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Star Wars: Episode IX – Der Aufstieg Skywalkers: Palpatines Rückkehr

Star Wars: Episode IX – The Rise of Skywalker

Kinostart: 18. Dezember 2019

Von Volker Schönenberger

SF-Abenteuer // Wohin steigt Skywalker auf? In den Himmel? In die Macht? In die Erste Liga? Ist die deutsche Titelübersetzung womöglich ungenau? „Rise“ kann immerhin auch „Auferstehung“ bedeuten. Und welche/r Skywalker ist gemeint? Fragen, für die man nach der Sichtung von „Star Wars: Episode IX – Der Aufstieg Skywalkers“ unterschiedliche Antworten finden kann. Um Spoiler zu vermeiden, will ich darauf aber nicht weiter eingehen.

Rey perfektioniert ihre Jedi-Fähigkeiten

Keinen Spoiler stellt es dar, auf die Wiederkehr des ehemaligen Imperators Palpatine (Ian McDiarmid) hinzuweisen, wird der Sith-Lord doch bereits im traditionell zu Beginn des Films eingeblendeten Text erwähnt. An düsterer Stätte trifft Kylo Ren (Adam Driver) auf der Suche nach der Quelle der dunklen Macht auf Palpatine. Der verspricht ihm eine gigantische Flotte von Sternenzerstörern; als Gegenleistung soll Kylo dem Sith-Lord Rey (Daisy Ridley) ausliefern. Dem Sohn von Leia Organa (Carrie Fisher) und Han Solo (Harrison Ford) winkt unbeschreibliche Macht – sein Regime der Ersten Ordnung würde als „Final Order“ der Rebellion endgültig den Garaus machen.

Von der Schrottsammlerin zur Jedi-Ritterin

Rey ahnt davon anfangs nichts, die vormalige Schrottsammlerin trainiert hart, um ihre Jedi-Fähigkeiten zu perfektionieren. Doch bald schon bricht sie mit ihren wackeren Weggefährten Poe Dameron (Oscar Isaac), Finn (John Boyega), Chewbacca (Joonas Suotamo) und C-3P0 (Anthony Daniels) auf, sich der dunklen Bedrohung entgegenzustemmen.

Unsere Helden werden …

Disney ist für „Der Aufstieg Skywalkers“ auf Nummer Sicher gegangen und hat J. J. Abrams auf den Regiestuhl gesetzt, der bereits „Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht“ (2015) inszeniert hatte. Bei „Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi“ (2017) war er lediglich als Executive Producer in Erscheinung getreten, die Regie hatte Rian Johnson („Brick“, „Knives Out – Mord ist Familiensache“) übernommen. Abrams weiß, dass er Fan-Erwartungen erfüllen muss, was angesichts der Fülle ikonischer Figuren, Motive und Elemente keine Schwierigkeit darstellt. Der aus bekannten Versatzstücken der vorherigen Soundtracks zusammenkomponierte Score von John Williams trägt dazu bei und macht das immerhin gut.

… von Sturmtruppen gejagt

Das vertraute Gefühl stellt sich natürlich zwangsläufig mit dem ersten Fanfarenstoß, dem „Star Wars“-Schriftzug und dem sich von unten ins Sternenbild schiebenden Text ein und verlässt uns bis zum Ende nicht mehr. Kylo Rens und Reys Lichtschwerter kommen ausgiebig zum Einsatz, wobei mir das Design von Kylos Waffe nach wie vor ein Schmunzeln abringt – der Oberste Anführer der Ersten Ordnung musste immerhin trainieren, wie er es vermeidet, sich im Kampf ständig die kurzen Parierstangen am Griff seines Lichtschwerts in den Oberschenkel zu rammen. Auf dem von Sand bedeckten Planeten Pasaana bekommen wir eine rasante Verfolgungsjagd mit schlittenartigen Fahrzeugen geboten, und auch die Raumschiffe bieten großen Wiedererkennungswert, angeführt natürlich vom „Millennium Falcon“.

In den Trümmern des Todessterns

Ihre Mission führt unsere Heldinnen und Helden auf einen weiteren neuen Schauplatz: den von stürmischen Ozeanen bedeckten Mond Kef Bir nicht allzu weit entfernt vom Waldmond Endor, den wir aus „Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (1983) kennen. Dort befinden sich Trümmer des zweiten Todessterns, in deren Innern sich ein dringend benötigtes Artefakt befindet.

Alter Bekannter: Lando Calrissian

Neue Figuren gibt es hüben wie drüben ein paar, sie können es jedoch an Bedeutung nicht mit Rey, Poe, Finn und Kylo Ren aufnehmen. Genannt seien General Pryde (Richard E. Grant) als erster Untergebener von Kylo Ren sowie die Amazonen Zorii Bliss (Keri Russell) und Jannah (Naomi Ackie). Beide Frauen scheinen aber in erster Linie als Love Interest für Poe Dameron und Finn installiert worden zu sein, auch wenn diese Romantik lediglich angedeutet wird. Das wirft die Frage auf, weshalb nicht Finns Beziehung zu Rose Tico (Kelly Marie Tran) ausgebaut worden ist – die beiden hatten in „Die letzten Jedi“ prima harmoniert. Hat Disney etwa Angst vor der eigenen Courage bekommen, eine sexuelle Beziehung zwischen einem Dunkelhäutigen und einer Asiatin zuzulassen, sodass Finn nun unbedingt eine Partnerin gleicher Hautfarbe an die Seite gestellt bekommen musste? Auch Spekulationen über eine Homosexualität Poe Damerons sind nun beendet. Das kann man bedauern oder ignorieren. Bezüge zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen sucht man vergebens, aber „Star Wars“ stand in meinen Augen immer auch für Eskapismus in Reinkultur. Wenn ich in diese Welt eintauche, dürfen die Probleme der Realität gern draußen bleiben.

Carrie Fisher ruhe in Frieden

Leia Organa hat mit wenigen Szenen durchaus tragende Bedeutung. Der Tod Carrie Fishers im Dezember 2016 stellte Produktion und Regie vor einige Probleme, die gelöst wurden, indem man nicht verwendete Aufnahmen der beiden Vorgängerfilme einmontierte. Das fällt nicht weiter auf und geht in Ordnung, „Der Aufstieg Skywalkers“ erweist der Verstorbenen in würdiger Manier die letzte Ehre. Sie ruhe in Frieden.

BB-8 findet einen Freund

Die 2014 für ihre Nebenrolle im Sklavereidrama „12 Years a Slave“ mit dem Oscar prämierte Lupita Nyong’o („Black Panther“) tritt wieder als Maz Kanata in Erscheinung, auch wenn sie als Alienwesen nicht erkennbar ist. Domhnall Gleeson („Ex Machina“) ist erneut als „First Order“-General Hux zu sehen, seine Rolle hinterließ bei mir allerdings ein Achselzucken.

Kurz vor dem Showdown beschlich mich die Furcht, auch bei „Der Aufstieg Skywalkers“ könne sich das dramatische Logikloch öffnen, eine gewaltige Bedrohung mit einer simplen Achillesferse bezwingbar zu machen. Man erinnere sich nur an die Verwundbarkeit der Todessterne, und auch die Starkiller-Basis in „Das Erwachen der Macht“ ließ sich letztlich recht einfach zerstören. Diese Gefahr umschiffte J. J. Abrams glücklicherweise dann doch, was mich aufatmen ließ. Bei ein paar Aspekten stellen sich mir andere Logikfragen, etwa die der Herkunft der neuen Sternenzerstörer-Flotte, die so gewaltig ist, dass ihr Bau kaum unbemerkt hätte bleiben können. Und auf welche Weise hat Palpatine ihre Besatzungen rekrutiert? Oder lenkt er sie mit Sith-Kräften gar selbst? Wie konnte er überhaupt aus dem Tod zurückkehren?

Ist das gut oder schlecht?

„Der Aufstieg Skywalkers“ eignet sich vorzüglich dazu, sowohl positiv als auch negativ rezensiert und rezipiert zu werden, weshalb es mir schwerfällt, mich für eine Seite zu entscheiden. An der Tricktechnik und den Effekten ist nichts auszusetzen. Derartige Welten mit einer Vielzahl exotischer Schauplätze und Figuren zu erschaffen, erfordert nach wie vor enormen Aufwand, aber so viel Know-how, Kunstfertigkeit und Fantasie haben die Studios. Abrams führt die Story der dritten Trilogie zu einem logischen Finale, so weit, so gut. Die Action inszeniert er mitreißend, sie hält das Niveau der Saga. Auch die Entwicklung der beiden wichtigsten Charaktere Kylo Ren und Rey wirkt jederzeit nachvollziehbar. Besonders Adam Driver überzeugt mit seiner Darstellung der inneren Zerrissenheit seiner Figur. Die Kluft zwischen seinem guten und bösen Ich erscheint mir zwar arg groß, denn immerhin hat er seinen Vater ermordet und ist auch sonst für jede Schandtat zu haben, aber seinerzeit wurden seinem Großvater Anakin Skywalker monströseste Missetaten verziehen – Darth Vader durfte am Ende sogar gütig lächelnd an der Seite von Yoda und Obi-Wan Kenobi eins mit der Macht sein. Daisy Ridley hat es da etwas einfacher, angesichts von Reys Güte stellt sich gar nicht erst die Frage, ob sie Kylo Rens Werben nachgeben wird. Zwar fühlt sie ein sonderbares Band zwischen ihm und ihr, das hindert sie aber nicht daran, mit Macht gegen ihn anzutreten.

Der „Millennium Falcon“ tut’s noch immer

Fanbedienung hat in „Der Aufstieg Skywalkers“ größte Bedeutung, dafür steht nicht zuletzt die Rückkehr von Lando Calrissian (Billy Dee Williams), der beizeiten wieder auf dem Pilotensitz des „Millennium Falcon“ Platz nehmen darf. Für die Star-Wars-Jünger gibt es viel zu entdecken, vor allem wiederzuentdecken. Mutig sieht anders aus, und das verhindert auch, dass „Der Aufstieg Skywalkers“ zu einem herausragenden Film wird. Episch? Ganz sicher. Von epischer Größe? Ganz sicher nicht, dafür mangelt es zu sehr an Originalität.

Das waren noch Zeiten

Ich entsinne mich, am Tag der deutschen Premiere – dem 9. Dezember 1983 – im rappelvollen Kino in Hamburg gesessen und gierig darauf gewartet zu haben, dass „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ endlich beginnt. Mehr als ein halbes Jahr zuvor hatte das vermeintliche Finale der Saga bereits seine Weltpremiere in den USA gefeiert – kein Vergleich zur heutigen Zeit mit ihren weltweiten Startterminen innerhalb weniger Tage. Wie auch immer, jedenfalls hatten wir monatelang auf dieses Kino-Großereignis hingefiebert. Derlei Larger-than-Life-Blockbuster waren damals noch deutlich rarer gesät als heute und daher so oder so etwas Außergewöhnliches. Es mag Krieg-der-Sterne-Junkies geben, die seit „Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht“ jedes Jahr kurz vor Weihnachten unruhig auf ihrem Hosenboden hin und her rutschen, weil sie die neueste Episode oder die nächste „Star Wars Story“ nicht abwarten können, aber die Inflation der Blockbuster von Marvel über DC und Godzilla nebst King Kong usw. lässt all diese Produktionen leider beliebig erscheinen. Damit tut man und tue ich dem einen oder anderen Beitrag sicher unrecht, aber es stellt sich einfach kein Gefühl eines besonderen Erlebnisses mehr ein. Ein solches Gefühl vermitteln zumindest mir nur noch kleinere Produktionen bis hin zum Independent-Film.

Kein Wunder – bei der Besatzung

Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass sich in Cast wie Crew der Star-Wars-Saga etliche Beteiligte tummeln, die sich mit Leib und Seele diesem Projekt verschrieben haben und Herzblut investieren. Es schimmert auch immer wieder durch, sei es mittels toller Tricks oder liebevoll gestalteter Figuren. Dennoch bleibt der schale Beigeschmack, dass es Disney letztlich nur darum geht, den an George Lucas gezahlten horrenden Kaufbetrag fürs Franchise wieder hereinzubekommen.

Werden sich Zorii Bliss und …

Die Sequel-Trilogie aus „Das Erwachen der Macht“ und „Die letzten Jedi“ endet mit „Der Aufstieg Skywalkers“. Die finale Auseinandersetzung erscheint mir dem angemessen und bildet einen echten Schlussstrich. Wobei es meiner Ansicht nach den Disney-hauseigenen Konkurrenten von Marvel besser gelungen ist, die Vorgängerfilme so zu inszenieren, dass alles auf den gigantischen Showdown in „Avengers – Endgame“ hinausläuft, was dazu führte, dass dieser an den Kinokassen explodierte und sogar „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ als erfolgreichsten Film überhaupt ablöste. Im direkten Vergleich ist „Endgame“ fürs Marvel Cinematic Universe deutlich höher einzuschätzen als „Der Aufstieg Skywalkers“ für die Krieg-der-Sterne-Welt.

Wie geht es weiter im „Star Wars“-Universum?

Bleibt abzuwarten, welche Ideen den Machern dereinst für etwaige Episoden X, XI und XII und weitere Star Wars Storys kommen werden, so es denn dazu kommen wird. Im Kino pausiert der Krieg der Sterne vorerst, die Jedi-Jünger können aber auf Serien ausweichen: Der vielgepriesene Ableger „The Mandalorian“ ist zeitlich zwischen „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ und „Das Erwachen der Macht“ angesiedelt. Für 2021 ist eine Prequel-Serie zu „Rogue One – A Star Wars Story“ angekündigt, auch eine Obi-Wan-Kenobi-Serie ist in Planung. Der Krieg der Sterne kennt kein Ende.

… Jannah der Rebellion anschließen?

George Lucas’ Prequel-Trilogie „Die dunkle Bedrohung“ (1999), „Angriff der Klonkrieger“ (2002) und „Die Rache der Sith“ (2005) hatte seinerzeit viel Kritik auf sich gezogen, wobei sich die Fangemeinde längst damit abgefunden hat. Wird sich die jüngste Trilogie mit den Episoden VII, VIII und IX dereinst in puncto Anerkennung zwischen den beiden vorherigen platzieren oder gar hinter den Prequels zurückbleiben? Das vermag ich nicht zu beurteilen. Die Zeit wird es zeigen.

Kylo Ren erliegt der Verlockung der Macht …

Den „Krieg der Sterne“ haben wir in unserer Rubrik Filmreihen aufgelistet. Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Carrie Fisher, Lupita Nyong’o, Daisy Ridley und Keri Russell sind unter Schauspielerinnen aufgeführt, Filme mit Adam Driver, Harrison Ford, Domhnall Gleeson, Richard E. Grant, Mark Hamill, Oscar Isaac, James Earl Jones, Dominic Monaghan und Billy Dee Williams in der Rubrik Schauspieler.

… und tritt erneut gegen Rey an

Länge: 141 Min.
Altersfreigabe: FSK
Originaltitel: Star Wars: Episode IX – The Rise of Skywalker
USA 2019
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Chris Terrio, J. J. Abrams
Besetzung: Adam Driver, Daisy Ridley, Oscar Isaac, Billie Lourd, Keri Russell, Mark Hamill, Ian McDiarmid, Kelly Marie Tran, Lupita Nyong’o, Domhnall Gleeson, John Boyega, Billy Dee Williams, Joonas Suotamo, Dominic Monaghan, Richard E. Grant, Anthony Daniels, Naomi Ackie, Carrie Fisher, Mark Hamill, Harrison Ford, James Earl Jones (nur Stimme)
Verleih: Walt Disney Studios Motion Picture Germany

Copyright 2019 by Volker Schönenberger

Filmplakat, Szenenfotos & Trailer: © 2019 ILM & Lucasfilm Ltd. All rights reserved.

 
Ein Kommentar

Verfasst von - 2019/12/18 in Film, Kino, Rezensionen

 

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Mother! Radikale Schöpfungsgeschichte

Mother!

Kinostart: 14. September 2017

Von Andreas Eckenfels

Horrordrama // Der neue Film von Darren Aronofsky („Noah“) kam mehr oder weniger aus dem Nichts: Gerade mal knapp sechs Wochen lagen zwischen dem ersten Trailer und dem Kinostart. Die Clips ließen dann auch kaum Rückschlüsse darauf zu, worum es in „Mother!“ eigentlich geht. Eine verstörte Jennifer Lawrence taumelt darin durch eine Ansammlung von mysteriös anmutenden Szenen. Alles wirkt irgendwie gespenstisch. Dazu passt, dass Aronofsky sich dazu entschied, seinen Figuren keine Eigennamen zu geben. Sie werden noch nicht mal in irgendeiner Form angeredet. Jennifer Lawrence spielt „Mother“, Javier Bardem wird im Abspann nur mit „Him“ bezeichnet. Auch den Nebenfiguren ergeht es nicht anders: So heißt Ed Harris’ Charakter schlicht „Man“ und Michelle Pfeiffer „Woman“.

Ungebetene Gäste

Die Figuren von Lawrence und Bardem leben in einem abgelegenen Landhaus, welches einst durch ein Feuer zerstört wurde. Während sie das Haus restauriert, versucht der erfolgreiche Autor, seinen nächsten Roman in Angriff zu nehmen. Doch eine Blockade hat sich in ihm breitgemacht – er bekommt keinen ordentlichen Satz aufs Papier geschrieben. Das Paar wird eines Abends durch das Klopfen eines Fremden gestört. Der ältere Herr (Harris) gibt an, er habe gedacht, dass es sich bei dem Haus um eine Pension handelt. Ohne mit seiner Frau Rücksprache zu halten, lädt der Autor den Fremden dazu ein, bei ihnen zu übernachten.

Von Visionen geplagt

Bald stellt sich heraus, dass der Neuankömmling in Wahrheit ein großer Verehrer des Autors ist. Der Mann leidet an einer tödlichen Krankheit. Bevor er stirbt, wollte er den Schriftsteller unbedingt persönlich kennenlernen. Der Autor fühlt sich zutiefst geehrt und ist auch nicht darüber erstaunt, dass am nächsten Tag auch noch die Frau (Pfeiffer) des Fremden vor der Tür steht. Die beiden benehmen sich seltsam, tun so, als ob sie in dem Landhaus zu Hause sind. Sie lassen alles herumliegen und zeigen keinerlei Respekt gegenüber den Eigentümern. Während den Autor das in keinster Weise zu stören scheint, wird seine Frau gegenüber den ungebetenen Gästen immer misstrauischer. Dazu kommt, dass sie von Visionen geplagt wird. Es scheint so, als ob das Haus ein Eigenleben entwickelt. Die Flurdielen beginnen vor ihren Augen zu bluten und hinter den Wänden pocht es, als sei dort ein schlagendes Herz verborgen.

Gefühl der Ohnmacht

Diese Vorkommnisse sind nur der Beginn einer Reihe von seltsamen Ereignissen, denen Lawrence’ Figur ausgesetzt wird, die sich langsam aber sicher in ein albtraumhaftes Szenario steigern, aus dem es für sie keinen Ausweg zu geben scheint. Verstärkt wird dieses Gefühl der Ohnmacht durch eine ähnliche Technik, wie sie Aronofsky auch schon in seinem Oscar-gekrönten „Black Swan“ anwendete: Fast der gesamte Film wird aus der Perspektive von Lawrence’ Mother erzählt. Extreme Close-ups und die eliptische Erzählweise, in der die Handlung schnell hin- und herspringt, sorgen dafür, dass auch der Zuschauer dem Treiben kaum entrinnen kann. Die Hauptdarstellerin muss dabei noch größeres Leid über sich ergehen lassen als Natalie Portman in „Black Swan“. Wieder einmal eine starke Leistung des „Tribute von Panem“-Stars Lawrence, die sich nicht auf ihren Oscar-Lorbeeren ausruht, sondern sich mit dieser intensiven Rolle fordert.

Suche nach der Ursache

Ohne Frage wird „Mother!“ wegen seiner Radikalität die Gemüter spalten. Von Aronofsky hätte man allerdings etwas mehr Substanz erwarten können als diese stark inszenierte, aber recht seelenlose Abhandlung über den Teufelskreis, in dem jeder Künstler und dessen Muse gefangen sind, wenn er seine Werke mit der Öffentlichkeit teilt. Durch diese Allgemeingültigkeit ist es somit nur konsequent, dass der Regisseur seinen Figuren keine Namen gegeben hat.

Schwangere im Chaos

In der ersten Hälfte wirkt das alles noch sehr intim, wie ein kammerspielartiger Haunted-House-Horrorfilm. Ein wohliger Grusel macht sich breit. „Was zum Teufel geht hier vor?“, fragt man sich fortwährend. Doch je weiter die Handlung voranschreitet, umso mehr steigert sich das Chaos im Gebäude und zahlreiche absurde Banalitäten nehmen überhand. Während immer mehr Menschen in das Haus strömen und die inzwischen schwangere Lawrence keine Unterstützung mehr von ihrem Mann erhält, verkommt Aronofskys Schöpfungsgeschichte zu einem visuell überbordenden Sündenfall mit teils brutalen Momenten, der dank der großartigen Stars zwar fasziniert, den Zuschauer am Ende aber aufgrund der allzu schlichten Erzählung enttäuscht zurücklässt. Viel Lärm um nichts.

Am Ende regiert das Chaos

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Darren Aronofsky haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Jennifer Lawrence, Michelle Pfeiffer und Kristen Wiig unter Schauspielerinnen, Filme mit Javier Bardem, Domhnall Gleeson und Ed Harris in der Rubrik Schauspieler.

Länge: 122 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: Mother!
USA 2017
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Darren Aronofsky
Besetzung: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer, Kristen Wiig, Brian Gleeson, Domhnall Gleeson, Jovan Adepo
Verleih: Paramount Pictures Germany

Copyright 2017 by Andreas Eckenfels

Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2017 Paramount Pictures Germany

 

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The Revenant – Der Rückkehrer: Der mit dem Bären tanzt

The_Revenant-Plakat

The Revenant

Kinostart: 6. Januar 2016

Von Andreas Eckenfels

Abenteuer // Wird Leonardo DiCaprio im sechsten Anlauf endlich zum Oscargewinner? Verdient hätte der stets jugendhaft aussehende Hollywood-Star den Goldbuben schon vor Jahren. Doch mit der Hauptrolle in „The Revenant – Der Rückkehrer“ kann Leo es endlich schaffen. Für den beinharten Überlebenskampf, den er als legendärer US-Trapper Hugh Glass durchleiden muss, aß der bekennende Vegetarier nicht nur die rohe Leber eines Bisons. Der Weg, den er beschreiten muss, ist noch wesentlich beschwerlicher als sein berühmter, drogengeschwängerter Gang von seinem Sportwagen in sein Haus in Martin Scorseses „The Wolf of Wall Street“.

Die Nerven liegen blank

Enorme Anstrengungen musste auch die komplette Produktion durchmachen. Neun Monate dauerte der Mammutdreh von „Birdman“-Regisseur Alejandro González Iñárritu. Die eiskalten Temperaturen in der kanadischen Wildnis zehrten an den Kräften der Filmcrew. Das Wetter machte den Aufnahmen häufig einen Strich durch die Rechnung. Weil am Ende des Drehs überraschend, da völlig untypisch für die Jahreszeit, der Schnee in Kanadas Bergen bereits geschmolzen war, wurde das Finale stattdessen in Argentinien gedreht.

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Hugh Glass ist ein erfahrener Trapper

Die steigenden Kosten brachten nicht nur Produzent Jim Skotchdopole auf die Palme, auch Crewmitglieder verließen aus Protest über die Arbeitsbedingungen das Set. Iñárritu bestand zudem darauf, den Film in chronologischer Reihenfolge und nur mit natürlichem Licht zu drehen. Was alles zusätzliches Geld, Zeit und vor allem viele Nerven verschlang.

Mann gegen Grizzly

Doch die Strapazen haben sich mehr als gelohnt: Iñárritu ist mit der wahren Geschichte von Hugh Glass, der Mitte der 1820er-Jahre die Truppe von Captain Andrew Henry (Domhnall Gleeson) auf der Jagd nach Tierfellen durch die kanadischen Wälder und entlang des Missouri River führt, ein ungeschliffenes, wildes und packendes Survival-Drama gelungen. Ein Grizzly kommt dem erfahrenen Scout in die Quere. Seine Flinte kann Glass nicht mehr rechtzeitig zücken.

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John Fitzgerald fällt eine folgenschwere Entscheidung

Der Kampf mit dem Bären ist unglaublich hart und authentisch inszeniert. Erinnerungen an die rohen Hundekämpfe aus Iñárritus brillantem Erstling „Amores Perros“ werden wach. Brüllen, Kratzen, Beißen – alles muss Glass über sich ergehen lassen, während das Tier mit seinem vollem Körpergewicht auf ihm herumtrampelt. Und ehe es sich Glass versieht, liegt er halb zerfetzt und mit gebrochenen Knochen am Boden. Doch wie durch ein Wunder hat er den Bären erlegt.

Totgeglaubt

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Im Bärenfell kämpft sich Glass zurück in die Zivilisation

Henry beschließt, den halbtoten Glass mit dessen halbindianischem Sohn Hawk (Forrest Goodluck), sowie dem kaltblütigen John Fitzgerald (Tom Hardy) und dem jungen Jim Bridger (Will Poulter) zurückzulassen. Doch die Wildnis und die Kälte machen ihnen zu schaffen. Zudem ist bei Glass‘ Zustand keine Besserung in Sicht und Indianer sind ihnen auf den Fersen. Schließlich eskaliert die Situation: Fitzgerald bringt Hawk um und überzeugt Bridger, ohne den dahinsichenden Glass abzuhauen. Doch Glass überlebt …

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Erinnerungen an bessere Zeiten

So wechselt „The Revenant“ vom Western zum Rachedrama. Es entspinnt sich ein knallhartes Epos über Naturgewalt, Habgier und Willenskraft, in dem auch immer wieder esoterische Elemente eingestreut sind. Die Bilder von Iñárritus Lieblingskameramann Emmanuel Lubezki – Oscar-gekrönt für „Gravity“ und „Birdman“ – tun ihr Übriges dazu, um für zweieinhalb Stunden in dieser rauen, eiskalten und brutalen Welt zu versinken.

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3.000 Meilen durch die eisige Wildnis – dann Rache!

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme mit Leonardo DiCaprio, Domhnall Gleeson und Tom Hardy haben wir in unserer Rubrik Schauspieler aufgelistet.

Länge: 151 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Originaltitel: The Revenant
USA 2015
Regie: Alejandro González Iñárritu
Drehbuch: Alejandro González Iñárritu, Mark L. Smith nach dem Roman „Der Totgeglaubte: Eine wahre Geschichte“ von Michael Punke
Besetzung: Leonardo DiCaprio, Tom Hardy, Domhnall Gleeson, Will Poulter, Lukas Haas, Paul Anderson, Kristoffer Juan
Verleih: Twentieth Century Fox

Copyright 2016 by Andreas Eckenfels

Filmplakat, Fotos & Trailer: © 2016 Twentieth Century Fox

 

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