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Zum 65. Geburtstag von Sean Bean: James Bond 007 – GoldenEye: Famoser Einstand für Pierce Brosnan

GoldenEye

Von Volker Schönenberger

Agenten-Abenteuer // Beginnen wir mit dem Vorgänger: „Lizenz zum Töten“ hatte 1989 ein vergleichsweise enttäuschendes Einspielergebnis von lediglich 156 Millionen Dollar erzielt. Gegenüber dem Produktionsbudget von 30 Millionen Dollar war das zwar als moderater Erfolg zu werten, aber insbesondere die Kinoeinnahmen in den USA und Kanada in Höhe von knapp unter 35 Millionen Dollar ließen zu wünschen übrig. Der zweite Bond mit Timothy Dalton als 007 war vielen als Rache-Actionthriller zu brutal geraten und ließ es am typischen Bond-Flair fehlen.

Daltons Ernsthaftigkeit kam zwar recht gut an und bewegte sich näher an der Romanfigur als alle vorherigen cineastischen Verkörperungen des britischen Agenten; dennoch wusste man anschließend nicht so recht, wo die Reise für die Reihe hingehen sollte, zumal ein Rechtsstreit um Erlöse aus dem Verkauf von TV-Rechten für Lähmung sorgte (siehe dazu Tesche, Siegfried: „Das große James Bond Buch“, aktualisierte Auflage 2002, S. 199 f.). Auch unterschiedliche künstlerische Vorstellungen zwischen der Bond-Produktionsfirma EON Productions und Albert R. Broccoli auf der einen und dem wichtigen US-Verleih Metro-Goldwyn Mayer / United Artists auf der anderen Seite verzögerten den nächsten Teil weiter.

Brosnan folgt auf Dalton

Dennoch sollte Timothy Dalton den Agenten mit der Lizenz zum Töten ein drittes Mal verkörpern, doch am 12. April 1994 ließ er die Bombe platzen und verkündete, James Bond nie wieder zu spielen. Der jahrelange Rechtsstreit habe ihm zu schaffen gemacht, so seine Begründung. Und: Seit dem letzten James-Bond-Film sind sechs Jahre vergangen und acht, seit ich weltweit mit 007 identifiziert wurde. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich neuen Aufgaben zu stellen (zitiert nach: Tesche, S. 201 f.).

Bungee-Bond

Die Suche nach Daltons Nachfolger verursachte eine weitere Verzögerung, bis am 8. Juni 1994 Pierce Brosnan als fünfter James-Bond-Darsteller vorgestellt wurde. Er war bereits vor Daltons 1987er-Debüt „Der Hauch des Todes“ für die Rolle vorgesehen gewesen, aber genau deswegen stieg das erlahmte Interesse an der Fernsehserie „Remington Steele“ wieder, weshalb schließlich doch eine – wenn auch auf sechs Episoden reduzierte – fünfte Staffel mit Brosnan als männlichem Hauptdarsteller gedreht wurde. Bond-Produzent Albert R. Broccoli gefiel es dem Vernehmen nach nicht, dass sein neuer Bond gleichzeitig auch mit einer Serienfigur identifiziert wurde, weshalb er auf Timothy Dalton umschwenkte.

Pinewood wird zu klein

Am 16. Januar 1995 begannen die Dreharbeiten für „James Bond 007 – GoldenEye“. Da sich die ehrwürdigen Pinewood-Studios für die ambitionierten Kulissen als zu klein erwiesen hatten und zudem ausgebucht waren, errichtete EON Productions ein deutlich größeres neues Studio auf dem Gelände des ehemaligen Rolls-Royce-Werks in Leavesden bei Watford nordwestlich von London (seit 2010 gehört das Studio zu Warner).

Doppelter Einsatz für die Doppel-Null: 006 (l.) und 007

Der obligatorische Prolog von „GoldenEye“ spielt in den 80ern mitten im Kalten Krieg. 007 ist mit seinem MI6-Kollegen 006 im Einsatz: Für James Bond (Pierce Brosnan) und Alec Trevelyan (Sean Bean) gilt es, eine Chemiewaffenfabrik tief in den russischen Bergen zu zerstören. Die Bomben sind schnell platziert, doch dann muss Bond mit ansehen, wie Colonel Ourumov (Gottfried John) Trevelyan per Kopfschuss hinrichtet. 007 entkommt knapp, die Fabrik geht in die Luft.

M liest ihrem besten Mann erst mal die Leviten

Neun Jahre später ist die Sowjetunion Geschichte (der Vorspann von „GoldenEye“ greift das symbolisch auf). In Monte Carlo klaut die ehemalige sowjetische Kampfpilotin Xenia Onatopp (Famke Janssen) für das russische Gangstersyndikat Janus einen hochmodernen Kampfhubschrauber vom Typ Eurocopter Tiger. James Bond ist ihr zwar auf der Spur, kann den Diebstahl aber nicht verhindern. Tatsächlich geht es Onatopp und ihrem Spießgesellen Ourumov – nun General – um etwas anderes: das im Orbit stationierte und von Sibirien aus gesteuerte streng geheime russische Waffensystem „GoldenEye“.

Xenia Onatopp und General Ourumov machen reinen Tisch

I think you’re a sexist, misogynist dinosaur. A relic of the Cold War. – Ich halte Sie für einen sexistischen, frauenfeindlichen Dinosaurier, ein Relikt des Kalten Krieges. Wenn das mal nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist. Harte Worte, die Bonds neue Chefin M (Judi Dench) ihm entgegenbringt. Ausdruck eines neuen Zeitgeists, der auch vor dem Agenten mit der Lizenz zum Töten nicht Halt macht. Das Frauenbild ist moderner geworden, von „Bond-Girls“ ist im Marketing nicht mehr die Rede, bei Ms Vorzimmerdame Moneypenny (Samantha Bond) wirkt sein Charme auch nicht mehr.

Objekt der Begierde: GoldenEye

Eine „Bond-Frau“ immerhin tritt in Gestalt von Izabella Scorupco („Die Herrschaft des Feuers – Reign of Fire“) als russische „GoldenEye“-Programmiererin Natalja Simonova in Erscheinung. Allerdings wirkt Famke Janssen als nymphomanische Sadistin (wahlweise sadistische Nymphomanin) mit mörderischer Oberschenkelmuskulatur doch eher wie eine kruden Männerfantasien entsprungene Karikatur. Dazu passt auch, dass Bond ihren Nachnamen Onatopp für ein gar lustiges Wortspiel „On the top?“ nutzt. Ob der Name eigens dafür ersonnen wurde? Sei’s drum, immerhin raucht James Bond nicht mehr.

Der Bungeesprung von der Talsperre

In puncto Action lässt sich „GoldenEye“ nicht lumpen, der Prolog gibt hier gut den Takt vor und enthält zudem einen spektakulären Bungee-Sprung. Der wurde an der Verzasca-Talsperre am Lago di Vogorno im Schweizer Kanton Tessin gedreht. Die Betreibergesellschaft des Staudamms erwies sich insofern als geschäftstüchtig, als sie kurz nach Kinostart dort tatsächlich eine Bungee-Sprunganlage einrichtete.

Mit Vollgas durch Sankt Petersburg

Phasenweise geht es in „GoldenEye“ für Bond-Verhältnisse recht ruhig zu, Explosionen sind aber doch einige zu bestaunen. Action-Highlight: die Verfolgungsjagd im Panzer durch Sankt Petersburg, kurzzeitig sogar mit Reiterstandbild auf dem Buckel. Die Effektcrew hat mit Miniaturen gute Arbeit geleistet, erstmals bei Bond sind auch CGI-Sequenzen zu sehen. Der Eurocopter Tiger war eine Leihgabe der französischen Marine, die sogar eine ganze Fregatte beisteuerte (bei der im Film gezeigten Zerstörung des Helikopters kam aber eine Miniatur zum Einsatz).

James Bond mal wieder als Beschüter holder Weiblichkeit

Der Verschwörungsplot hält das übliche Niveau, das haben wir bei Bond schon sowohl schlechter als auch besser gesehen. Fragt jemand bei James Bond nach Logik und Stimmigkeit? Eben. Regisseur Martin Campbell („The Foreigner“ 2017) machte seine Sache immerhin so solide, dass er mit „Casino Royale“ (2006) auch Daniel Craigs Bond-Debüt inszenieren durfte. Für „GoldenEye“ konnte er auch personell aus dem Vollen schöpfen: Joe Don Baker („Kap der Angst“, 1991) ist als Bonds CIA-Verbindungsmann Wade zu sehen, Robbie Coltrane („From Hell“, 2001) gibt einen Ex-KGB-Agenten, der zum Russenmafioso umgesattelt hat. Tchéky Karyo („Bad Boys – Harte Jungs, 1995) spielt den russischen Verteidigungsminister Dimitri Mishkin. Der Vollständigkeit halber sei auch Desmond Llewelyn erwähnt, der seine gewohnte Rolle als MI6-Tüftler ausfüllt und ein paar technische Spielereien beisteuert.

Sean Bean

Nicht zu vergessen Sean Bean, über den ich mir den Spoiler erlaube, dass er nach seinem vermeintlichen Ableben im Prolog im weiteren Verlauf als zentrale Figur wieder auftaucht. Und ein weiterer Spoiler: Sean Bean stirbt! Eine Weile konnte man sich darauf ganz gut verlassen, erwarb sich der Gute doch einen Ruf, Figuren zu spielen, die im Verlauf des Films aus dem Leben scheiden, und das vorzugsweise gewaltsam. Ein paar Beispiele dazu finden sich online zusammengefasst unter dem Titel „The Many Deaths of Sean Bean“, eine Auflistung mit dem Anspruch auf Vollständigkeit unter dem Titel „Every On-Screen Sean Bean Death“. 24 Filmtode sind das demzufolge (Stand Januar 2024), bei einer Filmografie von bis dato mehr als 120 Filmen somit etwa jeder fünfte. Respektabel! Zu seinen bekanntesten Rollen mit fatalem Ausgang zählt zweifellos der Part als Boromir in Peter Jacksons „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ (2001); dort stirbt er durch Pfeile, die ihm die Uruk-hai in den Leib jagen. Berühmt wird auch sein Tod durch Köpfen am Ende der ersten Staffel von „Game of Thrones“ (2011), weil es viele überrascht, wie gnadenlos eine der zentralen Figuren der Serie aus dem Leben gerissen wird (ein Momentum, das die Serie über ihre gesamte Laufzeit beibehält). Jedenfalls ist es irgendwann selbst Sean Bean aufgefallen, was ihn veranlasste, fortan verstärkt Rollen in Filmen anzunehmen, in denen er am Leben bleibt, und Rollen abzulehnen, für die das Drehbuch den Tod vorsieht. Im Interview hat er geäußert, auch schon mal durchgesetzt zu haben, nur schwer verletzt zu werden, statt zu sterben, wie es ursprünglich vorgesehen war. Wer von Sean Beans Toden nicht genug haben kann und keine Angst vor diesem größtmöglichen Spoiler hat, sei auf das Video „Sean Bean Death Reel“ verwiesen. Aber Vorsicht, es kommt gewalthaltig daher. Die Filmtode Sean Beans entwickeln mit der Zeit ein Eigenleben als Internetmeme.

Beliebtes Meme-Motiv: der todgeweihte Sean Bean

Als Shaun Mark Bean wird er am 17. April 1959 in einem Vorort der englischen Stahlstadt Sheffield in der Grafschaft South Yorkshire geboren. Mit der Schauspielerei kommt er erstmals auf dem College in Berührung, und 1981 gewinnt er ein Stipendium an der renommierten Royal Academy of Dramatic Art in London, die etliche namhafte Filmschaffende hervorgebracht hat. Sein Studium an der Akademie schließt er zwei Jahre später mit Auszeichnung ab, spielt in der Folge viel Theater, von 1986 bis 1988 als Ensemblemitglied der Royal Shakespeare Company. Nach ersten kleinen Rollen in Film und Fernsehen besetzt ihn Derek Jarman 1986 in einer Nebenrolle im Maler-Biopic „Caravaggio“ und 1988 im dialoglosen „War Requiem“, in denen er auf namhafte Kolleginnen und Kollegen wie Tilda Swinton, Nigel Terry, Robbie Coltrane, Nigel Davenport und Laurence Olivier trifft. In den 1980er-Jahren erarbeitet er sich insbesondere beim britischen Fernsehen einen Namen.

Gern als Schurke gebucht

Ab den 90ern erlangt Sean Bean verstärkt internationale Aufmerksamkeit, etwa 1992 als irischer Terrorist und Gegenspieler des von Harrison Ford verkörperten Protagonisten im Actionthriller „Die Stunde der Patrioten“, der Verfilmung eines Romans von Tom Clancy (ob Bean überlebt, überlasse ich eurer Fantasie). Das bringt ihm ein Abonnement auf Antagonisten- und Schurkenrollen, verstärkt logischerweise auch durch seinen Part in „GoldenEye“. Bald darauf hat er einen vergleichsweise kurzen Part in John Frankenheimers Actionthriller „Ronin“ (1998) mit Robert De Niro und Jean Reno. „Gangsters – The Essex Boys“ (2000) zeigt ihn als wirklich üblen Gesellen, dem man nicht auf der Straße begegnen will. 2001 dann der Ruhm von „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“.

Von Odysseus zum Hitcher

Sean Bean ist nun etabliert, spielt 2004 in Wolfgang Petersens „Troja“ den Odysseus und in „Das Vermächtnis der Tempelritter“ den Gegenspieler von Nicolas Cage und Diane Kruger. Er tritt aber auch in kleineren Genrefilmen in Erscheinung, etwa in der Videospiel-Umsetzung „Silent Hill – Willkommen in der Hölle“ (2006), die sich zum Hit entwickelt (2012 wirkt er auch im Sequel „Silent Hill – Revelation“ mit). 2007 adelt er das ansonsten eher mittelprächtige Serienkiller-Remake „The Hitcher“ (2007). Er kehrt auch immer wieder zum Fernsehen- und Seriengeschehen zurück, etwa in der historischen Krimiserie „The Frankenstein Chronicles“ (2015–2017) und in der seit 2020 laufenden dystopischen Serie „Snowpiercer“.

Zwei Fernseh-BAFTAs und fünf Ehen

Die großen Filmpreise gehen bislang weitgehend an ihm vorbei. Immerhin zwei Britische Filmpreise BAFTA stehen zu Buche: 2018 als bester TV-Hauptdarsteller in „Broken“, wo er einen katholischen Priester spielt, 2022 in derselben Kategorie für die Gefängnisdramaserie „Time“. Privat ist der Vater dreier Töchter ein Freund der Ehe oder zumindest des Heiratens: Seit 2017 ist er zum fünften Mal verheiratet (Gerhard Schröder lässt grüßen). Am 17. April 2024 feiert Sean Bean seinen 65. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! Möge er uns noch zahlreiche Rollen mit und ohne Filmtod bescheren.

Tina Turners toller Titeltrack

Was wäre ein James-Bond-Film ohne einen ikonischen Titelsong? 1995 ist es Tina Turner, die den gewohnt stylischen Vorspann mit den Klängen von „GoldenEye“ veredelt, komponiert übrigens von Bono und The Edge von U2. Auch über Product Placement könnte man bei Bond lange Texte schreiben, doch nur so viel: Das Erzeugnis einer wohlbekannten bajuwarischen Kfz-Schmiede hat recht wenig Leinwandzeit, aber die Nachricht, dass eine teutonische Karosse das neue Gefährt des britischen MI6-Superagenten ist, brachte der Marke so viel Medienpräsenz, dass es sich zweifellos ausgezahlt hat (der Deal erstreckte sich auch über die nächsten beiden Bond-Filme).

Mit einem Budget von knapp unter 60 Millionen Dollar war Pierce Brosnans Einstand der bis dato teuerste James-Bond-Film (der Nachfolger „Der Morgen stirbt nie“ überschritt als erster Beitrag der Reihe die 100-Millionen-Dollar-Schallgrenze). Doch die Kosten spielte „GoldenEye“ locker wieder ein, am Ende spülte das Agenten-Abenteuer mehr als 350 Millionen Dollar in die Kassen. Gegenüber der zurückhaltend positiven Haltung der zeitgenössischen Filmkritik hat sich die Rezeption des Films heute deutlich gebessert, in Bond-Ranglisten erreicht das Werk regelmäßig einstellige Plätze, was angesichts der historisch gewachsenen Übermacht der Connery- und Moore-Bonds und ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit respektabel ist. Und berechtigt! Ich hatte an meiner wiederholten Sichtung von „GoldenEye“ anlässlich dieses Textes großen Spaß. Pierce Brosnan gibt einen würdigen Einstand, Sean Bean macht als Antagonist eine sehr gute Figur, und die Oscar-Preisträgerin Judi Dench („Shakespeare in Love“) gibt dem Geschehen bei MI6 eine willkommene neue Tonalität – klasse, dass sie die Rolle bis „Spectre“ (2015) behalten hat (Ms Meinung über Bond änderte sich in den folgenden Filmen gewaltig). Da konnte ich es verschmerzen, dass mir Xenia Onatopp nicht so gut gefallen hat (obwohl ich Famke Janssen in den „X-Men“-Filmen sehr mag). Auch Brosnans weitere drei Bondfilme „Der Morgen stirbt nie“ (1997), „Die Welt ist nicht genug“ (1999) und „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) stehen der Reihe gut zu Gesicht, aber „GoldenEye“ ist sein bester Bond-Film.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Martin Campbell haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Judi Dench und Famke Janssen unter Schauspielerinnen, Filme mit Joe Don Baker, Pierce Brosnan, Sean Bean, Robbie Coltrane und Tchéky Karyo in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 15. September 2015 und 1. März 2013 als Blu-ray, 15. September 2015 und 12. Oktober 2012 als DVD, 1. Oktober 2007 als Ultimate Edition DVD, 24. Oktober 2008 und 13. November 2006 als 2-Disc Ultimate Edition DVD (Erstauflage im Digipack, Neuauflage im Amaray-Case), 8. Dezember 2004 als Special Edition DVD, diverse Veröffentlichungen als Blu-ray und DVD in James-Bond-Kollektionen

Länge: 130 Min. (Blu-ray), 125 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch (z. T. weitere)
Originaltitel: GoldenEye
GB/USA 1995
Regie: Martin Campbell
Drehbuch: Jeffrey Caine, Bruce Feirstein
Besetzung: Pierce Brosnan, Sean Bean, Izabella Scorupco, Famke Janssen, Joe Don Baker, Judi Dench, Robbie Coltrane, Tchéky Karyo, Gottfried John, Alan Cumming, Desmond Llewelyn, Samantha Bond, Michael Kitchen, Serena Gordon, Minnie Driver
Zusatzmaterial (nicht in jeder Edition): Audiokommentar von Martin Champbell und Michael G. Wilson, Aus dem Geheimarchiv des Mi6 (nicht verwendete Szenen mit Einführung von Martin Champbell, „Die Martin Chronik“ – Regie bei Bond, „Wir machen nun einen besseren Bond“ – Vorproduktions-Featurette, „Die Rückkehr von Bond“ – Pressekonferenz zum Produktionsstart, „Anatomie einer Autoverfolgungsjagd“ – Reny Julienne, „Anatomie eines Stunts“ – Panzer versus Perrier-Truck, Miniaturen: Derek Meddings, auf Motivsuche mit Peter Lemont, „GoldenEye – Die Geheimakten“, Storyboardsequenz der Eröffnungsszene, 007 Missions-Kontrolle (interaktive Führung durch die Welt von GoldenEye, mehrere Filmausschnitte über 007, die Frauen, die Verbündeten, die Bösewichter, Kampverzeichnis, das Labor von Q und exotische Drehorte), Missions-Dossier (Dokumentation „Die Welt von 007“, GoldenEye-Videotagebuch, Werbefilm „GoldenEye“, Musikvideo „Goldeneye“, Propagandaministerium (2 Kinotrailer, 4 TV-Spots), Bilderdatenbank (Einführung, Pierce Brosnan, Izabella Scorupco, Sean Bean, Famke Janssen, die Bösen und die Guten, Bonds Team, Kasionoschönheiten, klassische Autos, Storyboards der Autoverfolgungjagd, die Bond-Regie, Panzerjagd, Tiger-Hubschrauber, Publicity und Poster), Booklet
Label/Vertrieb: MGM / Twentieth Century Fox Home Entertainment

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Packshots: © MGM / Twentieth Century Fox Home Entertainment,
Szenenfotos: © 1995 EON Productions

 
 

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Das Geheimnis der blutigen Perlen: Keine Perle!

Le Vicomte règle ses comptes

Von Tonio Klein

Agenten-Abenteuer // Auch wenn der Agent nur Versicherungsagent ist: Vicomte Clint de la Roche (Kerwin Mathews) jagt Ganoven und Frauen wie sein großes Vorbild aus England. Willkommen im „Eurospy“-Genre! Ab etwa 1964 schossen südeuropäische James-Bond-Nachahmungsfilme im Zuge des mit „James Bond 007 – Goldfinger“ (1964) endgültig im Eskapismus angekommenen Originals wie Pilze aus dem Boden. Man darf von ihnen nicht zu viel erwarten. „Vergoldung vergeht, Schweinsleder besteht“ (Hans Christian Andersen, „Das alte Haus“), so nach mehreren Quellen leicht abgewandelt die Bond-Produzentenlegende Albert R. Broccoli. Was ist also dran an diesem völlig auf Oberflächenreizen getrimmten Exemplar der Gattung? Erschreckend wenig!

Getrübter Eindruck ab dem ersten Bild

Gegen Oberflächenreize, ohne auch nur ansatzweise der Professionalität und dem Budget eines echten James-Bond-Films nahezukommen, ist zunächst nicht das Geringste zu sagen. Aber gut aussehen sollten sie schon. Ohne hohe Ansprüche an eine Bild-Aufbereitung zu stellen, muss man Pidax leider so deutlich sagen: Setzen, sechs! Die Bildqualität ist geradezu erschreckend. Ränder rund um die Vorspann-Buchstaben und dann natürlich auch die Gesichter und Kulissen, alles leicht unscharf, käsige Haut- und auch ansonsten übel patinierte Farben, aus denen alle Frische gewichen ist. Der Vicomte trägt einen Pullover mit schmalen Querstreifen wie weiland Cary Grant in „Über den Dächern von Nizza“ (1955), und sie flimmern genauso wie dies bei Cary Grant war. Auf dem Röhrenfernseher! Da wurde eine lange zurückliegende Erinnerung wach, und dies gilt für die Bildqualität insgesamt. Auch eine schlampige Kadrierung, daran zu erkennen, dass die Schrift viel dichter am linken als am rechten Rand ist, gemahnt an lange zurückliegende Zeiten. Pidax setzt zwar den folgenden Hinweis: „Aufgrund des Zustandes des einzig verfügbaren Ausgangsmaterials ist die Bildqualität trotz bestmöglicher Restauration leider eingeschränkt.“ Man fragt sich gleichwohl, was da eigentlich restauriert wurde. Die Vorher-nachher-Show wäre interessant!

Dergestalt die Laune ab dem ersten Bild getrübt, sei „Das Geheimnis der blutigen Perlen“ natürlich gleichwohl eine Chance gegeben – allein, das Agenten-Abenteuer nutzt sie nicht. Nachdem wir den Eiffelturm schon lange erkannt haben, fährt die Kamera noch einmal völlig zweckfrei an ihm hoch und verharrt in der Mitte – kein Schauwert, aber ein überdeutlicher Fingerzeig, in welcher Stadt wir uns befinden. Es folgt eine recht umständliche, zu lange Exposition mit Übergabe eines Schlüssels zum Abschalten einer Alarmanlage und anschließendem Bankraub.

Im Tresor sind keine Perlen

Endlich kommt der Vicomte Clint de la Roche (Kerwin Mathews) ins Spiel, denn was genau wurde nun eigentlich geklaut, und sollte die Versicherung den Schaden ersetzen? Unser Held wird in eine Fehde zwischen zwei Gangsterbossen hineingezogen. Blutige Perlen, blutige Perlen, wir wollen blutige Perlen! Gibt’s aber nicht – immerhin dafür kann der Film nichts, und die Wege der Titelherren sind unergründlich. Es geht um Rohopium im Wert von (Mike Myers alias Dr. Evil aus der Austin-Powers-Trilogie, 1997, 1999 und 2002: „Uuuuh …“) zwei Millionen Dollar. Nun denn. Was, bitte schön, sind das denn für Superschurken? Kann nicht jemand wenigstens ein ganz kleines bisschen die Welt erpressen? Eine Atombombe mopsen, eine neue Superwaffe entwickeln? Aber Moment, die Superwaffe, wenngleich nicht zwecks Bedrohung eingesetzt, gibt es ja, und sie ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Eine Strahlenkanone, deren Strahlen unsichtbar (!) sind, aber alles vernichten und jedwedes Metall schmelzen. Die Idee ist im Sinne von „Es muss was sein, das darzustellen nichts kostet“ so schwachsinnig wie unverschämt. Ausschließlich mit Schnitten sehen wir: Metall, das glüht und dann urplötzlich verschwunden ist; ein Meerschweinchen, das nicht glüht und plötzlich zu einer Dampfwolke wird; einen Mann, der schwuppdiwupp fast ohne Dampf zu nichts wird; eine Mauer, die stückweise verschwindet, als sähe man in „stop motion“ eine Brotscheibe, in die jemand ein, zwei, drei Mal gebissen hätte. Wobei von „motion“ beim Aneinanderklatschen der Standbilder kaum die Rede sein kann und man sich fragt, wie die Strahlen das hinbekommen. Immerhin: Es ist so hirnrissig, dass man lacht, und das zumindest ist positiv, wenngleich unfreiwillig. Und dass von dem Meerschweinchen keine Überreste zu sehen sind, ist zwar nicht minder bescheuert, aber auch beruhigend.

Hokus pokus verschwindibus – die Strahlenkanone

Der 1967 entstandene Film versuchte, wie es Pidax jetzt auch verständlicherweise in der Vermarktung tut, auf den Zug der „OSS 117“-Agentenfilme aufzuspringen. Die Vorlage stammt vom selben Autor, Jean Bruce, und der zweimalige OSS-117-Darsteller Kerwin Mathews ist erneut der Westentaschen-Bond. Die auch bei den echten James-Bond-Filmen der 1960er-Jahre heutzutage kritisch zu sehende Attitüde gegenüber der Weiblichkeit wird hier durch gleichzeitige Übertreibung und Banalisierung noch fragwürdiger. Natürlich ist der Held auch Lebemann, das gehört zum Gesetz des Genres und ist in Ordnung. Wie ihn hier aber wirklich jede Frau anhimmelt, wirkt schon arg aufgesetzt und allzu aufdringlich herausgestellt. Selbst die Sekretärin des Chefs schwärmt für seinen besten Mann, die ihn allerdings nie zu Gesicht bekommt und nur versonnen schmachtend grinst, statt sich die durchaus süffisanten Dialoge einer Miss Moneypenny mit dem Womanizer zu liefern. Und der Vicomte wird eingeführt, indem er an einem Hotel mit Pool die Schönheiten reihenweise küsst und für denselben Abend zeitversetzt datet; natürlich, weil er anscheinend angesichts der sich an ihn ranschmeißenden Damen kaum anders kann. Die Dame, die aus dem Pool steigt und angesichts der Wirkung des Kusses sogleich wieder verzückt lächelnd in ihn hereinsegelt, ist besonders schräg.

Alle küssen den Vicomte

Letztlich bleibt es beim relativ Handzahmen, so wie überhaupt diese ganzen Zuschaustellungen eine unpassende Kombination aus billiger Exploitation und Biederkeit ist. Wenn schon Trash, dann bitte einer, der sich was traut. Man muss wahrlich kein Fan des Regisseurs Jess Franco sein, dessen Werk nicht wenige sexistische Blüten hervorgebracht hat. Aber im vorliegenden Film ist eine Striptease-Szene, mit der nun das Backcover wirbt und deren Verantwortliche auch im Vorspann noch einmal extra genannt werden, wie Jess Franco ohne nackte Brüste, da passt wahrlich nichts zusammen.

Der gute und der schlechte Quatsch

Es ist immer schwierig, einen Verriss eines Filmes zu schreiben, der keine Kunst sein will, denn man sollte ein Werk an seinem eigenen Anspruch messen. Wer Rosamunde Pilcher liest und kritisiert, dass sie nicht Goethe ist, muss sich fragen lassen, warum er sie denn dann liest. Es sei daher der Versuch gemacht, zu sagen, wie es im Falle des Eurospy besser geht, und zwar ausdrücklich nicht mit mehr Niveau. Doch, das ist möglich, und dem Regisseur Alberto de Martino sind zwei feine Exemplare der Gattung gelungen: „Im Netz der goldenen Spinne“ (1966) als dritter und bester Film der Reihe um, allen Ernstes, Agent 077; vor allem aber „Operation ‚Kleiner Bruder‘“ (1967). Das sind natürlich ebenfalls Filme mit jeder Menge Eskapismus, einem technischen Aufwand, an dem sich James Bond nicht mal die Füße abträte, und zumindest phasenweise einem Frauenbild zum Weglaufen. Aber sie machen es mit einer solch hemmungslosen Chuzpe und Lust an einfallsreichen Übertreibungen wett, dass man bestens unterhalten wird und durchaus auch beeindruckt ist. In „James Bond 007 – Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) flimmern die Credits über einen Frauenkörper, in „Operation ‚Kleiner Bruder‘“ projiziert der Superschurke einen Film zur Erläuterung einer Schurkerei auf den Rücken einer seiner Gespielinnen.

Ich habe lange darüber gegrübelt, warum ich dies und anderes für herrlich doof, aber „Das Geheimnis der blutigen Perlen“ für nur doof halte. Letzterem fehlt, obschon er mit einem Augenzwinkern daherzukommen versucht, das Gespür für Ironie und Parodie. Ihm fehlt jegliches Hintergründige oder gar Selbstreferenzielle. Auf irgendwelche blinkenden Schalter wird gedrückt, um auf irgendwelche blinkenden Schalter zu drücken, und weil blinkende Schalter halt auch in James-Bond-Filmen zu sehen sind. Ähnlich wie im Striptease Zurschaustellung und Keuschheit aufeinandertreffen, sind auch die Prügelszenen unausgewogen. Wenngleich Kerwin Mathews vorsichtig gesagt nicht gerade das Charisma eines Cary Grant oder Sean Connery hat; kloppen kann er sich recht ordentlich. Wenn angesichts dessen aber seine Gegner mitunter reichlich unfähige Pappnasen sind, kommt statt Komik eine Frage auf: Warum bloß wird es für den Supermann nicht einmal ansatzweise gefährlich, warum braucht er seine Kampffähigkeiten kaum? Selbst in einem technikverspielten 60er-Bond wie „Man lebt nur zweimal“ (1967) gab es noch den rauen Nahkampf gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner. Davon hat „Das Geheimnis der blutigen Perlen“ rein gar nichts.

Achtung, es wird ungefährlich

„Operation ‚Kleiner Bruder‘“ kann natürlich ebenfalls kein Bond sein, aber ist eine Flucht nach vorn. Wir können Bond-Niveau sowieso nicht erreichen, also versuchen wir es gar nicht, docken uns aber so unverschämt an ihn an, dass es eine Freude ist. Filmchen auf Frauenkörpern. Ein Hauptdarsteller, der noch nie vor der Kamera stand und bloß vorzuweisen hat, der Bruder von Sean Connery (Neil Connery) zu sein. Zudem die Suggestion, dass dieser auch in seiner Rolle der Bruder James Bonds sei. Und sage und schreibe fünf Nebendarsteller aus echten Bond-Filmen machten mit, zudem in vier Fällen in Rollen, die die Parallele zu 007 nicht nur nicht verbergen, sondern offensiv herausstellen (der Chef, die Sekretärin, der Schurke, das Girl). Man muss eine solch unverschämte, aber ehrliche Dreistigkeit nicht mögen. Aber man kann. Die übertriebene Parodie, die immer zugibt, genau dies zu sein, hat mich deutlich mehr überzeugt als die unbeholfene Trittbrettfahrerei von „Das Geheimnis der blutigen Perlen“. Schade ist, dass hierfür durchaus talentierte Mimen wie Fernando Rey und Folco Lulli verheizt wurden. Ach ja, und wer ist nun die Stripperin, die sich als Hauptfigur entpuppen wird? Sylvia Sorrente. Sagen wir mal, sie spielt eher dekorativ als intensiv. Und der Regisseur? Maurice Cloche. Ich musste ihn nachschlagen. Kein Ruhmesblatt für ihn.

Trivialfilme zu drehen ist nicht trivial!

Selbst bei heruntergeschraubten Erwartungen ein schwacher Film, dem man höchstens zugutehalten kann, sporadisch über seine Lächerlichkeit zu lachen. Er verdeutlicht, dass man die bei brauchbarer, aber nicht gerade genialer Unterhaltungsware unsichtbaren Tugenden wie Spannungs- und Komik-Abläufe, Montage, Erzähltempo, Ausgewogenheit und Symbiose verschiedener Stimmungslagen – mit anderen Worten das filmische Handwerk nicht geringschätzen und als Sekundärtugend abtun sollte. Man kennt das aus der Schriftstellerei; jemand liest einen nicht gerade anspruchsvollen, aber handwerklich sauberen Unterhaltungsroman. Ersteres bemerkt er, Letzteres nicht, sich sagend: Das kann ich auch. Oft stimmt es nicht. So ist „Das Geheimnis der blutigen Perlen“, zudem in sehr schlechter Bildqualität.

Veröffentlichung: 14. Juli 2023 als DVD

Länge: 93 Min.
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Französisch
Untertitel: keine
Originaltitel: Le Vicomte règle ses comptes
F/IT/SP 1967
Regie: Maurice Cloche
Drehbuch: Georges Farrel, Luis Marquina, nach dem Roman „Bonne Mesure“ von Jean Bruce
Besetzung: Kerwin Mathews, Sylvia Sorrente, Fernando Rey, Jean Yanne, Folco Lulli, Luis Dávila
Zusatzmaterial: Trailershow, Bildergalerie
Label: Pidax Film
Vertrieb: Al!ve AG

Copyright 2023 by Tonio Klein

Szenenfotos & unterer Packshot: © 2023 Pidax Film

 

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Cliff Walkers – Streng geheime Mission in der Mandschurei

Xuan ya zhi shang

Von Volker Schönenberger

Thriller // Im September 1931 besetzte die japanische Kwantung-Armee die im Nordosten Chinas gelegene Mandschurei. Das Kaiserliche Japan errichtete dort mit Mandschukuo einen Vasallenstaat mit einer Marionettenregierung, um die dortigen Rohstoffe auszubeuten (die sogenannte Mandschurei-Krise gilt als Vorläufer des Zweiten Japanisch-Chinesischen Kriegs und damit des Zweiten Weltkriegs).

Gefährlicher Einsatz im besetzten Gebiet

In dieser historischen Gemengelage spielt „Cliff Walkers“ (2021): Zwei Paare landen per Fallschirm in einem eingeschneiten Gebiet der Mandschurei: die Eheleute Zhang Xianchen (Yi Zhang) und Wang Yu (Hailu Qin) sowie die recht frisch verliebten Chu Liang (Yawen Zhu) und Xiao Lan (Haocun Liu). Die vier trennen sich auf, sogar die Paare: Xianchen und Lan auf der einen sowie Liang und Yu auf der anderen Seite schlagen sich jeweils zu zweit durch. Ihre Mission: der Besatzungsmacht einen chinesischen Informanten zu entreißen. Verrat erschwert den heiklen Auftrag. Wem kann man trauen?

Gefährlicher Einsatz im Schnee …

Prächtiges Ausstattungskino und komplexe Geheimagentenstory in Einem – das ist die chinesische Produktion „Cliff Walkers“ (2021). Hier gilt es, der Story und den Figuren aufmerksam zu folgen, um nicht den Faden zu verlieren oder Figuren miteinander zu verwechseln. Dann entwickelt das wendungsreiche Katz-und-Maus-Spiel einen Sog, der einen packt und nicht mehr loslässt.

Yimou Zhang – Liebling europäischer Filmfestivals

Regisseur und Co-Drehbuchautor Yimou Zhang hat hochkarätige Festivalpreise gewonnen, insbesondere in Europa: So etwa bei der Berlinale 1988 den Goldenen Bären für sein Historiendrama „Rotes Kornfeld“, 2000 an gleichem Ort für „Heimweg“ den Silbernen Bären und den Preis der Ökumenischen Jury. In Cannes gewann sein Kriegsdrama „Leben!“ 1994 den Großen Preis der Jury und den Preis der Ökumenischen Jury. In Venedig gewann er unter anderem zweimal den Goldenen Löwen – 1992 für „Die Geschichte der Qiu Ju“ und 1999 für „Keiner weniger“. Um nur einige seiner Trophäen zu nennen (weitere finden sich hier aufgelistet). Nach der Jahrtausendwende machte er auch mit den Wuxia-Filmen „Hero“ (2002) und „House of Flying Daggers“ (2004) auf sich aufmerksam.

… und im Zug nach Harbin

Die Agentengeschichte von „Cliff Walkers“ gibt eine derart kunstvolle Atmosphäre wie beispielsweise bei „Hero“ nicht her, gleichwohl legen Yimou Zhang und sein für „House of Flying Daggers“ 2005 Oscar-nominierter Stammkameramann Xiaoding Zhao auch in diesem Fall Wert auf eine gediegene visuelle Umsetzung der Geschichte. Dazu tragen auch Ausstattung und Kostüme bei. Das Szenenbild wechselt zwischen verschneiten Landschaften und urbanen Handlungsorten, etwa der Mandschurei-Metropole Harbin, Zielort des chinesischen Quartetts, das von der Roten Armee in der Sowjetunion ausgebildet und auf den Einsatz vorbereitet wurde.

Die Bedeutung des internationalen Titels „Cliff Walkers“ hat sich mir nicht erschlossen, und den Originaltitel „Xuan ya zhi shang“ zu übersetzen, ist mir nicht gelungen. Wer einer raffinierten und optisch betörenden Spionage- oder Agentengeschichte etwas abgewinnen kann, wird mit diesem Thriller bestens bedient. Eine Fortsetzung scheint bereits in Auftrag gegeben zu sein.

Es droht Verrat

Veröffentlichung: 23. Juni 2022 als 2-Disc Edition Mediabook (Blu-ray & DVD), Blu-ray und DVD

Länge: 120 Min. (Blu-ray), 115 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Mandarin
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: Xuan ya zhi shang
CHN/HK 2021
Regie: Yimou Zhang
Drehbuch: Yongxian Quan, Yimou Zhang
Besetzung: Hewei Yu, Yi Zhang, Hailu Qin, Haocun Liu, Yawen Zhu, Naiwen Li, Dahong Ni, Ailei Yu, Fan Fei, Jiayin Lei, Yi Sha, Neixun Wang, Yongsheng Chen, Lei Yan, Chao Liu
Zusatzmaterial: Behind the Scenes (41:17 Min.), Originalteaser, 2 Originaltrailer, Trailershow, nur Mediabook: Booklet, nur Blu-ray und DVD: Wendecover
Label/Vertrieb: Plaion Pictures (vormals Koch Films)

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & 3er-Packshot: © 2022 Plaion Pictures

 

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