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Regression – Satanisten allerorten

Regression

Von Volker Schönenberger

Psychothriller // Zu Beginn von „Regression“ erfahren wir mittels Texteinblendung, seit 1980 seien Berichte über satanische Rituale in den USA an die Öffentlichkeit gelangt. Panik und Misstrauen hätten sich in vielen Gemeinden ausgebreitet und der Film sei von wahren Begebenheiten inspiriert.

Detective Kenner (l.) verhört den geständigen John Gray …

Das Geschehen setzt am 14. Oktober 1990 in Hoyer im US-Staat Minnesota ein. John Gray (David Dencik) sucht die Polizeirevierwache auf, nachdem bekannt geworden ist, dass seine 17-jährige Tochter Angela (Emily Watson) in der örtlichen Kirchengemeinde Zuflucht gesucht hat. Die Halbwaise beschuldigt ihren Vater des sexuellen Missbrauchs. Gegenüber Detective Bruce Kenner (Ethan Hawke) gesteht John das Verbrechen, gibt aber an, sich an nichts erinnern zu können. Der Kriminalist zieht den renommierten Psychologe Kenneth Raines (David Thewlis) hinzu, der zügig beginnt, an John Gray eine hypnotische Regression vorzunehmen. Schon die erste Sitzung befördert eine Überraschung ans Tageslicht, und bald scheint sich eine Verschwörung satanistischen Ausmaßes zu offenbaren.

Die Angst vor dem Satanismus

„Regression“ bedient sich mit Figuren in schwarzen Kapuzenumhängen und mit weiß geschminkten Gesichtern etwas arg plakativ typischer satanistischer Klischees, die sich seit Jahrzehnten medialer Verbreitung erfreuen. Dabei bezieht sich der Horrothriller recht klar erkennbar auf den Bestseller „Michelle Remembers“ von 1980. Dessen Autor Lawrence Pazder und Autorin Michelle Smith behaupteten, mittels einer umstrittenen Therapie an Smith begangene satanistische Rituale aus ihrer Erinnerung hervorgeholt zu haben, die der Psychiater Pazder an ihr ausgeführt habe – die Therapie, nicht die Rituale. Die 1980er-Jahre waren insbesondere in den USA die Hochzeit der Berichte über derlei Praktiken. Ob an ihnen etwas dran war, ließ sich oft nicht verifizieren (ein gern genommener „Beweis“ von Verschwörungstheorien – die Unbeweisbarkeit belege den Wahrheitsgehalt).

… und spricht auch mit dessen Tochter Angela

Trotz etwas Langatmigkeit liefert „Regression“ fesselndes Kino ab, das seine Spannung aber weniger aus eine spektakulären Bedrohung als aus Einblicken in die menschliche Psyche zieht. Ethan Hawke („Lord of War – Händler des Todes“), der einmal mehr überzeugende Schauspielkunst darbietet, verstrickt sich als von seinem Fall mehr und mehr besessener Detective peu à peu in einem Netz aus Anschuldigungen, Erinnerungen oder vermeintlichen Erinnerungen – und Albträumen, die nicht nur er erleidet. Oder sind es keine Albträume, sondern Erinnerungen? Oder sind die Erinnerungen, die der Psychologe Kenneth Raines hervorholt, am Ende keine Erinnerungen, sondern Fantasien? Mit der Erörterung solcher Fragen entwickelt „Regression“ eine Doppelbödigkeit, die durchaus Sogwirkung entfaltet, auch wenn die eine oder andere psychologische Erklärung nicht gerade subtil daherkommt und am Ende nicht jede vorherige Szene stimmig wirkt. Final lässt sich der Eindruck nicht leugnen, dass mehr drin gewesen wäre. Insbesondere die von Emma Watson („Die Schöne und das Biest“) verkörperte Angela hat zu wenig Präsenz, was sowohl an ihren wenigen und kurzen Auftritten als auch an Watsons recht eindimensional wirkendem Spiel liegen mag.

Der Cop weiß bald nicht mehr, wo ihm der Kopf steht

Sein 15-Millionen-Dollar-Budget übertraf der in der kanadischen Provinz Ontario gedrehte Thriller an den Kinokassen um lediglich zweieinhalb Millionen Dollar. Das mag nicht zuletzt dem Einspielergebnis im wichtigen US-Markt geschuldet sein, wo „Regression“ nur 55.000 Dollar erzielte.

Vom Regisseur von „The Others“

Regisseur Alejandro Amenábar drehte „Regression“ nach eigenem Drehbuch. Seine bekanntesten Arbeiten dürften der Spukhausfilm „The Others“ (2001) mit Nicole Kidman und das biografische Drama „Das Meer in mir“ (2004) mit Javier Bardem sein, sein bester Film ist meines Erachtens der Horrorthriller „Tesis – Faszination des Grauens“ (1996). Von dessen Klasse ist „Regression“ merklich entfernt, aber wer bereit ist, sich auf einen Psychothriller einzulassen, der gesellschaftliche Strömungen aufgreift, wird nicht enttäuscht werden.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Emma Watson haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet, Filme mit Ethan Hawke und David Thewlis unter Schauspieler.

Kann der Psychologe Kenneth Raines (r.) Licht ins Dunkel bringen?

Veröffentlichung: 26. Februar 2016 als Blu-ray im Steelbook, Blu-ray und DVD

Länge: 106 Min. (Blu-ray), 102 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte
Originaltitel: Regression
SP/KAN/USA 2015
Regie: Alejandro Amenábar
Drehbuch: Alejandro Amenábar
Besetzung: Ethan Hawke, Emma Watson, David Thewlis, Dale Dickey, Lothaire Bluteau, David Dencik, Devon Bostick, Aaron Ashmore, Peter MacNeill, Adam Butcher, Jacob Neayem, Aaron Abrams, Catherine Disher, Julian Richings, Kristian Bruun, Wendy Lyon
Zusatzmaterial: Making-of (10:59 Min.), Mini-Making-of (4:05 Min.), Featurettes: „Detective Kenner“ (2:02), „Angela“ (2:25), „Die Vision“ ()2:36 Min.), „Die Besetzung“ (2:23 Min.), B-Roll, Interviews, Bildergalerie, deutscher Teaser, deutscher Trailer, Originaltrailer, Interviews mit Ethan Hawke (9:43 Min.), Emma Watson (11:21 Min.), Alejandro Amenábar (21:01 Min.), David Thewlis (4:47 Min.), David Dencik (2:09 Min.), Dale Dickey (1:57 Min.), Lothaire Bluteau (1:15 Min.) und Devon Bostick (1:23 Min.), Online-Spots, Trailershow, Wendecover
Label: Tobis
Vertrieb: WVG Medien GmbH

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & untere Packshots: © 2015 Tobis

 

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Dragonheart – Drachen müssen fliegen

DragonHeart

Von Andreas Eckenfels

Fantasy-Abenteuer // In der HBO-Hitserie „Game of Thrones“ (2011–2019) flogen die Drachen dank der Arbeit der deutschen Effekteschmiede Pixomondo so realistisch wie nie zuvor über die Bildschirme. Ähnlich tricktechnisch beeindruckend in jüngster Vergangenheit war der Drache Smaug in Peter Jacksons „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ (2013), hergestellt von Weta Workshop in Neuseeland.

Doch bis diese mystischen Fantasy-Wesen filmisch derart detailgetreu ihre Flügel spannen und abheben konnten, war es ein langer Weg. Das 20 Meter lange Modell von Fafnir, dem Lindwurm aus „Die Nibelungen – Siegfried“ (1924) von Fritz Lang, wurde von 17 Männern im Inneren bewegt. Auch die Stop-Motion-Technik war für Drachen beliebt, besonders natürlich von Ray Harryhausen (1920–2013) perfektioniert, etwa in „Sindbads siebente Reise“ (1958), in dem der Held gegen den echsenartigen Taro antritt. Zeichentrick-Drachen gab es viele, besonders die „Drachenzähmen leicht gemacht“-Trilogie (2010–2019) hatte zahlreiche verschiedene Exemplare zu bieten, und es gab natürlich auch Disneys „Elliott, das Schmunzelmonster“ (1977), dessen Animationen in einen Realfilm einkopiert wurden. Einer der bekanntesten Animatronic-Drachen, auf dem viele Kinder in den Bavaria Filmstudios schon ritten, ist der Glücksdrache Fuchur aus „Die unendliche Geschichte“ (1986).

Ritter Bowen hat schon viele Schlachten geschlagen

Anfang der 1980er-Jahre wurde das altbekannte Stop-Motion-Verfahren durch Go-Motion zunehmend abgelöst. Die Technik kam zum Beispiel bei den Fabelwesen in „Der Drachentöter“ (1981) und „Willow“ (1988) zum Einsatz. An beiden Werken war Phil Tippett von Industrial Light & Magic maßgeblich beteiligt, der 1993 mit einigen Kollegen die filmische Tricktechnik schließlich revolutionierten sollte: Die atemberaubend echt wirkenden Dinos aus „Jurassic Park“ waren fast komplett am Computer entstanden. Der Oscar für die besten visuellen Effekte war der Lohn – und für ihn und seine Firma ein weiterer Auftrag bereits im Anflug: In „Dragonheart“ (1996) sollte dem Drachen Draco noch aufwendiger als bei Steven Spielbergs Urzeitviechern per CGI-Technik digitales Leben eingehaucht werden.

Ritter und Drache schmieden eine Allianz gegen den König

984 nach Christus: Ritter Bowen (Dennis Quaid) hat schon viele Schlachten geschlagen. Er lebt nach dem alten Kodex und will auch seinen jungen Schüler, Prinz Einon (Lee Oakes), auf den ehrenhaften Pfad der Tugend führen. Besonders deshalb, weil dessen Vater ein echter Tyrann ist. Als jedoch König Freyne (Peter Hric) von aufständischen Bauern getötet und Prinz Einon von dem Bauernmädchen Kara (Sandra Kovacicova) schwer verletzt wird, weiß nur Königin Aislinn (Julie Christie), wer ihrem Sohn das Leben retten kann: ein Drache, der dem Prinzen schließlich sein halbes Herz zum Überleben schenkt.

Erst Feind, dann Freund: Bowen und Draco

Zwölf Jahre später hat sich König Einon (David Thewlis) im Vergleich zu seinem Vater zu einem noch schlimmeren Herrscher entwickelt. Ritter Bowen ist darüber so verbittert, dass er nun als Drachentöter durch die Lande zieht. Er ist überzeugt davon, dass das halbe Drachenherz Einon in einen schlechten Menschen verwandelt hat. Auf seinem Weg begleitet ihn der Mönch Gilbert (Pete Postlethwaite), der vom Heldenmut des Ritters schwer beeindruckt ist. Eines Tages trifft Bowen auf einen Drachen namens Draco, der ihm ordentlich Paroli bietet. Der Kampf endet in einem Patt – und da Draco erzählt, er sei der letzte seiner Art, schließen der Ritter und der Drache einen Pakt: Nachdem Draco zum Schein ein Dorf angegriffen hat, lässt sich Bowen für ein kleines Salär von den Einwohnern anwerben und bringt den Drachen nach einer kurzen Jagd mutmaßlich zur Strecke.

Ausgerechnet im Dorf von Kara (Dina Meyer) geht das kleine Schauspiel schief. Von Kara erfährt Bowen auch, wie sehr die Bevölkerung unter dem unbarmherzigen Einon zu leiden hat. Zunächst sträubt sich der Ritter, gegen seinen früheren Schüler zu Felde zu ziehen. Doch als Draco ihm verrät, dass er es war, der dem Prinzen damals das Leben gerettet hatte, und er mit diesem Akt auch eigentlich den Bund zwischen Menschen und Drachen wieder erneuern wollte – was gründlich schief ging –, fühlt sich auch Bowen an seinen alten Kodex erinnert: Er will die Schwachen beschützen und nimmt mit Draco und einigen Bauern den Kampf gegen König Einon auf.

Vergnügliches Fantasy-Abenteuer wird zum Flop

Der Erfolg von „Jurassic Park“ hatte den Weg geebnet. Als „Dragonheart“ 1996 in die weltweiten Kinos kam, waren die Erwartungen bei den Produzenten von Universal groß: Während Steven Spielberg 57 digitale Sauriereffekte einsetzte, benötigte Draco stolze 182 CGI-Effekte. Und diese verschlangen ebenfalls stolze 22 Millionen Dollar der Gesamtproduktionskosten von 57 Millionen Dollar. Warum das Fantasy-Abenteuer von Regisseur Rob Cohen damals aber kein Kassenschlager wurde, kann man heute nur mutmaßen. In den USA spielte der Film gerade mal 51 Millionen Dollar ein und landete im Jahresranking sogar noch hinter „Beavis und Butt-Head machen’s in Amerika“ – was nicht heißen soll, dass das Trickabenteuer der beiden MTV-Metalheads schlecht ist. Auch in Deutschland strömten lediglich knapp über 1,5 Millionen Zuschauer in die Kinos. Das weltweite Gesamteinspielergebnis pendelte sich am Ende bei 115 Millionen Dollar ein, immerhin ein Plus, für die Erwartungen des Studios enttäuschend. Die Kinohits des Jahres 1996 waren „Independence Day“, „Twister“ und „Mission: Impossible“ – alles realistisch angehauchte und sehr technische Filme, wenn man die Aliens mal außen vor lässt. Aber vielleicht gibt es die ja auch. War die Mittelalter-Thematik vielleicht zu uninteressant für das Publikum?

Feuer frei!

An dem Film selbst kann es eigentlich nicht liegen: „Dragonheart“ ist noch immer ein im besten Sinne altmodisches Fantasy-Abenteuer, das das Herz am rechten Fleck trägt. Die Geschichte verknüpft dabei geschickt die märchenhafte Gut-gegen-Böse-Grundkonstellation mit den Zutaten eines klassischen Buddy-Movies inklusive witziger Wortgefechte und einem Schuss Selbstironie. Ritter Bowen und Draco sind sich eigentlich spinnefeind und raufen sich am Ende für das gemeinsame Ziel zusammen. Durchaus erwähnenswert: Die sonst obligatorische Liebesgeschichte fehlt hier komplett. Dina Meyer – die sich ein Jahr später in „Starship Troopers“ (1997) mit riesenhaften CGI-Käfern rumplagen durfte, – muss als widerspenstige Bauerntochter Kara niemanden anschmachten, sondern darf selbst Rachepläne gegen den bösen König Einon schmieden und mit Bowen und Draco in den Kampf ziehen. Dennis Quaid überzeugt als alternder Recke, der seine alten Werte wiederentdecken muss, ebenso wie David Thewlis als verachtenswerter Fiesling. Dazu ist auch die Filmmusik von Randy Edelman wunderbar eingängig, aber auch verspielt und pompös, wie es sich für einen Fantasyfilm gehört. Die herrlich-atmosphärischen Kulissen, darunter die Zipser Burg, wurden in der Slowakei entdeckt – der malerische Wasserfall wurde allerdings extra für den Film gebaut.

Meisterliche Stimmen für den CGI-Drachen

Der wahre Star in „Dragonheart“ ist natürlich der Drache. Heute sind CGI-Charaktere gang und gäbe, damals steckte die Technik in den Kinderschuhen und war noch etwas Besonderes. Dennoch fügt sich Draco auch nach heutigen Sehgewohnheiten fast nahtlos und glaubhaft ins Geschehen und ebenso bei den Interaktionen mit den Mitspielern ein. Fotorealismus darf man hier natürlich nicht erwarten, aber bei einer Fantasyfigur ist dies auch nicht vonnöten. So stört es dann auch nicht, dass die Macher sich überraschenderweise dafür entschieden haben, dass Draco sein Feuer nicht aus dem Maul, sondern aus seinen Nasenlöchern speit.

Für die Mimik des Drachen orientierten sich die Macher an dem Schauspieler, der die Sprechrolle übernahm. Und das war kein Geringerer als Sean Connery (1930–2020). Der ehemalige 007-Star verleiht Draco mit seinem Timbre zugleich einen gewissen Stolz als auch eine wohlige Warmherzigkeit. Mit Mario Adorf konnte für die deutsche Synchronfassung eine ebenso hervorragende Stimme verpflichtet werden. Durch ihre Leistung vergisst man, dass Draco eine Kunstfigur ist. Er wird zu einem eigenständigen Charakter – so entsteht mit der Verbindung der Oscar-nominierten visuellen Effekte einzigartige Filmmagie.

DAS ist ein Mediabook!

Während Regisseur Rob Cohen mit der Postproduktion von „Dragonheart“ beschäftigt war, hatte er parallel schon mit den Dreharbeiten zu seinem nächsten Projekt begonnen: „Daylight“ mit Sylvester Stallone. Zum Jubiläum der Kinopremiere 25 Jahre zuvor hat das Label Turbine Medien beide Filme in schicken Mediabook-Editionen veröffentlicht. Und bei knapp 60 Seiten ist der Begriff „Buch“ wirklich mal gerechtfertigt. Nach einer sehr persönlichen Einleitung von Rob Cohen hat Autor Tobias Hohmann so ziemlich alles zusammengetragen, was es über „Dragonheart“ zu erzählen gibt. Dabei geht er nicht nur ausführlich auf die problematische Produktionsgeschichte und die digitale Pionierarbeit ein, sondern auch kurz auf die bislang vier weiteren Teile des Drachen-Franchises, die zwischen 2000 und 2020 entstanden sind.

Bowen lehrt Kara und den anderen Bauern das Kämpfen

Auch die die deutsche Synchronisation erhält ein eigenes Kapitel. Hierzu wurde extra ein Interview mit Tobias Meister geführt, der bei dem Fantasy-Abenteuer als Synchron-Regisseur und -Autor fungierte. Dazu gibt es einige stimmungsvolle Szenen- und Behind-the-Scenes-Bilder als auch Konzeptzeichnungen. Großartig! Dieser top-recherchierte Schmöker macht große Lust auf den Film! Was will man mehr? Genau: zwei Covervarianten, bei denen man überlegen muss, ob man sich Motiv A – das klassische Plakat (siehe oben) – oder Motiv B – mit allen Charakteren in Pose (siehe unten, rechts) – ins Regal stellt. Letztgenanntes ist allerdings nur exklusiv bei der Drogeriekette Müller erhältlich.

Der Ton macht die Musik

Wie auch bei „Daylight“ hat Turbine Medien für „Dragonheart“ nicht nur das Bild erneut überarbeitet, sondern auch alles bisher erhältliche Bonusmaterial zusammengetragen – bei den Blu-ray-Erstveröffentlichungen des Lizenzgebers Universal herrschte bei den Extras noch komplette Leere. Ebenso hat auch „Dragonheart“ zwei Blu-rays spendiert bekommen – aus Platzgründen ist eine davon mit Dolby-Atmos-Tonspuren in der deutschen und der englischen Fassung und die andere Scheibe jeweils mit Auro 3D ausgestattet. Mangels technischer Ausstattung und dünner Wände konnte ich hier nicht ausgiebig testen, aber Tonfreaks sollten auf jeden Fall voll auf ihre Kosten kommen. Zur Not die Nachbarn mit auf die Couch einladen und Draco einfach durch alle Boxen fliegen lassen. Dann gibt’s keinen Ärger.

Erst Schüler, dann Feind: König Einon (l.) gegen Ritter Bowen

Damit nicht genug: Turbine Medien hat eine weitere Fleißarbeit geleistet und auch die deutsche Originaltonspur in DTS 5.1 und DTS 2.0 rekonstruiert. Diese war zuletzt im Kino, auf VHS und Laserdisc zu hören. Das leichte Lispeln, welches Mario Adorfs Stimme in der DVD- und Blu-ray-Fassung hat, ist hier weg – materialbedingt allerdings in den Atmos- und Auro-Tonspuren noch zu hören. Eine kurze Erläuterung hierzu hat Turbine Medien im movieside-Forum gegeben. Zudem ist auch ein kleiner Fluch nur in der Originalsynchro vorhanden, welchen Draco fast genau nach 30 Minuten Spielzeit von sich gibt, nachdem er hart auf der Lichtung aufgeschlagen ist. Ein kleiner Tipp: Er beginnt mit einem S und endet mit cheiße.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Rob Cohen haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Regisseure aufgelistet, Filme mit Dina Meyer unter Schauspielerinnen, Filme mit Sean Connery, Pete Postlethwaite, Dennis Quaid, David Thewlis und Brian Thompson in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 30. April 2021 als 2-Disc Limited Edition Mediabook in zwei Cover-Varianten (jeweils 2 Blu-rays), 12. November 2020 als Teil der „Dragonheart 5 Movie Collection“, jeweils Blu-rays und DVDs, 12. April 2012 als Blu-ray, 14. August 2003 als DVD

Länge: 103 Min. (Blu-ray), 99 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte
Originaltitel: DragonHeart
USA 1996
Regie: Rob Cohen
Drehbuch: Charles Edward Pogue
Besetzung: Dennis Quaid, Sean Connery (nur Stimme Originalfassung), Mario Adorf (nur Stimme deutsche Synchro), David Thewlis, Pete Postlethwaite, Dina Meyer, Jason Isaacs, Brian Thompson, Lee Oakes, Wolf Christian, Terry O’Neill, Peter Hric, Eva Vejmelková, Julie Christie, John Gielgud (nur Stimme Originalfassung)
Zusatzmaterial Mediabook: Audiokommentar von Regisseur Rob Cohen, Making-of: Dokumentation mit den Stars und Machern (45 Min.), 2 entfernte Szenen, US-Teaser, -Trailer und -TV-Spots, deutscher Kinotrailer, Das Dragonheart-Archiv: umfangreiche Fotogalerien, 60-seitiges Booklet mit einem Vorwort von Rob Cohen und Texten von Tobias Hohmann
Zusatzmaterial Blu-ray & DVD: keins
Label/Vertrieb Mediabook: Turbine Medien
Label/Vertrieb Blu-ray & DVD: Universal Pictures Germany GmbH

Copyright 2021 by Andreas Eckenfels

Szenenfotos & unterer Mediabook-Packshot: © 2021 Turbine Medien,
Blu-ray-Packshot: © 2011 Universal Pictures Germany GmbH

 

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Wonder Woman – Amazone, Prinzessin, Role Model

Wonder Woman

Kinostart: 15. Juni 2017

Von Kay Sokolowsky

Fantasy-Abenteuer // Unter den Superhelden im DC-Comic-Kosmos gibt Diana Prince aka Wonder Woman sicherlich die märchenhafteste Gestalt ab, besser: die sagenhafteste. Sie ist die Tochter der mythischen Amazonenkönigin Hyppolita und des Göttervaters Zeus – aus Lehm geformt und wundersam belebt, Botschafterin des Friedens in der fremden Welt der Männer und zugleich die größte Kriegerin, die jemals gelebt hat. Dass sie übermenschlich schön ist, versteht sich von selbst.

Die Herrscherin von Themiscyra macht sich Sorgen um Dianas Schulnoten

Zusammen mit Superman und Batman stellt Wonder Woman so etwas wie die Heilige Dreifaltigkeit des DC-Universums dar. Deshalb war es höchste Zeit, dass die tapfere Unsterbliche ihren Solo-Einstand in den DC-Adaptionen von Warner Bros. feiert. Für den eiligen Leser vorab: Er ist weitgehend gelungen und streckenweise sogar witzig. An die trashige „Wonder Woman“-Fernsehserie aus den 1970ern – mit Lynda Carter als Heldin – erinnert hier erfreulicherweise nichts.

Jetzt nur nicht luftkrank werden: Spion Steve Trevor flieht vor den Schergen des Kaisers

Dabei lagen die Erwartungen zunächst nicht besonders hoch. Regisseurin Patty Jenkins stand erst ein Mal, bei „Monster“ (2003), hinter der Kinokamera, und in ihrem Rücken lauerte als Produzent und Ko-Autor Zack Snyder, der Mann der 1000 Ambitionen und bestenfalls zehn Inspirationen. Er hat sich, auch dies vorab, nur selten in Jenkins‘ Arbeit eingemischt, und nur einmal zum Schaden des Films.

Es war einmal in der Ägäis

Seit Jahrtausenden leben auf Themiscyra, der Paradiesinsel, die Amazonen, durch Zauberei verborgen vor der Bosheit und Grausamkeit der Männer. Herrscherin Hippolyta (Connie Nielsen) erfreut sich ihrer kleinen Tochter Diana (Lilly Aspell), muss aber, je älter das Kind wird, immer öfter schelten. Denn statt für die schönen begeistert sich das Mädchen für die Künste des Kampfes. Ihre Tante Antiope (Robin Wright) jedoch, der Amazonen wackerste Kriegerin, nimmt sich heimlich der eifrigen Prinzessin an und bildet sie – schließlich mit Billigung Ihrer Majestät – zur unbezwingbaren Superheldin aus.

Antiope demonstriert den Krauts die berühmte Gastfreundschaft der Amazonen

Dieses Eröffnungskapitel ist das Idyllischste und Traumartigste, was im „DC Extended Universe“ bisher zu sehen war, zumal in den Panoramaeinstellungen der Paradiesinsel (Kamera: Matthew Jensen) und einer großartig gestalteten Rückblende aus lauter „lebenden“ Gemälden. In der Pressevorführung wurde die 2D-Fassung gezeigt. Ich bin jedoch sicher, dass diese famose Trickfilmeinlage in Stereoskopie noch magischer wirkt: eine in jeder Beziehung fantastische Sequenz!

Versehen mit zwei unzerstörbaren Armreifen, einem Schwert namens „Gottestöter“, einem goldenen Zauberlasso sowie einem Oberteil und Minirock, die sich erfreulich nah ans Comic-Vorbild halten, wächst Diana zu einer Frau heran, die aussieht wie Gal Gadot und auch gar nicht anders aussehen dürfte. Dies ist ein Fall von perfektem Casting, denn Gadot schenkt der Halbgöttin echte menschliche Wärme. Sie spielt den Comic-Charakter mit so viel Überzeugung, dass allein ihre Performance eine Begutachtung des Films wert ist. Und damit habe ich von der atemberaubenden Erscheinung der Hauptdarstellerin noch gar nicht geredet.

Prinzessin Diana und Steve Trevor lernen einander unter denkbar ungünstigen Umständen kennen

Gal Gadots Star-Qualität kommt nicht überraschend: Das einstige Supermodel war bereits ein Lichtblick – der einzige – in Snyders „Batman v Superman – Dawn of Justice“ (2016). Trotzdem war Gadot nicht unbedingt zuzutrauen, einen fast zweieinhalb Stunden langen Film tragen zu können; sie tritt in mindestens der Hälfte aller Szenen auf. Doch bis zum Schluss verliert sie nicht an Kraft und Charisma. Hier hat jemand sichtlich Spaß am Job und nimmt den Superheldenunfug genauso ernst, wie der Nerd es erwartet, genauso ironisch, wie es sich unter Erwachsenen gehört. Sie merken: Ich bin ein bisschen verknallt.

Kugeln kann Wonder Woman abwehren – aber auch den Londoner Smog?

Jedenfalls hätte ich nichts dagegen, wenn sie nachts mit mir in der S-Bahn sitzen würde – die Bitch hat echt krasse Moves drauf! Die Infights, die Wonder Woman zahlreich bestreitet, sind zum Glück nicht allzu oft mit der Bullet Time aufgedonnert, sondern auf gute alte Weise dynamisch. Die Stunt-Choreographen haben ihre Sache mit gleichviel Vergnügen wie Einfallsreichtum erledigt, und Patty Jenkins war klug genug, die Second Unit einfach machen zu lassen.

Im Westen was Neues

Die heiteren Zeiten auf Themiscyra finden ein jähes Ende, als durch den Tarnschild der Insel erst ein Kampfflieger, dann ein Kriegsschiff bricht. Wie ihnen das gelingt, bleibt ein Geheimnis von Drehbuchautor Allan Heinberg, der sonst zum Glück keine großen Böcke gebaut, sondern ziemlich flotte Dialoge geschrieben hat. Im Flugzeug sitzt der britische Spion Steve Trevor (Chris Pine), ihm auf den Fersen ist die Kaiserliche Reichsmarine. Diana rettet den Agenten vorm Ertrinken, anschließend kommt es zu einem wüsten Gemetzel am Strand der Paradiesinsel. Der Erste Weltkrieg hat die Welt der Sagen erreicht. Was man vielleicht auch als ein Symbol deuten kann dafür, wie weit der Große Krieg mittlerweile ins Reich der Mythen eingegangen ist, heute, da niemand mehr lebt, der in ihm litt. Jedenfalls stimmt an dem Weltkrieg, den „Wonder Woman“ vorführt, nur wenig mit der historischen Realität überein, fast so wenig, wie Homers „Ilias“ mit dem authentischen Untergang Trojas zu tun hat.

Geheimnisdienstchef Sir Patrick hat was zu verbergen

Trevor wird gejagt, weil er ein finsteres Geheimnis des teutonischen Generals Ludendorff (Danny Huston) kennt. Der hat nämlich mit seiner entstellten Gehilfin Dr. Maru (Elena Anaya) ein Nervengift entwickelt, gegen das Gasmasken nichts nützen. Obwohl die Führung in Berlin bereits Verhandlungen zum Waffenstillstand einleitet, hofft Ludendorff – dem eine Art Supercrack übermenschliche Kräfte verleiht –, mithilfe der Massenvernichtungswaffe das Kriegsglück zu wenden. An all dem ist nur so viel korrekt: Ludendorff war ein Menschenschlächter, und an der Front wurde Gas eingesetzt; der Rest spielt in einem politisch inkorrekten, im Superheldengenre freilich ganz normalen Paralleluniversum.

Unterm Bann des goldenen Lassos, das jeden Gefesselten zur Wahrheit zwingt, berichtet Agent Trevor von seiner Entdeckung und fleht die Amazonen an, ihm dabei zu helfen, den General aufzuhalten. Hippolyta möchte den Mann zwar am liebsten nach alter Sitte den Göttern opfern, doch ihre Tochter – die den Burschen ziemlich lecker findet – tritt für ihn ein. Sie hat auch ein starkes Argument zu bieten: Hinter Ludendorffs grausamem Plan steckt offenbar der Kriegsgott Ares, Erzfeind der Amazonen und aller Menschen, und nur mit dem „Gottestöter“ lässt er sich besiegen. Die Mythifizierung des Ersten Weltkriegs ist damit übrigens längst nicht vorbei, aber ich möchte nicht zu viel spoilern.

Diana hat vom Londoner Smog allmählich die Nase voll

Etwas mulmig wird Diana schon, als sie mit Steve in einem antiken Segelboot gen London aufbricht. Denn Antiope, die beim Kampf gegen die Hunnen fiel, hat der Nichte noch zuraunen können: „Sei vorsichtig in der Welt der Männer. Sie verdienen dich nicht.“ Diana ist entsprechend skeptisch, als sie in der Patriarchenzivilisation ankommt. In diesem Akt des Films wird „Wonder Woman“ geradezu komisch, auch dafür hat Gadot Talent. Bei der Einkleidung in die prüde Mode der Zeit stellt sich der Amazone vor allem die Frage: „Kann man darin kämpfen?“

General Ludendorff hat Mundgeruch, tanzt aber wie der Teufel

Wie Diana, Steve und ihr Stoßtrupp aus Abenteurern das Duell mit Ludendorff aufnehmen, ob die Romanze zwischen dem Spion und der Prinzessin sich weiter entfaltet, warum das Finale ungute Erinnerungen an den Schluss von „Batman v Superman – Dawn of Justice“ weckt, möchte ich nicht im Detail verraten. Dieser Teil der Story ist zu konventionell geraten, um ihm seine paar Pointen zu rauben. Nur so viel sei ausgeplaudert: Es geht eine Menge kaputt, die CGI überzeugt meistens, und Chris Pine spielt, als hätte ihm niemand gesagt, dass dies kein „Star Trek“-Ableger ist. Aber vielleicht kann er bloß den Captain Kirk.

Ein Bild von einer Frau

Wonder Woman wurde 1941 von William Moulton Marston erfunden. Sie war nicht nur die erste echte Comic-Superheldin, sondern avancierte auch zur Ikone der Frauenbewegung. Einer ihrer berühmtesten Fans ist die Feministin Gloria Steinem, und für Millionen amerikanischer Mädchen hat die superstarke Amazone eine ähnliche Bedeutung wie für europäische das stärkste Mädchen der Welt, Pippi Langstrumpf. Diana ist unabhängig, mutig, hilfsbereit, blitzgescheit – sie spricht, zum Beispiel, einige hundert Fremdsprachen –, und sie haut einen um, egal in welchem Fummel.

Die von Patty Jenkins und Gal Gadot runderneuerte Wunderfrau könnte auch für Kinder des 21. Jahrhunderts zum Vorbild werden. Viele Kritiker in den USA bejubeln überschwenglich die Überheroine. Dabei geht schon mal der Pegasus mit ihnen durch. So habe ich irgendwo gelesen, Diana würde mit Steve gegen „Nazis“ kämpfen. Oha. Ludendorff war zwar ein reaktionärer Antisemit, aber nicht mal der Märchenfilm „Wonder Woman“ ist so geschichtsvergessen, die Reichswehr mit der Wehrmacht zu verwechseln. Die Krauts kommen im Film schlecht weg, doch mit dem gemeinen Kanonenfutter hat Diana durchaus Mitleid. Das ist keine üble Moral und eine schöne Note in einem Popcorn-Spektakel.

Dr. Maru kann Fragen nach ihrem Visagisten gar nicht leiden

Um der unschuldigen Jugend nicht zu viel zuzumuten, verzichtet der Spielfilm – wie auch die Comicbooks schon seit langem – auf den reichen Schatz an Sadomaso-Details der Marston-Geschichten. In ihrer Frühzeit nämlich wurden Diana und ihre Gefährten unablässig gefesselt und geknebelt, in düstere Kammern gesperrt und gepeitscht (ein bisschen). Von all dem Bondage lässt der Film nur Wonder Womans magisches Lasso und ein paar harmlose Anspielungen für die Kenner übrig. Denn du darfst in einem Blockbuster ruhig zeigen, wie unzählige Menschen ins Gras beißen, aber Schweinkram ist untersagt.

Weshalb ich meiner zwölfjährigen Nichte ebenso wie Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, den Besuch dieses kurzweiligen Unfugs guten Gewissens empfehlen kann. Den Trump-Hassern unter Ihnen möchte ich jedoch nicht verhehlen, dass einer der Executive Producers von „Wonder Woman“ Steven Mnuchin gewesen ist, der Finanzminister des grotesken Präsidenten. Man merkt‘s dem Film, Zeus sei Dank, in keiner Einstellung an.

Ein stahlharter Engel im Schützengraben

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Gal Gadot und Robin Wright haben wir in unserer Rubrik Schauspielerinnen aufgelistet, Filme mit Danny Huston, Chris Pine und David Thewlis unter Schauspieler.

Wonder Woman beim Survival-Training

Länge: 141 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Originaltitel: Wonder Woman
USA 2017
Regie: Patty Jenkins
Drehbuch: Allan Heinberg
Besetzung: Gal Gadot, Chris Pine, Robin Wright, Connie Nielsen, Danny Huston, David Thewlis, Ewen Bremner, Saïd Taghmaoui, Eugene Brave Rock, Lucy Davis, Ann Ogbomo
Verleih: Warner Bros. Entertainment GmbH

Copyright 2017 by Kay Sokolowsky

Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2017 Warner Bros. Entertainment Inc. and Ratpac Entertainment, LLC

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 2017/06/15 in Film, Kino, Rezensionen

 

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