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Das Geheimnis der Teufelspilze – Blutbad im Drogenrausch

Das Geheimnis der Teufelspilze

Von Volker Schönenberger

Kurzfilm-Horror // Zwei Kumpels (Jim Aal und Master W spielen sich selbst) sitzen beim Bier und kommen auf die Idee, sich zusätzlich ein paar Pilze einzuwerfen. Und zwar ganz besondere: Diese wachsen ausschließlich auf den Gräbern abgetriebener Föten uruguayanischer Haschisch-Nonnen und werden während ihrer Menstruation geerntet. Ein Gedicht! Nach einiger Zeit erwachen die beiden und finden sich blutbesudelt wieder. Was ist geschehen? Da Master W sein Dasein gern mittels Videokamera für sein „Pilztagebuch“ festhält, existiert sogar ein Film vom Filmriss. Was die beiden da zu sehen bekommen, bringt sie allerdings zum Haareraufen (löst aber gleichzeitig eine gewisse Begeisterung aus).

Jim Aal (l.), Master W und die Pilztüte

Wir haben es also mit einem Film zu tun, der zwei durchgeknallte Typen zeigt, die sich das von einem der beiden angefertigte Found Footage anschauen und dabei aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Jim Aal hält sich für einen friedlichen Menschen, muss aber mitansehen, dass er nach der Zurückweisung seiner Avancen durch eine junge Frau (Ska) eben diese mit einem Hammer niederschlägt, fesselt und aufs Übelste malträtiert.

Production Values aus dem Underground von NRW

„Das Geheimnis der Teufelspilze“ mutiert also zügig zu einem Folter- und Metzelfilm mit literweise fließendem Kunstblut. Bevor die zahlreichen Slasher-Fans frohlocken, seien sie gewarnt: Zwar ist man als diesem Horror-Subgenre zugeneigter Film-Connaisseur niedrig budgetierte Streifen gewohnt, denen man die geringen Finanzmittel auch ansieht. In diesem Fall allerdings müssen sie ihre Ansprüche an „Production Values“ nochmals herunterschrauben, denn wir haben es mit einem Trashfilm aus dem tiefen nordrhein-westfälischen Underground zu tun (gedreht wurde in Gevelsberg und dem benachbarten Asbeck). Es waren also lupenreine Amateure am Werk, was für Cast und Crew gleichermaßen gilt. Das verrät sogar der Film ausdrücklich, wenn Jim Aal als Minderleister und Geringverdiener gebrandmarkt wird.

Nein, die Dinger wirken überhaupt nicht

Gleichwohl natürlich keine unerfahrenen Leute. Sie alle haben vor und hinter der Kamera bereits an diversen Undergroundfilmen mitgewirkt. Wie in diesem Segment üblich, ist Multitasking angesagt. So zeichnet Hauptdarsteller Master W auch für Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt, Ton und visuelle Effekte verantwortlich. Sebastian Zeglarski („What’s Wrong with You?“, 2019) kann sich ebenfalls die Regisseurs-Credits ans Revers heften, schrieb mit Master W das Drehbuch, übernahm auch mal die Kamera (vor allem wohl in den Szenen von Master W) und war für die Setdekoration zuständig. Er lieferte auch gemeinsam mit dem zweiten Hauptdarsteller die Idee zur Story (zugegeben: Die Idee ist bereits die Story) und übernahm eine kleine Nebenrolle als Polizist. Obendrein veranwortete Zeglarski die derben Splattereffekte des Films. Das Blut sprudelt in Strömen aus den Schlagadern der bedauernswerten Frau mit der pinkfarbenen Perücke, wir bekommen ihren Darm und andere „innere Werte“ zu Gesicht. Ein Faible für Funsplatter ist beim Sichten hilfreich, eine Aversion dagegen bedeutet, dass man sich wohl den falschen Film ausgesucht hat.

Wo kommt all das Blut her?

Eins sieht man „Das Geheimnis der Teufelspilze“ in jeder der 20 Minuten an: Alle Beteiligten hatten bei der Entstehung ihren Heidenspaß. Aber ob sich Budweiser, Jägermeister und der Gartengeräte-Hersteller Deltafox über das Product Placement freuen? Man weiß es nicht, und vielleicht ist es besser, bei diesen Unternehmen gar nicht erst nachzufragen, was sie davon halten, hier prominent in Szene gesetzt worden zu sein. Jedenfalls entzieht sich ein Film wie „Das Geheimnis der Teufelspilze“ jeglichen Bewertungskriterien ans herkömmliche oder professionelle Filmemachen, eben weil es sich nicht um professionelles Filmemachen handelt. Das verkennen viele, die womöglich in irgendeinem filmischen Umfeld oder einer Filmgruppe darauf stoßen, wo üblicherweise vornehmlich Mainstream thematisiert und konsumiert wird. Die Empörung ob solch mieser Machwerke ist dann groß, bestenfalls beömmelt man sich, auch wenn man vom Begriff Amateurfilm noch nie etwas gehört hat und Underground lediglich für eine U-Bahn hält. Als nur gelegentlich in den Underground hineinriechender Rezensent fällt es mir zugegebenermaßen schwer, einzuschätzen, wie „Das Geheimnis der Teufelspilze“ wohl bei Undergroundfans ankommen mag. Auf welchem Level ist das Werk in diesem enorm randständigen filmischen Segment einzuordnen? Ich weiß es nicht, und vielleicht muss man es auch gar nicht einordnen.

Raufen sich die Familien die Haare?

Eine Frage stellt sich mir bei diesem deftigen Trash-Geschoss: Wie nimmt eigentlich der dem Amateurfilmsektor nicht zugeneigte Teil des familiären und freundschaftlichen Umfelds die Leidenschaft seiner Lieben auf? Oder verschweigt beispielsweise ein Jim Aal seinen Eltern und Großeltern, dass er in seinem neuesten Film einer bedauernswerten Frau Avancen gemacht hat, indem er ihr etwas von der Klitoris erzählt hat, sie im Anschluss an die nachvollziehbare Abfuhr mit einem Hammer traktiert und aufs Gemeinste malträtiert und abgemurkst hat? Von gewissen Details im späteren Verlauf fängt er am besten gar nicht erst an. Vielleicht haben Aal, Master W, Zeglarski & Co. auch Glück und ihre Verwandten und Bekannten interessieren sich so wenig für Filme, dass sie gar nicht weiter nachfragen, wenn sie erfahren, dass diese an Filmproduktionen mitwirken. Oder es wird nur mal gefragt, wie sich denn Til Schweiger am Set benehme, und wenn die Antwort lautet, dass er nicht dabei war, erlischt jeder Funken Interesse.

Er kann das mit die Frauen

„Das Geheimnis der Teufelspilze“ wird seine Premiere am 8. Juli 2023 im Filmrisskino von Gevelsberg feiern, und das im Dreifachprogramm mit Zeglarskis vorherigem 14-Minüter „Lilli Got Sick“ (2022) und seinem parallel zum Pilzmassaker entstandenen „Violent Obsession“. Die Blu-ray von „Das Geheimnis der Teufelspilze“ und die DVD von „Violent Obsession“ werden jeweils 15 Euro kosten. Beide werden im Rahmen der Kinoaufführung ebendort zu kaufen sein. Bei Interesse an „Violent Obsession“ kann man Sebastian Zeglarski bei Facebook direkt kontaktieren, „Das Geheimnis der Teufelspilze“ wird im Online-Shop von P.S.Y.C.H.O. Productions erhältlich sein. Schließen möchte ich meinen Text mit einem guten Vorsatz von Master W am Ende von „Das Geheimnis der Teufelspilze“: Ich glaub, nächstes Wochenende lieber keine Pilze, oder?

Jim weiß eine Frau an sich zu binden

Veröffentlichung: 8. Juli 2023 als Blu-ray

Länge: 20 Min.
Altersfreigabe: FSK ungeprüft
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Das Geheimnis der Teufelspilze
D 2023
Regie: Sebastian Zeglarski, Master W
Drehbuch: Sebastian Zeglarski, Master W
Idee: Sebastian Zeglarski, Jim Aal
Produktion: Crippler Criss
Kamera: Sebastian Zeglarski, Master W
Schnitt: Master W
Ton: Master W
Musik: European Breakdown
Setdekoration: Sebastian Zeglarski
Visuelle Effekte: Master W
Spezialeffekte: Sebastian Zeglarski
Spezialeffekteassistenz: Master W, Dr. Kalt
Casting: Sebastian Zeglarski
Besetzung: Jim Aal, Master W, Ska, Sebastian Zeglarski, Azraela Macabre, Dr. Kalt
Zusatzmaterial: Audiokommentar, Making-of, Interviews, Reportage, CGI-Tutorial, Trailer u. a.
Produktion/Label/Vertrieb: P.S.Y.C.H.O. Productions / Violent Art

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Packshot: © 2023 P.S.Y.C.H.O. Productions / Violent Art

 

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Horror für Halloween (XXV): Hagazussa – Der Hexenfluch: Mehr als ein deutsches „The Witch“

Hagazussa – Der Hexenfluch

Von Volker Schönenberger

Horror // Welch karges Leben: Im 15. Jahrhundert fristen die junge Albrun (Celina Peter) und ihre Mutter (Claudia Martini) ihr einsames Dasein als Ziegenhirtinnen in einer abgelegenen Hütte im Alpenland. Die Dörfler meiden sie, Albruns Mutter ist als Hexe in Verruf.

Mutter und Tochter führen ein entbehrungsreiches Leben …

Jahre später ist Albrun (Aleksandra Cwen) selbst Mutter einer Tochter. Mit dem Baby lebt sie weiterhin allein in der Hütte. Von den Menschen der Gegend begegnet ihr einzig Swinda (Tanja Petrovsky) mit Freundlichkeit. Diese begleitet Albrun eines Tages zum Pfarrer (Haymon Maria Buttinger), der ihr einen Vortrag über Blasphemie hält, die der Isolation entspringe. Fortan erleidet die junge Frau unheimliche Visionen.

… in der Kälte der Alpenwelt

Haben wir es mit Hexerei zu tun? Sind übernatürliche Elemente im Spiel? Diese Fragen bleiben lange offen, zumal sich „Hagazussa – Der Hexenfluch“ (2017) viel Zeit nimmt, seine düstere Stimmung zu transportieren und die Hauptfigur Albrun und ihr Dasein zu skizzieren. Eine herkömmliche Erzählung suchen wir vergebens, Atmosphäre geht hier vor Narration, Bild und insbesondere Ton sind wichtiger als Ereignisse oder gar Action, die überhaupt nicht vorkommt. Nach und nach dringen wir tiefer in Albruns Psyche ein, die von der Einsamkeit und der Ablehnung durch ihre Mitmenschen sichtlich mitgenommen wird.

Der Priester hat keine Hilfe zu bieten

Gesprochen wird deutsch mit österreichischem Dialekt, gelegentlich durchbrechen eindrucksvolle Bergpanoramen die unheimlichen Impressionen. Das ist nichts für den Freund üblichen Horror-Einerleis, bietet aber viel für ein aufgeschlossenes Publikum. Der deutsche Drehbuchautor und Regisseur Lukas Feigelfeld teilte sein Werk in vier Kapitel auf, die er „Schatten“, „Horn“, „Blut“ und „Feuer“ nannte, im Film mittels Runen nebst lateinischer Schrift eingeblendet. Seine Porträtierung Albruns als wie eine Aussätzige behandelte Frau, noch dazu alleinerziehend, mag trotz Verortung in der Historie auch als Kommentar zur Diskriminierung von Frauen in heutigen Gesellschaften zu interpretieren sein.

Der Tod hält Einzug

Das Wort Hagazussa entstammt dem Althochdeutsch und bedeutet Hexe. Mit dieser Thematik, der zeitlichen Ansiedlung der Handlung in der Vergangenheit, Szenenbild und Ausstattung ähnelt „Hagazussa – Der Hexenfluch“ auffällig „The Witch“ (2015) von Robert Eggers. Dessen Einfluss auf seinen Film wird Lukas Feigelfeld nicht leugnen, auch wenn er mit den Vorbereitungen schon längst begonnen hatte, als „The Witch“ in die Kinos kam. „Hagazussa – Der Hexenfluch“ stellt Feigelfelds Abschlussarbeit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin dar. Um sie zu finanzieren, startete der Regisseur eine Crowdfunding-Kampagne. Bemerkenswert: Während der Amerikaner Robert Eggers seit seinem Langfilmdebüt „The Witch“ mit „Der Leuchtturm“ (2019) und „The Northman” (2022) immerhin zwei weitere Regiearbeiten vorlegen konnte, hat Lukas Feigelfeld seit „Hagazussa – Der Hexenfluch“ keinen Film mehr gedreht. In Deutschland hat man es als Genrefilmer eben immer noch deutlich schwerer als anderswo oder als Regisseur von Romantikkomödien. Bedauerlich, denn Feigelfeld hat mit seiner Abschlussarbeit eine ambitionierte Schauermär vorgelegt, die weit mehr ist als ein deutsches „The Witch“ und auf weitere Filme hoffen lässt.

Grausig

Veröffentlichung: 23. Oktober 2020 als 2-Disc Limited Collector’s Edition (Blu-ray & DVD), 16. November 2018 als DVD, 3. August 2018 als Blu-ray, 27. Juli 2018 als 2-Disc Limited Edition Blu-ray und 2-Disc Limited Edition DVD

Länge: 102 Min. (Blu-ray), 98 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch
Originaltitel: Hagazussa – Der Hexenfluch
Internationaler Titel: Hagazussa – A Heathen’s Curse
A/D 2017
Regie: Lukas Feigelfeld
Drehbuch: Lukas Feigelfeld
Besetzung: Aleksandra Cwen, Haymon Maria Buttinger, Tanja Petrovsky, Franz Stadler, Claudia Martini, Celina Peter, Killian Abeltshauser
Zusatzmaterial: Audiokommentar von Lukas Feigelfeld, Trailer, Trailershow, nur Special Edition: Kurzfilm „Interferenz“ (46:32 Min.), Musikvideo „MMMD – Hagazussa Madichon“ (6:12 Min.), geschnittene Stadler-Szene 2 (2:33 Min.), 36-seitiges Booklet
Label: Indeed Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & Packshots: © 2018/2020 Indeed Film

 

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Einmal Hans mit scharfer Soße – Peinlich

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Kinostart: 12. Juni 2014

Gastrezension von Simon Kyprianou

Komödie // Das Wichtigste gleich vorweg: „Einmal Hans mit scharfer Soße“ ist ein schlechter Film, er ist dümmlich, miserabel gespielt, uninspiriert, nicht lustig, eine visuelle Katastrophe und er kann leider nicht einmal das profane Versprechen nach einfacher Comedy-Unterhaltung einlösen.

Zum Inhalt: Sehr zum Bedauern ihrer Eltern Ismail und Emine (Adnan Maral, Siir Eloglu) ist die Thirtysomething-Türkin Hatice Coskun (Idil Üner) trotz ihres „hohen“ Alters noch unverheiratet. Bisher ist das kein großes Problem, sie findet immer eine Ausrede, doch nun wird ihre ebenfalls unverheiratete jüngere Schwester Fatma (Sesede Terziyan) ungewollt schwanger. Folge: Fatma muss heiraten, bevor es jemandem auffällt – die Schande wäre sonst groß. Dummerweise erlaubt der Vater der jüngeren Schwester erst dann die Ehe, wenn die Ältere auch verheiratet ist. Ein Mann für Hatice muss also her, und zwar schnell.

Einmal Hans mit scharfer Soße

Antrittsbesuch bei den Eltern – ein Minenfeld

Das wirklich Ärgerliche an dem Film ist, wie lächerlich und würdelos er sich an seiner eigentlich ungemein wichtigen politischen Prämisse verhebt: dem Umgang mit dem Islam, seinen Werten und der Integration der Türken in Deutschand. Regisseur Buket Alakus traut sich nie, das Thema wirklich radikal und ehrlich anzupacken, er buchstabiert es nie aus, bewegt sich immer peinlich berührt um den heißen Brei herum.

Statt ehrliche Figuren und bissige, intelligente Comedy zu inszenieren, findet man in „Einmal Hans mit scharfer Soße“ nur stereotype Figuren und klischeehafte Türken-Witzchen, nicht subversiv, nicht intelligent. Eine typisch deutsche Mainstream-Komödie halt – ein Trauerspiel!

Länge: 96 Min.
Altersfreigabe: FSK 6
D 2013
Regie: Buket Alakus
Drehbuch: Ruth Toma, nach einem Roman von Hatice Akyün
Besetzung: Idil Üner, Adnan Maral, Siir Eloglu, Sesede Terziyan, Demet Gül, Julia Dietze, Max von Thun, Janek Rieke, Steffen Groth
Verleih: NFP / Filmwelt

Einmal Hans mit scharfer Soße

Ein strenger Vater – Verehrer der Tochter haben’s schwer!

Copyright 2014 by Simon Kyprianou
Filmplakat & Fotos: © 2014 NFP / Filmwelt

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 2014/06/11 in Film, Kino, Rezensionen

 

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