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Colors – Farben der Gewalt: Dennis Hoppers eindringlicher Blick auf Cops und Gangster

04 Dez

Colors

Von Volker Schönenberger

Actionthriller // Wir schreiben die 80er-Jahre. „CRASH“ nennt sich die Abteilung des Los Angeles Police Department, die sich mit Bandenverbrechen beschäftigt – das Akronym steht für „Community Resources Against Street Hoodlums“ (Kommunale Ressourcen gegen das Straßengangsterwesen). Mit der „OSS“ („Operation Safe Streets“ – Operation sichere Straßen) des Los Angeles County Sheriff’s Department formt „CRASH“ eine Einheit von 250 Ordnungshütern. Ihnen gegenüber stehen im Großraum Los Angeles mehr als 600 Gangs mit 70.000 Mitgliedern.

Die ungleichen Cops Hodges (l.) und McGavin …

Nach dieser Einordnung per zu Beginn eingeblendeter Texttafel werden wir unmittelbar ins Geschehen geworfen: Dem erfahrenen „CRASH“-Officer Bob Hodges (Robert Duvall) wird der so eitle wie heißblütige Anfänger Danny McGavin (Sean Penn) als neuer Partner zugeteilt. Ihr erster gemeinsamer Einsatz führt sie gleich an den Tatort eines Mordes: Bei einem Drive-by-Shooting wurde ein Mitglied einer Bloods-Gang abgeknallt. Die Bluttat beging offenbar ein Mitglied der Crips. Während Hodges versucht, in der Testosteron-geschwängerten Atmosphäre der Gangs besonnen zu agieren, gehen mit McGavin schnell mal die Pferde durch. Doch den beiden bleibt nichts anderes übrig, als sich zusammenzuraufen, wollen sie im permanent schwelenden Krieg der verfeindeten Gangs nicht untergehen.

Die Bloods und die Crips

Die Bloods und die Crips gibt es wirklich – die beiden in der Drogenkriminalität aktiven Gangs wurden in den 60er- bzw. 70er-Jahren in Los Angeles gegründet und zeichnen sich durch hohe Gewaltbereitschaft aus. Als Erkennungsfarbe dient den Crips Blau, während sich die Bloods für Rot entschieden haben. So richtig clever erscheint das nicht, da es die Identifizierung durch Polizei und rivalisierende Gangs erleichtert, aber sei’s drum.

… müssen sich als Partner zusammenraufen

Schauspieler Dennis Hopper („Apocalypse Now“) hatte 1969 mit dem Biker-Kultfilm „Easy Rider“ sein Regiedebüt vorgelegt, seine beiden folgenden Regiearbeiten „The Last Movie“ (1971) und „Out of the Blue“ (1980) fanden allerdings deutlich weniger Beachtung. Mit „Colors – Farben der Gewalt“ gelingt ihm 1988 ein erstaunlich stilsicherer Blick auf die Gang-Szene von Los Angeles und gleichzeitig ein herausragender Beitrag zum sogenannten Police-Procedural-Film – einem Subgenre des Krimis, das starken Fokus auf die Alltagsrealität von Polizisten sowie ihre Einsätze und ihr Vorgehen legt. Es ist ein Buddy-Movie, dem allerdings der kumpelhafte Humor anderer Vertreter wie „Red Heat“ aus dem gleichen Jahr und der „Lethal Weapon“-Reihe abgeht.

Der Veteran und der Rookie

Die Konstellation des erfahrenen Cops, der einen Rookie unter seine Fittiche nimmt, war auch 1988 nicht mehr neu, wird aber von Robert Duvall und Sean Penn mit feinfühliger Schauspielkunst zum Leben erweckt. Gleichzeitig versucht sich Regisseur Hopper auch daran, ins Gangleben vorzudringen und ein Gefühl, wenn nicht gar Verständnis dafür aufzubringen – wenn nicht für die allgegenwärtige Kriminalität, so doch für den Zusammenhalt der Gangs, die sich als Familien begreifen und deren Mitglieder bei aller Coolness doch starke Emotionen zeigen. Sofern sie nicht gerade zu stoned sind. Ob das authentisch ist, vermag ich mangels eigener Einblicke in diese fremde Welt nicht zu beurteilen, es wirkt jedenfalls so. Immerhin waren echte Gangmitglieder an der Produktion beteiligt, von denen angeblich sogar zwei während der Dreharbeiten erschossen wurden.

Im Einsatz im Ghetto …

Die sorgfältig ausgewählten Songs des Soundtracks, darunter der Titeltrack von Ice-T (siehe unten), geben den Takt vor – mit starken Hip-Hop-Beats, aber nicht nur, denn die Cops hören selbstverständlich andere Musik. In vielen Sequenzen verzichtet Hopper auch auf auf musikalische Untermalung – gut so.

… ist höchste Aufmerksamkeit geboten

Die alten DVD-Auflagen von „Colors – Farben der Gewalt“ sind im Handel vergriffen, daher ist die Neuveröffentlichung von capelight pictures zu begrüßen. Das Mediabook kommt in zwei Covervarianten daher. Es hält die Qualität, die wir von den Veröffentlichungen des Labels kennen. Im Booklet finden sich ein kenntnisreicher Text zur Tradition des Police-Procedural-Films, Ausführungen über Vorproduktion und Dreharbeiten sowie die Welt der Straßengangs. Ein Text beschäftigt sich auch mit der Resonanz auf den Film, der seinerzeit fürs Kino um ein paar durchaus nicht unbedeutende Sequenzen gekürzt worden war. Das capelight-Mediabook enthält sowohl die Langfassung (auf Blu-ray und DVD) sowie auf einer Bonus-Blu-ray auch den Kino-Cut. „Colors – Farben der Gewalt“ hat auch heute nichts an seiner Intensität eingebüßt und das Bild des realistischen Gang-Thrillers entscheidend mitgeprägt. Ein Meisterwerk und „Easy Rider“ zum Trotz Hoppers womöglich beste Regiearbeit.

Don Cheadle und Tony Todd

In einer kleinen Rolle als Mitglied der Crips ist Don Cheadle zu sehen. Nach „Hamburger Hill“ (1987) markiert „Colors – Farben der Gewalt“ den zweiten Kinoauftritt des später für „Hotel Ruanda“ (2004) für den Oscar nominierten Schauspielers. Horrorfans, aufgepasst: Bei einer Bürgerversammlung eine halbe Stunde nach Beginn hat Genre-Ikone Tony Todd („Candymans Fluch“) einen kurzen Auftritt als Vietnamveteran, der seinem Ärger Luft macht.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit María Conchita Alonso haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet, Filme mit Don Cheadle, Robert Duvall, Dennis Hopper, Sean Penn und Tony Todd unter Schauspieler. Einen lesenswerten Text zu „Colors – Farben der Gewalt“ hat auch Christoph auf seinem Blog „Fluxkompensator“ veröffentlicht.

Ein kurzer Moment der Entspannung

Veröffentlichung: 1. Dezember 2017 als 3-Disc Limited Collector’s Edition (Blu-ray & 2 DVDs, zwei Covervarianten) und DVD, 4. September 2006 als DVD (20th Century Fox Home Entertainment), 26. Juli 2001 als DVD (MGM Home Entertainment)

Länge: 127 Min. (Blu-ray, Unrated Cut), 120 Min. (Blu-ray, Kinofassung), 122 Min. (DVD, Unrated Cut)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Colors
USA 1988
Regie: Dennis Hopper
Drehbuch: Michael Schiffer
Besetzung: Sean Penn, Robert Duvall, María Conchita Alonso, Randy Brooks, Grand L. Bush, Don Cheadle, Gerardo Mejía, Sy Richardson, Glenn Plummer, Trinidad Silva, Damon Wayans, Tony Todd
Zusatzmaterial: „Notruf“: Interview mit Drehbuchautor Michael Schiffer, „Räuber & Gendarm“: Interview mit Dennis Fanning (technischer Berater am Set und ehemaliges Mitglied der LAPD Gang Division), Kinotrailer, Trailershow
Label: capelight pictures
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2017 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2017 Al!ve AG / capelight pictures

 

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