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Violent Obsession – Im Wald der blutigen Visionen

Violent Obsession

Von Volker Schönenberger

Kurzfilm-Horror // Mit „A Fucking Cruel Nightmare“ erschien 2010 ein gewisser Sebastian Zeglarski auf der Bildfläche des deutschen Undergroundfilms. Seitdem ist er dort nicht mehr wegzudenken und haut in Abständen einen raus. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf visuelle Effekte, die bei ihm noch echtes praktisches Handwerk sind und im Verbund mit Make-up überaus blutig und fleischig daherkommen.

In einen Albtraum erwacht

Das gilt auch für Zeglarskis jüngste, in den nordrhein-westfälischen Nachbarorten Gevelsberg und Ennepetal gedrehte Produktion „Violent Obsession“ (2023), die sich zum Splatterspektakel in düsteren, teils vernebelten Bildern entwickelt: Ein verwirrter Typ (Jim Aal) erwacht unter einer blutigen Plastikplane aus seiner Bewusstlosigkeit und beginnt, schlaftrunken durch einen Wald zu torkeln. Dabei begegnet er allerlei traurigen Gestalten, und in fragmentarischen Visionen bekommen sowohl der Verwirrte als auch das Filmpublikum zu sehen, was mit ihnen geschehen ist. Denn ihnen wurde aufs Übelste mitgespielt. Zwischendurch meldet sich ein dämonischer Geselle in Kapuzenkluft (Regisseur Zeglarski höchstselbst) zu Wort, der mit rauem Timbre ominöse Weisheiten zum Besten gibt.

Der Wald der Gewalt

Mit seinem im Tonstudio Prisma Audio entstandenen suggestiven Score und den düsteren, auch mit Unschärfen verfremdeten Bildern entwickelt „Violent Obsession“ einen albtraumhaften Sog, der uns davon abhält, ob der gezeigten Brutalitäten wegzuschauen oder abzuhauen. Denn diese sind nicht von schlechten Eltern. Einen Penis kann man nicht einfach nur abschneiden – nein, man kann ihn sogar der Länge nach durchschneiden. Ausweidungen, Schädelspaltungen – geboten wird, was das Herz des Splatterfans begehrt. Und was es vielleicht nicht begehrt, denn das eine oder andere Tabu kratzt Sebastian Zeglarski an. Zartbesaitete werden sich mit Grausen abwenden, und die FSK würde sich einer Altersfreigabe zweifellos verweigern (bekommt Undergroundfilme dieser Art aber ohnehin nicht vorgelegt). Die visuellen Effekte sind auf anständigem Niveau inszeniert, dem man Zeglarskis Erfahrung in diesem Sektor ansieht, auch wenn ein paar Modelle als solche erkennbar sind. Bemerkenswert und beeindruckend ist vor allem die große Bandbreite des Splatters. Wir bekommen etliche ganz unterschiedliche Verletzungen und Verstümmelungen zu sehen, und all das hat sicher eine Menge Arbeit gemacht.

Weise Worte vom Dämon

Es bleibt natürlich Underground, sprich: Der Mangel an Budget ist klar erkennbar. Dabei verzichtet „Violent Obsession“ aber auf humorige Einlagen, wie sie etwa beim parallel (oder kurz vor- oder hinterher) entstandenen „Das Geheimnis der Teufelspilze“ (2023) zu bemerken sind, der eher im Bereich Funsplatter-Trash angesiedelt ist. Die gewalttätige Besessenheit – so die Übersetzung des Filmtitels „Violent Obsession“ – vermittelt eher eine surreal-albtraumhafte Stimmung.

Keinen Fehltritt

„Violent Obsession“ wird seine Premiere am 8. Juli 2023 im Filmrisskino von Gevelsberg feiern, und das im Dreifachprogramm mit Zeglarskis vorherigem 14-Minüter „Lilli Got Sick“ (2022) und „Das Geheimnis der Teufelspilze“. Die DVD von „Violent Obsession“ und die Blu-ray von „Das Geheimnis der Teufelspilze“ werden jeweils 15 Euro kosten. Beide werden im Rahmen der Kinoaufführung ebendort zu kaufen sein. Bei Interesse an „Violent Obsession“ kann man Sebastian Zeglarski bei Facebook direkt kontaktieren. Wer Underground oder Splatter oder Underground-Splatter etwas abgewinnen kann, sollte zuschlagen.

Veröffentlichung: 8. Juli 2023 als DVD

Länge: 34 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: Englisch
Originaltitel: Violent Obsession
D 2023
Regie: Sebastian Zeglarski
Drehbuch: Sebastian Zeglarski
Spezialeffekte: Sebastian Zeglarski
Kamera: Dr. Kalt, Sebastian Zeglarski, Tim Rabenstein
Schnitt: Sebastian Zeglarski
Musik und Synchro: Prisma Audio
Besetzung: Jim Aal, Kat Divine, Ramona Groth, Ben & Jen Grotesque, Carina, Azraela Macabre, Pia Vlinder, Kim Pulvers, Sebastian Zeglarski, König Willi III., Timmek Boyka
Zusatzmaterial: Making-of
Label/Vertrieb: Violent Art

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Plakatmotiv und Cover: © 2023 Violent Art

 

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Das Geheimnis der Teufelspilze – Blutbad im Drogenrausch

Das Geheimnis der Teufelspilze

Von Volker Schönenberger

Kurzfilm-Horror // Zwei Kumpels (Jim Aal und Master W spielen sich selbst) sitzen beim Bier und kommen auf die Idee, sich zusätzlich ein paar Pilze einzuwerfen. Und zwar ganz besondere: Diese wachsen ausschließlich auf den Gräbern abgetriebener Föten uruguayanischer Haschisch-Nonnen und werden während ihrer Menstruation geerntet. Ein Gedicht! Nach einiger Zeit erwachen die beiden und finden sich blutbesudelt wieder. Was ist geschehen? Da Master W sein Dasein gern mittels Videokamera für sein „Pilztagebuch“ festhält, existiert sogar ein Film vom Filmriss. Was die beiden da zu sehen bekommen, bringt sie allerdings zum Haareraufen (löst aber gleichzeitig eine gewisse Begeisterung aus).

Jim Aal (l.), Master W und die Pilztüte

Wir haben es also mit einem Film zu tun, der zwei durchgeknallte Typen zeigt, die sich das von einem der beiden angefertigte Found Footage anschauen und dabei aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Jim Aal hält sich für einen friedlichen Menschen, muss aber mitansehen, dass er nach der Zurückweisung seiner Avancen durch eine junge Frau (Ska) eben diese mit einem Hammer niederschlägt, fesselt und aufs Übelste malträtiert.

Production Values aus dem Underground von NRW

„Das Geheimnis der Teufelspilze“ mutiert also zügig zu einem Folter- und Metzelfilm mit literweise fließendem Kunstblut. Bevor die zahlreichen Slasher-Fans frohlocken, seien sie gewarnt: Zwar ist man als diesem Horror-Subgenre zugeneigter Film-Connaisseur niedrig budgetierte Streifen gewohnt, denen man die geringen Finanzmittel auch ansieht. In diesem Fall allerdings müssen sie ihre Ansprüche an „Production Values“ nochmals herunterschrauben, denn wir haben es mit einem Trashfilm aus dem tiefen nordrhein-westfälischen Underground zu tun (gedreht wurde in Gevelsberg und dem benachbarten Asbeck). Es waren also lupenreine Amateure am Werk, was für Cast und Crew gleichermaßen gilt. Das verrät sogar der Film ausdrücklich, wenn Jim Aal als Minderleister und Geringverdiener gebrandmarkt wird.

Nein, die Dinger wirken überhaupt nicht

Gleichwohl natürlich keine unerfahrenen Leute. Sie alle haben vor und hinter der Kamera bereits an diversen Undergroundfilmen mitgewirkt. Wie in diesem Segment üblich, ist Multitasking angesagt. So zeichnet Hauptdarsteller Master W auch für Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt, Ton und visuelle Effekte verantwortlich. Sebastian Zeglarski („What’s Wrong with You?“, 2019) kann sich ebenfalls die Regisseurs-Credits ans Revers heften, schrieb mit Master W das Drehbuch, übernahm auch mal die Kamera (vor allem wohl in den Szenen von Master W) und war für die Setdekoration zuständig. Er lieferte auch gemeinsam mit dem zweiten Hauptdarsteller die Idee zur Story (zugegeben: Die Idee ist bereits die Story) und übernahm eine kleine Nebenrolle als Polizist. Obendrein veranwortete Zeglarski die derben Splattereffekte des Films. Das Blut sprudelt in Strömen aus den Schlagadern der bedauernswerten Frau mit der pinkfarbenen Perücke, wir bekommen ihren Darm und andere „innere Werte“ zu Gesicht. Ein Faible für Funsplatter ist beim Sichten hilfreich, eine Aversion dagegen bedeutet, dass man sich wohl den falschen Film ausgesucht hat.

Wo kommt all das Blut her?

Eins sieht man „Das Geheimnis der Teufelspilze“ in jeder der 20 Minuten an: Alle Beteiligten hatten bei der Entstehung ihren Heidenspaß. Aber ob sich Budweiser, Jägermeister und der Gartengeräte-Hersteller Deltafox über das Product Placement freuen? Man weiß es nicht, und vielleicht ist es besser, bei diesen Unternehmen gar nicht erst nachzufragen, was sie davon halten, hier prominent in Szene gesetzt worden zu sein. Jedenfalls entzieht sich ein Film wie „Das Geheimnis der Teufelspilze“ jeglichen Bewertungskriterien ans herkömmliche oder professionelle Filmemachen, eben weil es sich nicht um professionelles Filmemachen handelt. Das verkennen viele, die womöglich in irgendeinem filmischen Umfeld oder einer Filmgruppe darauf stoßen, wo üblicherweise vornehmlich Mainstream thematisiert und konsumiert wird. Die Empörung ob solch mieser Machwerke ist dann groß, bestenfalls beömmelt man sich, auch wenn man vom Begriff Amateurfilm noch nie etwas gehört hat und Underground lediglich für eine U-Bahn hält. Als nur gelegentlich in den Underground hineinriechender Rezensent fällt es mir zugegebenermaßen schwer, einzuschätzen, wie „Das Geheimnis der Teufelspilze“ wohl bei Undergroundfans ankommen mag. Auf welchem Level ist das Werk in diesem enorm randständigen filmischen Segment einzuordnen? Ich weiß es nicht, und vielleicht muss man es auch gar nicht einordnen.

Raufen sich die Familien die Haare?

Eine Frage stellt sich mir bei diesem deftigen Trash-Geschoss: Wie nimmt eigentlich der dem Amateurfilmsektor nicht zugeneigte Teil des familiären und freundschaftlichen Umfelds die Leidenschaft seiner Lieben auf? Oder verschweigt beispielsweise ein Jim Aal seinen Eltern und Großeltern, dass er in seinem neuesten Film einer bedauernswerten Frau Avancen gemacht hat, indem er ihr etwas von der Klitoris erzählt hat, sie im Anschluss an die nachvollziehbare Abfuhr mit einem Hammer traktiert und aufs Gemeinste malträtiert und abgemurkst hat? Von gewissen Details im späteren Verlauf fängt er am besten gar nicht erst an. Vielleicht haben Aal, Master W, Zeglarski & Co. auch Glück und ihre Verwandten und Bekannten interessieren sich so wenig für Filme, dass sie gar nicht weiter nachfragen, wenn sie erfahren, dass diese an Filmproduktionen mitwirken. Oder es wird nur mal gefragt, wie sich denn Til Schweiger am Set benehme, und wenn die Antwort lautet, dass er nicht dabei war, erlischt jeder Funken Interesse.

Er kann das mit die Frauen

„Das Geheimnis der Teufelspilze“ wird seine Premiere am 8. Juli 2023 im Filmrisskino von Gevelsberg feiern, und das im Dreifachprogramm mit Zeglarskis vorherigem 14-Minüter „Lilli Got Sick“ (2022) und seinem parallel zum Pilzmassaker entstandenen „Violent Obsession“. Die Blu-ray von „Das Geheimnis der Teufelspilze“ und die DVD von „Violent Obsession“ werden jeweils 15 Euro kosten. Beide werden im Rahmen der Kinoaufführung ebendort zu kaufen sein. Bei Interesse an „Violent Obsession“ kann man Sebastian Zeglarski bei Facebook direkt kontaktieren, „Das Geheimnis der Teufelspilze“ wird im Online-Shop von P.S.Y.C.H.O. Productions erhältlich sein. Schließen möchte ich meinen Text mit einem guten Vorsatz von Master W am Ende von „Das Geheimnis der Teufelspilze“: Ich glaub, nächstes Wochenende lieber keine Pilze, oder?

Jim weiß eine Frau an sich zu binden

Veröffentlichung: 8. Juli 2023 als Blu-ray

Länge: 20 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Das Geheimnis der Teufelspilze
D 2023
Regie: Sebastian Zeglarski, Master W
Drehbuch: Sebastian Zeglarski, Master W
Idee: Sebastian Zeglarski, Jim Aal
Produktion: Crippler Criss
Kamera: Sebastian Zeglarski, Master W
Schnitt: Master W
Ton: Master W
Musik: European Breakdown
Setdekoration: Sebastian Zeglarski
Visuelle Effekte: Master W
Spezialeffekte: Sebastian Zeglarski
Spezialeffekteassistenz: Master W, Dr. Kalt
Casting: Sebastian Zeglarski
Besetzung: Jim Aal, Master W, Ska, Sebastian Zeglarski, Azraela Macabre, Dr. Kalt
Zusatzmaterial: Audiokommentar, Making-of, Interviews, Reportage, CGI-Tutorial, Trailer u. a.
Produktion/Label/Vertrieb: P.S.Y.C.H.O. Productions / Violent Art

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Packshot: © 2023 P.S.Y.C.H.O. Productions / Violent Art

 

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