The Passage
Von Volker Schönenberger
Kriegs-Action // Während des Zweiten Weltkriegs lässt sich ein baskischer Hirte (Anthony Quinn) von der französischen Resistance beauftragen, den von den Nazis gesuchten Wissenschaftler Professor John Bergson (James Mason) über die verschneiten Pyrenäen nach Spanien in Sicherheit zu bringen. In Toulouse trifft er auf seinen Verbindungsmann Alain Renoudot (Michael Lonsdale), der ihn zum Versteck von Bergson bringt. Verstimmt stellt der Hirte fest, dass er auch dessen Ehefrau Ariel (Patricia Neal) und die beiden halbwüchsigen Kinder Leah (Kay Lenz) und Paul (Paul Clemens) über die Berge führen soll.
Der Hirte nimmt einen gefährlichen Auftrag an
Während der Anwesenheit des Hirten fliegt das Versteck der Bergsons auf. Ihm und der Familie gelingt mit Müh und Not die Flucht. Doch Renoudot wird gefasst und vom SS-Hauptsturmführer von Berkow (Malcolm McDowell) gefoltert, um den Fluchtweg des Wissenschaftlers aus ihm herauszupressen. Gibt es vor dem grausamen Jäger ein Entkommen?
Vom Regisseur von „Die Kanonen von Navarone“
Regisseur J. Lee Thompson hatte 18 Jahre zuvor mit „Die Kanonen von Navarone“ (1961) einen Klassiker des Kriegsabenteuerfilms inszeniert. An diese Großtat kommt „Der Pass des Todes“ trotz großer Spannung nicht heran, zu stark prägen überzogen exploitative Elemente das Werk. Daran muss sich niemand stören, aber es verhindert eben die Einordnung als großen Film.
Der Wissenschaftler Dr. Bergson und seine Familie fliehen vor den Nazis
Zur Exploitation trägt nicht zuletzt Malcolm McDowell („Uhrwerk Orange“) bei, der die Bösartigkeit seiner Figur mit ausgesuchter Jovialität vereint und überzeichnet, geradezu verzerrt. Auch das muss man nicht negativ sehen, es war McDowells Herangehensweise an eine Produktion, die er offenbar von vornherein nicht ernst nahm. Dem Vernehmen nach war es seine Idee, bei einer Szene eine hinten offene Unterhose (oder ist’s ein Suspensorium?) zu tragen, die vorn mittig ein großes Hakenkreuz zierte. Also wirklich! Und: Es gibt kaum eine Grausamkeit im Krieg, die die SS nicht begangen hat, und derlei selbstherrliche Offiziere von Hitlers Schutzstaffel mag es zuhauf gegeben haben. In einem online leider nicht zu findenden Interview hat McDowell 1981 offenbar geäußert, der Film sei völliger Unsinn und er habe die Rolle nur aus dem Grund angenommen, um eine Steuerschuld bezahlen zu können. Zwei Jahre später klang das im Interview mit dem Starlog Magazine schon ganz anders: Der Film enthalte mit die beste Arbeit, die er je geleistet habe. Es sei ihm gelungen, die gesamte Ära der Nazityrannei auf eine überzeugend bösartige Weise in ein Dutzend Szenen zu packen.
Die Mission erweist sich von Anfang an als Himmelfahrtskommando
Die übrigen Darstellerinnen und Darsteller agieren deutlich zurückhaltender als McDowell. Anthony Quinn hatte zuvor bereits bei „Die Kanonen von Navarone“ und „Der große Grieche“ (1978) mit Regisseur Thompson zusammengearbeitet. Quinn und James Mason („Lolita“, „Brennen muss Salem“) adeln jede Besetzung, so auch hier. Das gilt ebenso für Christopher „Dracula“ Lee, der einen Landfahrer spielt, der dem Hirten und den Bergsons für kurze Zeit Unterschlupf in seinem Planwagen gewährt. In einer kleinen Nebenrolle als deutscher Soldat ist zudem Jim Broadbent („Brazil“) zu sehen.
„On Location“ gedreht
An den an Originalschauplätzen in den Pyrenäen und einem Studio in Nizza entstandenen Bildern gibt es nichts auszusetzen, was sowohl für Totalen in den Bergen als auch für Nahaufnahmen der Figuren gilt. Kameramann Michael Reed („James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät“) verstand sein Handwerk. Gedreht wurden im Übrigen drei Finals, die es allesamt nacheinander in den Film schafften. Klingt sonderbar, funktioniert aber, auch wenn man es speziell bei der letzten Szene sehr merkt, dass sie hinter einer anderen herangeklatscht wurde. Am besten gefällt mir der mittlere Showdown, Stichwort: Lawine.
Bei einer Schar Landfahrer ….
Einige zeitgenössische Kritiker ließen kein gutes Haar an der Verfilmung von Bruce Nicolaysens Roman „Perilous Passage“ (er hatte sein Werk selbst zu einem Drehbuch umgearbeitet). So schrieb Vincent Canby von der New York Times, „The Passage“, so der Originaltitel, sei so schrecklich, dass man unterstellen müsse, er sei nur entstanden, um als steuerliches Abschreibungsobjekt zu dienen. Ganz so schlimm ist es nicht, seinen großen Unterhaltungswert will ich dem Film nicht absprechen. Das Kinopublikum wollte sich davon aber nur bedingt ein Bild machen, „Der Pass des Todes“ erwies sich als Flopp. Sei’s drum, dank der Neuveröffentlichung auf Blu-ray und DVD von explosive media kann sich nun ein modernes Kriegskino gewöhntes deutsches Publikum ein Bild davon machen. Manch ein Filmgucker wird sich abwenden, aber wer Kriegsabenteuer mit einem Hauch (okay, vielleicht mehr als ein Hauch) Exploitation goutieren kann, kann bedenkenlos zuschlagen.
… um deren Anführer (l.) finden der Hirte und seine Schützlinge nur kurz Ruhe
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von J. Lee Thompson haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Jim Broadbent, Christopher Lee, James Mason, Malcolm McDowell und Anthony Quinn unter Schauspieler. Welche Filme von J. Lee Thompson sind eure Favoriten? Und welche seiner bei „Die Nacht der lebenden Texte“ noch nicht berücksichtigten Regiearbeiten haben es verdient, hier aufgenommen zu werden?
SS-Hauptsturmführer von Berkow scheut keine Grausamkeit
Veröffentlichung: 11. November 2021 als Blu-ray und DVD, 20. Februar 2012 als DVD
Länge: 109 Min. (Blu-ray), 105 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: The Passage
GB 1979
Regie: J. Lee Thompson
Drehbuch: Bruce Nicolaysen, nach seinem eigenen Roman „Perilous Passage“
Besetzung: Anthony Quinn, James Mason, Malcolm McDowell, Christopher Lee, Patricia Neal, Kay Lenz, Paul Clemens, Robert Rhys, Marcel Bozzuffi, Michael Lonsdale, Peter Arne, Neville Jason, Robert Brown, Rose Alba, Jim Broadbent, Frederick Jaeger
Zusatzmaterial 2021: Original Kinotrailer, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial, Wendecover
Zusatzmaterial 2012: Original Kinotrailer, Bildergalerie, Biografien, Trailershow
Label 2021: explosive media
Vertrieb 2021: Koch Films
Label/Vertrieb 2012: KSM GmbH
Copyright 2021 by Volker Schönenberger
Szenenfotos & unterer Blu-ray-Packshot: © 2021 explosive media, DVD-Packshot: © 2012 KSM GmbH
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