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Nächte des Grauens: Hammers einzige Zombies – und was für welche!

24 Mai

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The Plague of the Zombies

Kada nostra, kada estra! Kada nostra, kada estra! Kada nostra, kada estra!
(aus dem Voodoo-Leitfaden zur Zombie-Heraufbeschwörung, dritte Auflage 1859)

Horror // Gerade erst hat Dr. Peter Tompson (Brook Williams) mit ansehen müssen, wie sein Arztkollege Sir James Forbes (André Morell) Tompsons zum Zombie mutierte Ehefrau Alice (Jacqueline Pearce) mit dem Spaten geköpft hat. Ohnmächtig vor Entsetzen sinkt er am Rand des kleinen Friedhofs zu Boden. Als er wieder hochschreckt, ist er allein, und es geschieht noch mehr Grauenvolles: Die Toten erheben sich aus ihren Gräbern und wanken bedrohlich auf ihn zu.

Hat George A. Romero „Nächte des Grauens“ gesehen?

Diese wunderbare Szene ist einer der Höhepunkte in „Nächte des Grauens“, dem einzigen Beitrag der legendären englischen Horrorschmiede Hammer Films zum Zombiegenre. Diese Sequenz wie auch der gesamte Film mögen George A. Romero durchaus als eine der Inspirationsquellen für seinen bahnbrechenden Schocker „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968) gedient haben – neben Herk Harveys „Tanz der toten Seelen“ („Carnival of Souls“) von 1962. Zwar sind die Untoten des Hammer-Films Arbeitssklaven und noch nicht die nach Menschenfleisch gierenden Kreaturen, zu denen Romero sie machte; das Bedrohungsszenario der oben skizzierten Szene spricht aber eine deutliche Sprache.

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Ein düsteres Ritual

Die beiden erwähnten Ärzte Tompson und Forbes untersuchen Mitte des 19. Jahrhunderts mysteriöse Todesfälle in einem Dorf in Cornwall. Landarzt Tompson hat seinen angesehenen Kollegen Forbes extra deswegen gebeten, aus London anzureisen. Der Autopsie eines der Opfer haben sich die Dorfbewohner widersetzt, also begeben sich die Mediziner mit Spaten auf den Friedhof, um einen Leichnam heimlich zu exhumieren. Doch das Grab erweist sich als leer. Eine Spur führt zum finsteren Squire Clive Hamilton (John Carson). Auf dessen Landgut befindet sich ein altes Bergwerk, in dem sich die entsetzliche Lösung des Mysteriums offenbart.

Ein Höhepunkt im Schaffen von Hammer Films

Immer wieder schön, diese wunderbare Grusel-Atmosphäre, die die Klassiker von Hammer Films auszeichnet. All den Frankenstein- und Dracula-Filmen zum Trotz: „Nächte des Grauens“ gehört mit seinen herrlich gestalteten Untoten zu den besten Hammer-Produktionen. Wie im Booklet des Mediabooks (Näheres dazu siehe unten) zu lesen ist, entstand der Film als sogenannte Back-to-Back-Produktion zeitgleich mit „Das schwarze Reptil“. Das sah so aus, dass Sets und Kulissen leicht modifiziert für beide Filme genutzt wurden, um Kosten zu sparen. Der Einfachheit halber übernahm mit John Gilling auch gleich eine Person die Regie für beide Filme. Gilling drehte bald darauf für Hammer Films noch „Der Fluch der Mumie“, danach lief seine Karriere langsam aus.

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Sir James wird nach Cornwall eingeladen

Ein Grundbesitzer lässt untote Sklaven Frondienst leisten – dieses Motiv hat Drehbuchautor Peter Bryan möglicherweise Victor Halperins „White Zombie“ von 1932 entlehnt. Darin spielt Bela Lugosi den Ausbeuter Legrende auf Haiti. In „Nächte des Grauens“ hat Ausbeuter Hamilton sein Wissen um die Verbreitung des Zombiefluchs in Haiti gewonnen und nach England mitgebracht. Voodoo nennt sich das – der Zombie ist ein Teil dieser Mythologie und hat in „Nächte des Grauens“ und „White Zombie“ noch wenig mit dem Menschenfresser von Romero und dessen Epigonen zu tun. Steckt hinter der Charakterisierung der Finsterlinge als kapitalistische Bosse Sozialkritik oder war es nur ein willkommenes Motiv? Jedenfalls begehrt die Unterschicht gegen „die da oben“ auf, das nehmen wir auch in einem Horrorfilm gern wahr.

Anolis Entertainment übertrifft sich einmal mehr selbst

„Im Bann des Voodoo-Priesters“ lautet ein alter deutscher Verleihtitel des Films. Die deutsche Erstveröffentlichung auf DVD datiert von 2004 und ist lange vergriffen und gesucht. Nun ist dieser wunderbare Zombiefilm endlich auf Blu-ray erschienen, und Anolis Entertainment hat sich wieder alle Mühe gegeben. Allerdings sind beide Covervarianten des limitierten Mediabooks bereits kurz nach Erscheinen ausverkauft und werden auf dem Sammlermarkt langsam teuer. Wer auf aufwendige Verpackungen verzichten kann, ist mit der Standard-Blu-ray immerhin perfekt bedient: Sie enthält die gleiche Disc inklusive Bonusmaterial wie die Disc im Mediabook.

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Die Gesichtsfarbe deutet es an: Alice ist ein Zombie

Was Bild und Ton angeht, übertrifft die Blu-ray die alte DVD deutlich. Kontraste und Konturen, Farben und Details – nichts dran auszusetzen. Dennoch sieht der Film nicht aus wie heute gedreht. Gut so! Beim Ton wirkt die Originalspur etwas dynamischer und sauberer als die deutsche Synchronisation. Allerdings ist mein Sound-Equipment unterdurchschnittlich, daher ist diese Bewertung mit Vorbehalt zu sehen. So oder so hat Anolis Entertainment ganze Arbeit geleistet.

Sogar der Comic zum Film ist auf der Blu-ray

Das Zusatzmaterial ist üppig. Das bereits von der DVD bekannte 1994er-Interview mit Hammer-Stammkomponist James Bernard ist ebenso enthalten wie ein Making-of und ein Featurette über André Morell. Ein sehr schöner Bonus ist auch die englische Comic-Version des Films in Schwarz-Weiß, die über knapp 18 Minuten inklusive einiger Toneffekte aus dem Film zur vollständigen Lektüre gezeigt wird. Sie ist erstmals 1977 in Ausgabe 13 von „The House of Hammer“ veröffentlicht worden. Auch das in 1:46 Min. gezeigte deutsche Filmprogramm („Illustrierte Film-Bühne“ Nr. 7380) ist eine nette Dreingabe. Komplettisten werden sich obendrein über die 25-minütige Super-8-Fassung von „The Plague of the Zombies“ in englischer Sprache freuen.

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Am Dasein dieser Herren gibt es noch weniger Zweifel

Der Audiokommentar stammt von den Filmexperten Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad und liegt sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache vor. Dem Vernehmen nach ist er überaus unterhaltsam und kenntnisreich. Mir hat sich der Reiz von Audiokommentaren nie so recht erschlossen, aber da Giesen und Sommerlad auch die Booklet-Texte des Mediabooks geschrieben haben, kann ich immerhin beurteilen, dass sie wohl wissen, wovon sie gesprochen haben. Wer Audiokommentare mag, dürfte mit diesem somit vollauf zufrieden sein. Mit dem Booklet bin ich es jedenfalls sehr.

Weshalb enthalten deutsche Discs selten englische Untertitel?

Wenn ich denn unbedingt ein Haar in der Suppe finden will, dann ist es die Tatsache, dass sich bei uns leider nach wie vor englische Untertitel nicht durchgesetzt haben. Originalversionen ohne oder mit deutschen Untertiteln zu schauen, mag den meisten Filmguckern ausreichen, aber ich empfinde englische Untertitel einfach als weniger ablenkend und bin da womöglich nicht der Einzige. Aber das ist angesichts einer so großartigen Veröffentlichung nichts weiter als Jammern auf hohem Niveau.

Nur „Ich folgte einem Zombie“ ist vor 1968 besser

„Nächte des Grauens“ bietet großartigen Grusel in ganz wunderbarer Atmosphäre und gehört in jede gut sortierte Sammlung klassischer Horrorfilme – am besten in Form des Mediabooks von Anolis Entertainment oder zumindest der Standard-Blu-ray. Um ihn außerhalb des Hammer-Schaffens im Zombiegenre einzuordnen: Unter den Filmen vor Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ rangiert er hinter Jacques Tourneurs „Ich folgte einem Zombie“ von 1943, aber vor dem erwähnten „White Zombie“ auf einem hervorragenden zweiten Platz. Wenn das nichts ist.

Die Anolis-Entertainment-Reihe mit Produktionen von Hammer Films haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgeführt.

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In der Gewalt der Zombies

Veröffentlichung: 30. April 2015 als Blu-ray im limitierten Mediabook (in zwei Covervarianten) und Blu-ray, 22. Januar 2004 als DVD

Länge: 90 Min. (Blu-ray), 86 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: The Plague of the Zombies
Alternativer deutscher Verleihtitel: Im Bann des Voodoo-Priesters
GB 1966
Regie: John Gilling
Drehbuch: Peter Bryan
Besetzung: André Morell, Diane Clare, Brook Williams, Jacqueline Pearce, John Carson, Alexander Davion, Michael Ripper, Marcus Hammond, Dennis Chinnery, Roy Royston, Louis Mahoney, Ben Aris
Zusatzmaterial: Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad, Making-of: „Raising the Dead“ (35 Min.), Featurette André Morell (19 Min.), Interview mit James Bernard (1994, 20 Min.), Internationale Titelsequenz (3:45 Min.), britischer Trailer (1:54 Min.), internationaler Trailer (2:19 Min.), US-Double-Feature-Trailer (3:07 Min.), deutscher Trailer (2:10 Min.), Super-8-Fassung (25:08 Min.), Comic-Adaption (17:50 Min.), Filmprogramm (1:46 Min.), Werberatschlag (3:21 Min.), Presseheft (2:35 Min.), Bildergalerie (6:08 Min.), , nur Mediabook: Booklet mit Text von Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad
Vertrieb: Anolis Entertainment

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Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2015 Anolis Entertainment

 
 

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5 Antworten zu “Nächte des Grauens: Hammers einzige Zombies – und was für welche!

  1. Wortman

    2015/05/24 at 18:33

    Ich folgte einem Zombie habe ich bestimmt dreimal geguckt 😀 Ich mag diese alten Sachen unheimlich gerne 🙂

     

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