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Conan – Der Zerstörer: Heldenreise, die zweite

Conan the Destroyer

Von Volker Schönenberger

Fantasy-Abenteuer // Eine Horde wilder Reiter stört den Cimmerier Conan (Arnold Schwarzenegger), als er in Begleitung des Diebs Malak (Tracey Walter) in der Einöde vor einem heiligen Schrein betet. Der Barbar streckt die Angreifer allesamt nieder. Dann taucht die schöne, aber niederträchtige Königin Taramis (Sarah Douglas) auf – sie war es, die die Krieger entsandte, um Conan zu testen. Sie hat einen Auftrag für ihn: Er soll ihre Nichte Prinzessin Jehnna (Olivia d’Abo) zum Schloss des Zauberers Toth-Amon (Pat Roach) geleiten, damit diese dort einen Diamanten beschafft: das „Herz von Ahriman“, das einzig Jehnna berühren kann. Mit diesem Juwel gelangt man an ein Horn, welches den träumenden Gott Dagoth zu erwecken imstande ist. Als Gegenzug für seine Dienste verspricht Königin Taramis Conan, seine geliebte Valeria von den Toten zurückzuholen.

Barbar Conan mag es nicht, beim Beten gestört zu werden

Als Leibwächter der Prinzessin begleitet der mächtige Bombaata (Wilt Chamberlain) Conan und Malak. Der Barbar ahnt nicht, dass Taramis Bombaata angewiesen hat, Conan nach Erledigung seiner Aufgabe zu töten. Unterwegs rettet Conan den Zauberer Akiro (Mako, „Kanonenboot am Yangtse-Kiang“) vor Kannibalen und die wilde Kriegerin Zula (Grace Jones, „James Bond 007 – Im Angesicht des Todes“) vor einem Lynchmob, die beiden schließen sich dem Trupp an.

Auf dem Level von „Conan – Der Barbar“

„Conan – Der Zerstörer“ (1984) hat alles, was zwei Jahre zuvor schon „Conan – Der Barbar“ auszeichnete: prachtvolle Landschaften, fantasievolle Kulissen, fiese Gegner und einen gewaltigen Recken auf einer Quest um Ruhm und Ehre (und die Hoffnung auf die Wiedervereinigung mit der großen Liebe). Erneut muss Conan diese nicht allein bewältigen, sondern bekommt Gefährtinnen und Gefährten an die Seite gestellt, auch wenn einer davon ein falsches Spiel spielt.

Königin Taramis erteilt dem Cimmerier einen Auftrag

Sogar die Story trägt den Namen Story zu Recht. Komplex geht anders, aber das mit Loyalität, Verrat und Versatzstücken diverser Mythologien gespickte Abenteuer vermag auch jenseits seiner großen Schauwerte zu fesseln. So müssen Heldenreisen sein! Im Gegensatz um „Conan – Der Barbar“ lässt sich bei „Conan – Der Zerstörer“ sogar etwas Augenzwinkern vermelden. Das liegt nicht zuletzt an Conans Mitstreitern Malak und Akiro und sogar an seiner Mitstreiterin Zula. Der Soundtrack-Komponist Basil Poledouris hat wie im Vorgänger das richtige Gespür für mächtige und zurückhaltende Klänge. Basketball-Fans können sich obendrein am Auftritt des ehemaligen NBA-Superstars Wilt Chamberlain (1936–1999) erfreuen, der als heimtückischer Begleiter Conans eine gute Figur abgibt. Nein, große Schauspielkunst ist damit nicht gemeint, sie ist für den Film sekundär.

Nichts gegen Low Fantasy!

Wie beim Vorgänger, so gilt natürlich auch hier: Wer die sogenannte Low Fantasy nur abfällig belächelt, wird „Conan – Der Zerstörer“ nichts abgewinnen können. So erntete das Sequel dann auch zahlreiche abfällige bis spöttische Kritiken. Von dümmlich und hirnlos bis billig und langweilig reichte die Bandbreite der vernichtenden Urteile. Dazu passte auch, dass die zum Zeitpunkt der Drehbarbeiten 15-jährige Olivia d’Abo für diese und ihre Rolle im im selben Jahr entstandenen „Ekstase“ für die Goldenen Himbeeren als schlechteste Nebendarstellerin und schlechtester neuer Star nominiert wurde und die letztgenannte „Auszeichnung“ sogar zugesprochen bekam (von „gewann“ mag ich in dem Kontext nicht schreiben).

Kannibalen am Wegesrand

Angesichts all der Schwerter, Äxte und sonstigen Hieb- und Stichwaffen fällt der Blutgehalt von „Conan – Der Zerstörer“ erstaunlich gering aus. „Conan – Der Barbar“ hatte da mehr zu bieten und in den USA folgerichtig ein R-Rating erhalten, das Jugendlichen unter 17 Jahren den Besuch des Films nur in Begleitung Erwachsener gestattete. Auf Wunsch von Universal Pictures und Executive Producer Dino De Laurentiis lieferte Regisseur Richard Fleischer („Jahr 2022 … die überleben wollen“, „Die Wikinger“) eine entschärfte Variante ab, die letztlich das begehrte PG-Rating erhielt, das die Begutachtung oder Begleitung durch die Eltern („Parental Guidance“) lediglich empfahl und Kindern und Jugendlichen den Kinobesuch somit ohne Begleitung ermöglichte. Dagegen ist nichts einzuwenden, obwohl etwas mehr erwachsene Düsternis dem Film womöglich gutgetan hätte.

Auf geht’s!

Nun hat capelight pictures „Conan – Der Zerstörer“ ein Mediabook mit Blu-ray und DVD spendiert, das sich in jeder Mediabook-, Schwarzenegger- und Barbarenfilmsammlung prächtig macht. Zwei Audiokommentare und zwei Featurettes sind nicht neu, bereichern die Edition aber, was sich auch über den Booklettext von Oliver Nöding konstatieren lässt. Der Autor lässt sich kenntnisreich über Barbarenfilme, Regisseur Richard Fleischer und einige Aspekte des Films aus.

Leider kein dritter Teil

Wie schon „Conan – Der Barbar“ gibt auch „Conan – Der Zerstörer“ mit den letzten Worten einer Stimme aus dem Off einen Ausblick auf eine andere Geschichte, in welcher der Cimmerier seine eigene Krone getragen habe. Im Kino wurde sie jedoch nie erzählt. Schade drum, der vom texanischen Schriftsteller Robert E. Howard (1906–1936) erschaffene Held hätte Fantasy-Fans auf der großen Leinwand sicher auch ein drittes Mal Freude bereitet. 1985 kam immerhin noch Richard Fleischers „Red Sonja“ in die Kinos, in welchem Arnold Schwarzenegger erneut als Barbar in Erscheinung tritt, der allerdings aus lizenzrechtlichen Gründen nicht Conan heißt, sondern Kalidor. Das Fantasy-Abenteuer mit Brigitte Nielsen und Sandahl Bergman ist aber im „Conan“-Universum angesiedelt, kann jedoch das Niveau der beiden „Conan“-Filme nicht halten.

Noch ahnt Conan (r.) nicht, welch falsches Spiel Bombaata spielt

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Richard Fleischer haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Arnold Schwarzenegger unter Schauspieler.

Aber er ist Conan!

Veröffentlichung: 16. Dezember 2022 als Blu-ray, 18. November 2022 als 2-Disc Limited Collector’s Edition Mediabook (Blu-ray & DVD) und DVD, 28. Oktober 2011 als Blu-ray, 13. März 2009 und 7. Februar 2002 als DVD

Länge: 101 Min. (Blu-ray), 97 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Conan the Destroyer
USA/MEX 1984
Regie: Richard Fleischer
Drehbuch: Stanley Mann, nach Motiven der „Conan“-Erzählungen von Robert E. Howard
Besetzung: Arnold Schwarzenegger, Grace Jones, Wilt Chamberlain, Sarah Douglas, Mako, Tracey Walter, Olivia d’Abo, Pat Roach, Jeff Corey, Sven-Ole Thorsen, Bruce Fleischer, Ferdy Mayne, Matt Conner
Zusatzmaterial 2022: Audiokommentar von Regisseur Richard Fleischer, Audiokommentar von Olivia d’Abo und Tracey Walter, „Basil Poledouris: Die Filmmusik zur Conan-Saga“ (17:17 Min.), „Conan – Wie die Comic-Legende entstand“ (14:06 Min.), US-Kinotrailer, deutscher Kinotrailer, Trailershow, nur DVD: Wendecover, nur Mediabook: 24-seitiges Booklet mit einem Text von Oliver Nöding
Zusatzmaterial älter (variiert je nach Veröffentlichung): Audiokommentar von Regisseur Richard Fleischer, Audiokommentar von Olivia d’Abo und Tracey Walter, „Basil Poledouris: Die Filmmusik zur Conan-Saga“ (17:17 Min.), „Conan – Wie die Comic-Legende entstand“ (14:06 Min.), Fotogalerie „Hinter den Kulissen“, Bildergalerie „Comic Book“, Original-Kinotrailer
Original Kinotrailer
Label 2022: capelight pictures
Vertrieb 2022: Al!ve AG
Label/Vertrieb 2011: MGM / Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & gruppierter Packshot: © 2022 capelight pictures

 

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Der City-Hai – Ein-Mann-Armee Arnie gegen die Mafia

Raw Deal

Von Volker Schönenberger

Actionthriller // Mit Anthony Manns Film noir „Raw Deal“ (deutscher Titel: „Flucht ohne Ausweg“) von 1948 und dem gleichnamigen Australo-Western von 1977 hat „Der City-Hai“ (1986) außer dem Originaltitel nichts zu tun. Die 1986er-Regiearbeit von John Irvin („Hamburger Hill“) beruht auf einem Originaldrehbuch (und den an sich in fehlerhafter Schreibweise nicht enthaltenen Bindestrich füge ich „Der City-Hai“ hinzu). Mit dem Titel „Der City-Hai“ wollte der deutsche Verleih klar erkennbar auf den Erfolgszug von „Die City-Cobra“ (1986) mit Sylvester Stallone aufspringen (der im Original im Übrigen nur „Cobra“ betitelt ist).

Der Sheriff arbeitet mit explosiven Methoden

Die Produktion der De Laurentiis Entertainment Group startet mit einem Massaker in einem „Safe House“ des FBI, das offenbar nicht so sicher war wie erhofft. Mafiakiller ermorden die FBI-Agenten, die dort zur Bewachung des Kronzeugen Marcellino (Mordecai Lawner) abgestellt sind, und richten diesen mit einem Kopfschuss hin (ein nachhaltig beeindruckender Einstieg, der die Messlatte für das folgende Geschehen allerdings zu hoch legt). Marcellino wollte gegen den Gangsterboss Luigi Patrovita (Sam Wanamaker) aussagen, der die Fäden der Mafia in Chicago in den Händen hält.

Inoffizieller Undercovereinsatz

Unter den Toten des FBI befindet sich auch Blair Shannon (Steve Holt), Sohn des FBI-Chefs Harry Shannon (Darren McGavin). Der trauernde Vater holt seinen besten Mann zurück aus dem Ruhestand: Mark Kaminski (Arnold Schwarzenegger), vor Jahren wegen rüder Methoden genötigt, freiwillig aus dem FBI auszuscheiden, oder einer Anklage entgegenzusehen. Kaminski lebt als Sheriff in einer Südstaaten-Kleinstadt, wo er und speziell seine dem Alkohol zuletzt stärker zusprechende Frau Amy (Blanche Baker) sich überhaupt nicht wohlfühlen, seit sie aus New York weggegangen sind. In einem nicht vom FBI gedeckten inoffiziellen Einsatz heuert Shannon Kaminski an, sich undercover in Patrovitas Familie einzuschleusen. Es gelingt ihm, sich von Patrovitas Mann fürs Grobe Paulo Rocca (Paul Shenar) anheuern zu lassen, obwohl dessen rechte Hand Max Keller (Robert Davi) dem Neuling mehr als argwöhnisch gegenübersteht.

Kaminski macht undercover auf sich aufmerksam

Mit „Der City-Hai“ wollte Produzentenlegende Dino De Laurentiis einen Hit einfahren, um im Anschluss eine Herzensangelegenheit zu verwirklichen: die Verfilmung von Philip K. Dicks Kurzgeschichte „Erinnerungen en gros“. Daraus wurde aber nichts, weil der Actionthriller sein Budget von etwa zehn Millionen Dollar an den Kinokassen nicht einmal doppelt einspielte, was ihn nahezu als Flop dastehen ließ. Der Misserfolg trug zum Bankrott der Produktionsfirma De Laurentiis Entertainment Group bei, weshalb die Dick-Geschichte zu Carolco Pictures wechselte. Ein glücklicher Umstand, denn De Laurentiis wollte die Hauptrolle keineswegs an Arnold Schwarzenegger geben. Nun jedoch erhielt er sie unter dem Regisseur Paul Verhoeven. Der Rest ist Geschichte und trägt den Titel „Total Recall – Die totale Erinnerung“ (1990).

Die Frau vom Glücksspieltisch

Um „Der City-Hai“ zu genießen, ist es hilfreich, beide Augen über gewisse Unzulänglichkeiten der Story zuzudrücken. Wenn es wirklich so einfach wäre, sich ins organisierte Verbrechen einzuschleusen, wie das Kaminski praktiziert, wäre es schon längst bezwungen. Ein gut durchdachter Thriller-Plot sieht anders aus, also konzentrieren wir uns auf die Action und die Interaktionen. Und die machen Spaß, angefangen mit dem Macho-Geplänkel zwischen Kaminski und Max Keller und nicht endend mit Kaminskis Casino-Bekanntschaft Monique (Kathryn Harrold), die er schnell als Informantin durchschaut – sie mag den Kerl tatsächlich, lässt sich aber aufgrund ihrer Spielschulden von Keller anheuern, den Neuen auszuspionieren.

Monique spielt mit dem Feuer …

Auch die Action passt gut in die glorreichen 80er. Das Massaker zu Beginn setzt gleich eine gnadenlose Duftmarke, spätere Schießereien wissen ebenfalls zu gefallen. Nicht zu vergessen die Schlägereien, etwa wenn Kaminski eine illegale Spielhölle aufmischt oder ihm drei Ganoven in eine Boutique folgen, in der er gerade Monique Klamotten kaufen will.

Zu viel Dialog für Arnie

Arnie tut das, was er gut kann, und bisweilen auch das, was er nicht so gut kann. Das ist allerdings nicht ihm anzulasten, sondern Drehbuch und Regie, die ihm in einigen Szenen zu viel Dialog aufbürden. „Der City-Hai“ ist jedenfalls kein Film, in welchem Schwarzenegger erinnerungswürdige One-Liner hervorgebracht hat. Es war seinerzeit in den 80ern nicht angeraten, ihn lange Erklärungen zu sprechen zu geben, was beispielsweise in einem Gespräch zwischen den Kaminski-Eheleuten zu Beginn deutlich wird: Es dient dazu, dem Publikum zu berichten, was den FBI-Mann aus New York als Sheriff ins Hinterland verschlagen hat. Derlei Informationen per Dialogen zu vermitteln, ist dramaturgisch selten eine gute Idee, erst recht nicht, wenn man das von einem Actionstar erledigen lässt, der den Eindruck erweckt, emotionslos einen auswendig gelernten Text aufzusagen (was hier wohl auch der Wahrheit entspricht).

… und verguckt sich in den vermeintlichen Gangster

Es sei, wie es sei – als Actioner macht sich „Der City-Hai“ einigermaßen in Schwarzeneggers 80er-Filmografie, auch wenn er bei Weitem nicht an den Status von beispielsweise „Phantom-Kommando“ (1985), „Running Man“ (1987) und „Red Heat“ (1988) heranreicht – von den großen Klassikern „Conan – Der Barbar“ (1982), „Terminator“ (1984) und „Predator“ (1987) ganz zu schweigen. Speziell der Vergleich mit „Phantom Kommando“ drängt sich auf, der weitaus besser mit der Entscheidung fährt, den Storyanteil zugunsten der Action auf ein nötiges Minimum zu reduzieren. Gleichwohl macht auch „Der City-Hai“ Arnies Ruhm als Ein-Mann-Armee im so bleihaltigen wie blutigen Showdown alle Ehre. Einschränkend sei aber angeführt, dass sein Dasein als gnadenloser Einzelkämpfer tatsächlich erst in diesem Finale zum Tragen kommt und sich zuvor nicht recht angedeutet hat.

Keine Probleme mit der Zensur

Mit Zensurkürzungen immerhin hatte der Streifen nur in der VHS-Ära zu kämpfen, alle DVDs und Blu-rays sind ungeschnitten. Wer eine der älteren Editionen im Regal stehen hat, kann mit der Neuveröffentlichung von Studiocanal Home Entertainment qualitativ hinzugewinnen. Das Label hat den Film als 4K UHD, Blu-ray und DVD erneut in den Handel gebracht. Zur Sichtung lag mir die qualitativ überzeugende Blu-ray vor, wer den Schritt zu 4K gemacht hat, mag eine Schippe drauflegen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von John Irvin haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Ed Lauter und Arnold Schwarzenegger unter Schauspieler.

Mit Kaminski ist nicht gut Kirschen essen

Veröffentlichung: 27. Oktober 2022 als UHD Blu-ray im Steelbook, Blu-ray und DVD, 29. August 2016 als Blu-ray in großer Hartbox (3 Covermotive à 150 Exemplare), 14. September 2015 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD, 3 Covermotive à 666, 333 und 222 Exemplare), 20. Mai 2010 als Blu-ray und DVD, 30. Juli 2007 als DVD im Steelbook, 28. März 2002 und 12. Juni 2001 als DVD

Länge: 106 Min. (Blu-ray), 101 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Französisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Französisch
Originaltitel: Raw Deal
USA/NL 1986
Regie: John Irvin
Drehbuch: Gary DeVore, Norman Wexler
Besetzung: Arnold Schwarzenegger, Kathryn Harrold, Sam Wanamaker, Paul Shenar, Robert Davi, Ed Lauter, Darren McGavin, Joe Regalbuto, Steven Hill, Blanche Baker, Steve Holt, Mordecai Lawner
Zusatzmaterial 2022: „Arnold Schwarzenegger – Der Mann, der Hollywood auf den Arm nahm“ (16 Min.), „Raw Deal – Ein echter Gangsterfilm“ (9 Min.), deutscher Trailer, Originaltrailer, Wendecover
Label/Vertrieb 2022: Studiocanal Home Entertainment
Label/Vertrieb 2016 & 2015: ’84 Entertainment
Label/Vertrieb 2010 und früher: Kinowelt

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & gruppierter Packshot: © 2022 Studiocanal Home Entertainment

 

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Zum 75. Geburtstag von Arnold Schwarzenegger: Total Recall – Die totale Erinnerung: War ich nun auf dem Mars oder nicht?

Total Recall

Von Volker Schönenberger

SF-Action // Im Jahr 2084 ist der Mars von Menschen besiedelt worden. Unter der Leitung des despotischen Vilos Cohaagen (Ronny Cox) wird dort das begehrte Turbinium-Erz abgebaut. Cohaagen muss sich gegen Rebellen zur Wehr setzen, die nicht vor Gewalt zurückschrecken. Derweil träumt der Bauarbeiter Douglas Quaid (Arnold Schwarzenegger) auf der Erde immer wieder vom Mars und einer Brünetten, mit der er auf dem roten Planeten Erlebnisse teilt. Dabei ist er doch seit acht Jahren mit der attraktiven Blondine Lori (Sharon Stone) verheiratet!

Falsche Erinnerung legt eine verborgene frei

Ein Werbesport im ÖPNV verleitet Doug dazu, das Unternehmen Rekall aufzusuchen. Dort implantiert man Kunden, die sich den Trip nicht leisten können oder wollen, falsche Erinnerungen an eine Reise nach ihren Wünschen. Doug wählt – natürlich – den Mars, und aus den diversen Optionen entscheidet er sich für die Erinnerung an eine Mission als Geheimagent. Selbst die Erinnerung an eine weibliche Begleiterin darf er sich zusammenstellen, er entscheidet sich für eine athletische, ernsthafte Brünette. Doch beim Einpflanzen geht etwas schief. Die Prozedur stößt auf tief in seinem Gehirn verborgene Erinnerungen. Doug war schon einmal auf dem Mars!

Einmal mehr kurios: das Urteil des Lexikons des internationalen Films. Über „Total Recall – Die totale Erinnerung“ schrieb die Filmpublikation der Katholischen Filmkommission für Deutschland seinerzeit: Seine tricktechnischen Leistungen sind die einzige Originalität des inhaltlich epigonalen und uninspirierten Films, der die wirre Erlösergeschichte um falsche Identitäten lediglich ausbreitet, um eine rabiate Action-Maschinerie zu entfesseln. Immerhin erkennen die Katholiken die tricktechnischen Leistungen des Films an. Die wissen in der Tat zu beeindrucken. Was wir hier auf der Erde und insbesondere dem Mars an visuellen Spezialeffekten zu sehen bekommen, war 1990 State of the Art und gefällt auch heute noch, auch wenn man ihnen die Entstehungszeit ansieht. Das positive Urteil gilt auch für die Make-up-Effekte und Animatronics, denn auf dem Mars und speziell dem Vergnügungsviertel Venusville tummeln sich Mutanten, die sehr liebevoll gestaltet sind. Die Prostituierte Mary mit den drei Brüsten hat es zum Ikonenstatus gebracht, um ein Beispiel zu nennen. Dabei ist anzumerken, dass sich die Darstellerin Lycia Naff beim Dreh der Szenen, in denen sie ihren Oberkörper entblößte, sehr unwohl und herabgewürdigt fühlte, auch wenn sie nicht ihre echten Brüste zeigen musste. Sie verweigerte daraufhin jegliche Teilnahme an der Promotion des Films. Mary mag in erster Linie als visuelles Gimmick für den männlichen Teil des Filmpublikums dienen, aber es treten auch Mutanten in Erscheinung, die die Handlung vorantreiben.

Rabiate Action-Maschinerie? Sicher das!

Wie man auf den Gedanken kommen kann, „Total Recall – Die totale Erinnerung“ sei „inhaltich epigonal und uninspiriert“, wird wohl das Geheimnis des Verfassers oben zitierter Zeilen bleiben. Paul Verhoevens Werk sprüht vor Einfallsreichtum und Originalität, in der Hinsicht (und sowieso) muss es sich vor den besten Science-Fiction-Filmen der 80er- und 90er-Jahre und anderen Dekaden sicher nicht verstecken. Hier ist überhaupt nichts uninspiriert! Und wer eine „wirre Erlösergeschichte um falsche Identitäten“ anprangert, hat wohl einfach bei diversen erläuternden Szenen um Douglas Quaid nicht aufgepasst. Gerade das Spiel mit Quaids Identität macht ein Gutteil der Faszination aus und liefert den einen oder anderen „What the Fuck“-Moment. Wir bewegen uns hier im Bereich der Wahrnehmung von Realität und der Frage, wie wir Menschen über unsere Umgebung und unser Dasein getäuscht werden können. Dies setzt der Film vorzüglich um. Was die „rabiate Action-Maschinerie“ angeht, hat das Lexikon des internationalen Films sicher recht. Aber: Was spricht gegen eine rabiate Action-Maschinerie? Eben. Ich hätte auch nichts gegen eine Veröffentlichung inklusive der damals für das X-Rating in den USA gekürzten zusätzlichen Gewalt- und Splatterszenen, aber dazu wird es wohl nie kommen.

Paul Verhoeven ist es sogar gelungen, bei all der Action stets die Geschichte voranzutreiben. Als Verfolger von Quaid agiert Cohaagens Mann fürs Grobe: Richter, dessen Darsteller Michael Ironside („Scanners – Ihre Gedanken können töten“) Verhoeven 1997 auch in seiner bissigen SF-Satire „Starship Troopers“ besetzte. Als Brünette aus Quaids Träumen entpuppt sich Melina (Rachel Ticotin, „Con Air“).

Erfolg an den Kinokassen

Der niederländische Regisseur war 1985 im Anschluss an die Fertigstellung des Historien-Abenteuers „Flesh + Blood“ von Europa in die USA übergesiedelt. Seine erste Hollywood-Regiearbeit „RoboCop“ (1987) hatte wie eine Bombe eingeschlagen und war von Moralhütern und Teilen der Filmkritik aufgrund der drastischen Gewaltdarstellung skandalisiert worden. Verhoevens in Mexiko entstandene folgende Regiearbeit „Total Recall“ toppte den Erfolg von „RoboCop“, spielte an den weltweiten Kinokassen bei einem gegenüber dem Vorgänger zugegeben signifikant höheren Budget von 65 Millionen US-Dollar mehr als 260 Millionen Dollar ein. Der Academy of Science Fiction, Fantasy & Horror Films in den USA war das Werk 1991 die Saturn Awards als bester Science-Fiction-Film und für die besten Kostüme wert. In jenem Jahr wurde aus mir unbekannten Gründen der Oscar für die visuellen Spezialeffekte nicht vergeben. Dafür erhielt „Total Recall“ einen „Special Achievement Award“ für die visuellen Effekte. Ton und Tonschnitt waren für den Oscar nominiert, den Academy Award für den Ton gewann aber „Der mit dem Wolf tanzt“, den für den Tonschnitt „Jagd auf Roter Oktober“.

Nach einer Vorlage von Philip K. Dick

Mit „Total Recall“ adaptierte Verhoeven die im April 1966 in „The Magazine of Fantasy & Science Fiction“ erstveröffentlichte Kurzgeschichte „We Can Remember It For You Wholesale“ („Erinnerungen en gros“) von Philip K. Dick. Die Drehbuchautoren nahmen sich dabei einige Freiheiten. So tauchen diverse Figuren des Films in der Vorlage gar nicht auf und die Geschichte endet völlig anders als der Film. Das schadet „Total Recall“ allerdings überhaupt nicht, da dessen Skript Douglas Quaid einen ganz anderen Weg einschlagen lässt als der Verlauf der Handlung der Kurzgeschichte (dort heißt der Protagonist Douglas Quail, was für den Film womöglich aufgrund des damaligen US-Vizepräsidenten Dan Quayle geändert wurde). Philip K. Dick gilt im Übrigen als einer der visionärsten Science-Fiction-Schriftsteller überhaupt. Von ihm stammen unter anderem die Vorlagen zu Ridley Scotts „Blade Runner“ (1982), Steven Spielbergs „Minority Report“ (2002), John Woos „Paycheck – Die Abrechnung“ (2003) und Richard Linklaters „A Scanner Darkly – Der dunkle Schirm“ (2006).

Sowohl der visuelle Einfallsreichtum als auch das clever aufgezogene Verwirrspiel um Douglas Quaids Identität prädestinieren „Total Recall – die totale Erinnerung“ dafür, mehrfach angeschaut zu werden. Ein paar Mal sind es bei mir mittlerweile geworden, beginnend 1990 mit dem Kinobesuch, und auch die jüngste Sichtung anlässlich dieses Textes war mit ihren fast schon kitschigen Farben und dem hymnischen Score von Oscar-Preisträger Jerry Goldsmith („Das Omen“) wieder ein großes Vergnügen. Nach zwischenzeitlicher Restaurierung liegt das Werk nun auch in hervorragender hochauflösender Qualität vor (mir reicht die Blu-ray völlig aus, wer es noch schärfer mag, kann mittlerweile auch aufs UHD-Format zugreifen). Nach der 1991 erfolgten Indizierung des in den deutschen Kinos mit FSK 18 gelaufenen Films kursierte er zwischenzeitlich in gekürzten FSK-16-Versionen auf VHS und DVD. Im Anschluss an die 2011er-Listenstreichung erfolgte die Herabstufung der ungekürzten Fassung auf FSK 16, wobei die eine oder andere seitdem veröffentlichte Blu-ray oder DVD aufgrund nicht neu geprüften Bonusmaterials noch mit FSK 18 ausgezeichnet ist.

Colin Farrell oder Arnold Schwarzenegger?

Die wiederum sehr frei gehaltene 2012er-Neuverfilmung von Len Wiseman („Underworld“) mit Colin Farrell in der Rolle der Schwarzenegger-Figur ist weniger bunt als Verhoevens Werk, sondern kommt in einem düster-dystopischen Look daher. Es mangelt ihr auch am Augenzwinkern des Vorgängers. Sie mag ihre Qualitäten und Fans haben, aber da sie mich bei meiner bislang einzigen Sichtung kaum berührt hat, werde ich es dabei belassen. „Total Recall – Die totale Erinnerung“ hingegen hat einen Ehrenplatz in meiner Science-Fiction-Filmsammlung und ich werde mich sicher mal wieder daran erfreuen. Ein Klassiker, der zu den Karrierehöhepunkten von Arnold Schwarzenegger zu zählen ist, auch wenn Arnies bisweilen etwas hölzerne Körpersprache und seine ebensolchen Dialoge hier ebenfalls nicht zu leugnen sind (seine Personalie mag der Grund sein, weshalb „Total Recall“ bei manchen Filmkennern nicht den gebührenden Status genießt). Der am 30. Juli 1947 in Thal in der Steiermark (Österreich) geborene Schauspieler, Ex-Bodybuilding-Champion und Ex-Gouverneur von Kalifornien feiert 2022 seinen 75. Geburtstag. Seinen beeindruckenden Werdegang habe ich in meinem Text zu Roger Spottiswoodes ebenfalls in einer hochtechnisierten Zukunft angesiedelten „The 6th Day“ (2000) Revue passieren lassen.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Paul Verhoeven haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Sharon Stone unter Schauspielerinnen, Filme mit Michael Ironside und Arnold Schwarzenegger in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 6. Mai 2021 als UHD Blu-ray, 19. November 2020 als UHD Blu-ray im Steelbook, Blu-ray im Steelbook, Blu-ray und DVD, 6. Dezember 2018 und 21. Juli 2016 als Blu-ray und DVD, 2. Oktober 2013 als Blu-ray in der „Double Up Collection“ (mit „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“), 17. Dezember 2012 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD, auf 1.000 Exemplare limitiert), 9. August 2012 als Blu-ray in der Ultimate Rekall Edition und DVD, 15. Juli 2010 als Special Edition Blu-ray, 17. Juni 2010 als Blu-ray im Steelbook und gekürzte Blu-ray, 10. Oktober 2008 als Blu-ray, 3. April 2007 als DVD im Steelbook, 21. April 2006 als gekürzte DVD, 11. Januar 2005 als 3-Disc Special Edition DVD, 14. November 2008 als DVD

Länge: 113 Min. (Blu-ray), 111 Min. (Blu-ray, gekürzt), 109 Min. (DVD), 106 Min. (DVD, gekürzt)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch (z. T. weitere)
Untertitel: Deutsch, Englisch (z. T. weitere)
Originaltitel: Total Recall
USA/MEX 1990
Regie: Paul Verhoeven
Drehbuch: Ronald Shusett, Dan O’Bannon, Gary Goldman, nach der Kurzgeschichte „We Can Remember It For You Wholesale“ („Erinnerungen en gros“) von Philip K. Dick
Besetzung: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Sharon Stone, Ronny Cox, Michael Ironside, Marshall Bell, Mel Johnson Jr., Michael Champion, Roy Brocksmith, Rosemary Dunsmore, David Knell, Alexia Robinson, Dean Norris, Debbie Lee Carrington, Lycia Naff
Zusatzmaterial (nicht in allen Editionen): Audiokommentar von Arnold Schwarzenegger und Paul Verhoeven, Audiokommentar von Kameramann Jost Vacano und Marko Kregel, „Total Excess – Wie Carolco Hollywood veränderte“ (59:22 Min.), „Open Your Mind – Die Filmmusik“ (21:24 Min.), „Dreamers within the Dream – Die Entstehung von Total Recall“ (8:26 Min.), Trailer zur 4K-Veröffentlichung, „Die Spezialeffekte von Total Recall“ (23:15 Min.), Interview mit Paul Verhoeven (34:47 Min.), Making-of (8:03 Min.), Interview mit dem Filmteam (30:12 Min.), Interview mit dem Science-Fiction-Experten Stéphane Bourgoin (9:09 Min.), Vision vom Mars (5:27 Min.), virtuelle Ferien (6:29 Min.), Vergleich: Die Restaurierung – vorher und nachher (5:13 Min.), Interview mit M. Hildebrand und G. Mignotte (Kaméléon Studios) über die Spezialeffekte (16:26 Min.), Konzeptzeichnungen, Storyboards, Trailer, Fotogalerie, 16-seitiges Booklet (nur Mediabook), 8-seitiges Booklet mit Produktionsnotizen (nur Ultimate Rekall Edition), Wendecover
Label/Vertrieb: Studiocanal Home Entertainment (zum Teil Kinowelt)

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Untere drei Packshots: © Studiocanal Home Entertainment

 
 

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