Dune – Part Two
Kinostart: 29. Februar 2024
Science-Fiction // Geht ins Kino! Schaut euch „Dune – Part Two“ dort an, auf der größtmöglichen Leinwand mit einem State-of-the-Art-Soundsystem. Am besten im Double Feature mit dem ersten Teil, sofern Ihr über das dafür nötige Sitzfleisch verfügt. Lasst euch in den Sitz sinken und von der Wucht und Bildgewalt dieses Science-Fiction-Epos tief hineindrücken! Für Filme wie diese wurden Kinos erfunden.
Erinnern wir uns (siehe „Dune“, 2021): Die Intrige von Kaiser Shaddam IV. (Christopher Walken) hatte Erfolg: Die Streitkräfte des Hauses Harkonnen haben im Verbund mit den kaiserlichen Elitetruppen der Sardaukar das Haus Atreides auf dem Wüstenplaneten Arrakis ausgelöscht. Herzog Leto Atreides ist tot, sein Sohn Paul (Timothée Chalamet) und seine Ehefrau Jessica (Rebecca Ferguson) konnten sicwah mit Müh und Not in die Wüste zu einer Gruppe von Stilgar (Javier Bardem) geführter Fremen retten.
Hier setzt die Handlung von „Dune – Part Two“ (2024) ein: Mühsam erarbeiten sich Paul und Jessica ihren Platz bei den Fremen, von denen viele den beiden großes Misstrauen entgegenbringen. Immerhin findet der junge Mann in Chani (Zendaya) eine Unterstützerin und Vertraute (und alsbald Liebste). Stilgar ist fest davon überzeugt, in Paul den Mahdi der uralten Prophezeihung entdeckt zu haben, einen Messias, der Erlösung bringt. Die schwangere Jessica schwingt sich zu einer geistlichen Mutter der Fremen auf, indem sie vom „Wasser des Lebens“ trinkt und dies überlebt. In ihrer neuen Machtposition kommen ihr die Fähigkeiten zugute, die sie als Mitglied des Ordens der Bene Gesserit erworben hat. Diese nutzt sie auch, um Pauls Status bei den Fremen zu sichern und zu steigern. Ist er der Kwisatz Haderach, der Übermensch, den die Bene Gesserit über Jahrtausende heranzüchten wollten?
Derweil soll der ruchlose Glossu „Beast“ Rabban Harkonnen (Dave Bautista) im Auftrag seines Onkels Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) auf Arrakis die Spice-Produktion massiv ankurbeln. Das misslingt ihm schmählich, weil die Fremen nicht zuletzt dank Paul einen Sabotageakt nach dem anderen verüben. Bald jedoch tritt Feyd-Rautha (Austin Butler) auf den Plan, ein weiterer Neffe Baron Harkonnens, der Rabban nicht nur in puncto Bösartigkeit weit übertrifft.
Auf einem Niveau mit „Dune“
Es fällt schwer, die Schauwerte und sonstigen Vorzüge von „Dune – Part Two“ adäquat zu beschreiben, ohne mich zu wiederholen. Daher: Was ich dazu in meiner Rezension des ersten Teils geschrieben habe, gilt auch hier. Zusammenfassend: Denis Villeneuve hat dieses großartige literarische Epos ebenso großartig für die Kinoleinwand umgesetzt. Eine gute Entscheidung, diesen komplexen Plot mit seiner Vielzahl an Figuren auf zwei Teile von jeweils üppiger Länge aufzuspalten. So kann sich der Regisseur all die Zeit nehmen, die er braucht. Viele Dialoge bringen die nötigen Einsichten, die Handlung zu durchdringen. Geschwätzig wird es aber zu keinem Zeitpunkt. Hans Zimmers Score untermalt die wuchtigen Bilder vorzüglich. Selbstverständlich kommen auch wieder die gewaltigen Riesensandwürmer Shai-Hulud zur Geltung. Nach und nach wird auch deutlich, dass das Geschehen auf eine große Auseinandersetzung im Finale hinausläuft – die Schlacht fällt wieder gewaltig aus, endet aber vergleichsweise schnell. Wer den Roman oder David Lynchs 1984er-Verfilmung kennt, ahnt das sowieso und kann dem Epos noch besser folgen. Aber das gelingt auch ohne dieses Vorwissen. Selbst ohne Kenntnis von Villeneuves erstem Teil klappt das Hineinfinden, auch wenn es natürlich Vorteile hat, den Vorgänger gesehen zu haben.
Trat der greise Kaiser Shaddam IV. im ersten Teil noch überhaupt nicht in Erscheinung, hat er hier ein paar bedeutsame Szenen. Christopher Walken ist dafür die richtige Besetzung, schön, dass der am 31. März 1943 Geborene noch einmal eine solche Rolle erhalten hat. Allzu viele werden es wohl nicht mehr werden. Einen Überblick seiner wunderbaren Karriere könnt Ihr euch in meinem Text über „Die Hunde des Krieges“ (1980) verschaffen. Shaddams Tochter Prinzessin Irulan (Florence Pugh) wird am Ende für Paul Atreides wichtig werden. Im Verlauf der Handlung dient sie ein wenig als Chronistin, vermittelt mit Stimme aus dem Off die eine oder andere Information. Weiterhin im Hintergrund die Fäden zieht die ehrwürdige Mutter Gaius Helen Mohiam (Charlotte Rampling). Der von ihr geführte Orden der Bene Gesserit verfolgt seine ganz eigene Agenda, und trotz einiger Unvorhersehbarkeiten entsteht der Eindruck, dass die Bene Gesserit nie komplett die Kontrolle verlieren. Als neue Geistliche der Fremen beweist Lady Jessica mehrfach, dass der Orden sie sehr gut ausgebildet hat, denn sie beherrscht die Kunst der Manipulation ebenfalls. Später wird auch Jessicas Identität und Herkunft noch wichtig werden. Am Rande erwähnt sei der von Paul totgeglaubte Gurney Halleck (Josh Brolin) – die beiden treffen nach einer Weile aufeinander.
Ein echter Krieg der Systeme ist es nicht, was da auf Arrakis abläuft. Zwar kämpfen die Fremen um ihre Freiheit, aber sie ordnen sich beizeiten Paul unter, dem es darum geht, das Haus Harkonnen auszuschalten (und den Tod seines Vaters zu rächen). Letztlich geht es darum, eine Autokratie durch eine andere zu ersetzen, denn mit Demokratie hatte auch das Haus Atreides nichts am Hut. Diese Staatsform scheint in der Welt des Spice überhaupt keine Rolle mehr zu spielen. Natürlich sind die Angehörigen des Hauses Harkonnen übelste Gestalten, verdorben bis ins Mark, im Gegensatz zu den Atreides-Männern auch optisch abstoßend. Ihr Gebaren ist faschistisch, ihre Aufmärsche sind es ebenfalls (die Setdesign- und Produktionsdesign-Crew sowie die Kostümabteilung haben die faschistoide Ästhetik in diversen Szenen perfekt umgesetzt). Im Gegensatz dazu sind Paul Atreides und seine Getreuen zweifellos vorzuziehen. Dennoch sei die Frage erlaubt: Gibt es eine gute Diktatur?
Auch der religiöse Aspekt verdient Beachtung: Der Glaube an den Messias manifestiert sich wie erwähnt insbesondere in Stilgar und greift nach und nach auf die anderen Fremen über (Lady Jessica hat da ihre Finger im Spiel). Für Religionskritiker/innen wie mich ist die frömmelnde Inbrunst phasenweise schwer zu ertragen, denn sie nimmt breiten Raum ein. Immerhin demonstriert das Geschehen auch, wie leicht die Frommen zu manipulieren sind, ganz unkritisch fällt der Blick auf die Religion somit nicht aus. Wobei offen bleibt, an was für einen Gott die Menschen auf Arrakis glauben, wenn sie denn an einen glauben. Frank Herbert hat seinerzeit beim Schreiben seiner „Dune“-Romane Elemente des Islam eingebaut, aber klar definiert ist die Religion hier noch nicht. Hier sei auf die Romane verwiesen, in denen die Religion immer wichtiger wird – bis hin zum vierten Band mit dem bezeichnenden Titel „Der Gottkaiser des Wüstenplaneten“ (im Original 1981 veröffentlicht).
Das soll es mit dem Interpretationsansatz gewesen sein. Dass Teil 2 überhaupt zustandekommt, entschieden die produzierenden Studios Warner Bros. Pictures und Legendary Pictures erst im Anschluss an den erfolgreichen Kinostart von „Dune“ im Herbst 2021. Gedreht wurde von Juli bis Dezember 2022 in Italien, Ungarn, Abu Dhabi und Jordanien. Der ursprünglich geplante Kinostart im Oktober ließ sich – unter anderem aufgrund der beiden Hollywood-Streiks – nicht halten, sodass „Dune – Part Two“ nun erst ab Ende Februar 2024 weltweit die Kinosäle entert. In technisch dafür ausgestatteten Lichtspielhäusern kann man auch hierzulande analoge 70mm-Fassungen zu sehen bekommen, IMAX-Kinos werden das Werk ebenfalls zeigen.
Erst die Serie, später „Dune – Part Three“
Zum Ende ein Ausblick: Die geplante Serie wurde mittlerweile von „Dune – The Sisterhood“ in „Dune – Prophecy“ umbenannt. Sie soll etwa 10.000 Jahre vor den Ereignissen der beiden Filme (und des ersten Romans) spielen und sich der Gründung des Ordens der Bene Gesserit widmen. Die sechs Episoden sind abgedreht, Mitwirkende sind unter anderen Emily Watson als Valya Harkonnen, Olivia Williams als Tula Harkonnen und Mark Strong als Kaiser. Mit der Ausstrahlung auf dem US-Streamingkanal HBO Max ist für Ende 2024 zu rechnen. Wann und in welcher Form die Serie bei uns zu sehen sein wird, ist offen, aber durchaus denkbar, dass zumindest die englischsprachige Originalfassung bereits parallel zum US-Start in Deutschland bei Sky zu sehen sein wird.
Auch fürs Kino soll es das mit der Saga um den Wüstenplaneten noch nicht gewesen sein: Denis Villeneuve will mit „Dune – Part Three“ auch den zweiten Roman der Reihe verfilmen, den Frank Herbert 1969 unter dem Titel „Dune Messiah“ veröffentlichte, in Deutschland 1971 als „Der Herr des Wüstenplaneten“ erschienen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, einstweilen scheint Villeneuve an „Cleopatra“ zu arbeiten.
Bis dahin können wir uns an „Dune“ und „Dune – Part Two“ erfreuen, die alle Ansprüche erfüllen, die man an große Kino-Science-Fiction stellen kann. Der Heilige Krieg hat gerade erst begonnen.
Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Denis Villeneuve haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Rebecca Ferguson, Charlotte Rampling, Léa Seydoux, Anya Taylor-Joy und Zendaya unter Schauspielerinnen, Filme mit Javier Bardem, Dave Bautista, Josh Brolin, Austin Butler, Timothée Chalamet, Tim Blake Nelson, Stellan Skarsgård und Christopher Walken in der Rubrik Schauspieler.
Länge: 166 Min.
Altersfreigabe: FSK 12
Originaltitel: Dune – Part Two
USA/KAN 2024
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Jon Spaihts, Denis Villeneuve, Eric Roth, nach dem Roman von Frank Herbert
Besetzung: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Zendaya, Dave Bautista, Josh Brolin, Javier Bardem, Stellan Skarsgård, Charlotte Rampling, Austin Butler, Christopher Walken, Léa Seydoux, Florence Pugh, Stephen McKinley Henderson, Sharon Duncan-Brewster, Chen Chang, Michael Nardone, Babs Olusanmokun, Souheila Yacoub, Roger Yuan, Tim Blake Nelson, Anya Taylor-Joy
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany, a division of Warner Bros. Entertainment GmbH
Copyright 2024 by Volker Schönenberger
Filmplakat, Szenenfotos & Trailer: © 2024 Warner Bros. Entertainment Inc. All rights reserved.
Szenenfotos: Niko Tavernise, Courtesy of Warner Bros. Pictures and Legendary Pictures