querengässer

    2021/04/24 at 08:18

    Der Mann vom Alamo & Americano

     
  10. Jost

    2021/04/24 at 00:04

    Der Film Die Saat der Gewalt von Ford ist sehr zu empfehlen!

     
    • Imke

      2021/04/26 at 11:31

      Nicht aufgeführt puh.. Heißes Eisen oder Overkill würde ich sagen

       
  11. Björn Kramer

    2021/04/23 at 21:02

    Na ganz klar SUPERMAN !!!

     
  12. Eva

    2021/04/23 at 14:10

    Der Richter von Colorado
    Die erste Kugel trifft
    In Colorado ist der Teufel los

     
  13. Klaus

    2021/04/23 at 10:54

    Unbedingt zu nennen wäre hier der Film Noir-Klassiker „Heißes Eisen“ (The Big Heat) von Fritz Lang aus dem Jahr 1953

     
  14. Markus Tump

    2021/04/23 at 10:12

    Vielleicht nicht arg repräsentativ, aber eine Komplett-Edition von OVERKILL (Fukkatsu no hi) ist ein schöner Ford Film.

     
  15. Frank Warnking

    2021/04/23 at 10:12

    Pulver und Blei und Der Richter von Colorado 🙂

     

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