RSS

Schlagwort-Archive: Kriegsdrama

Geboren am 4. Juli – Oliver Stones zweite Vietnam-Aufarbeitung

Born on the Fourth of July

Von Volker Schönenberger

Kriegsdrama // Im Vietnamkrieg kämpft Ron Kovic ab Dezember 1965 für zwei Touren als Angehöriger des US Marine Corps. Im Januar 1968 gerät seine Einheit während einer Aufklärungsmission unter Vietcong-Beschuss. Kovic wird mehrfach getroffen. Ein Kamerad, der ihn retten willt, stirbt dabei durch einen Schuss ins Herz, einem zweiten gelingt es, den Verwundeten in Sicherheit zu bringen.

Jugendträume

Im Anschluss an seine Rehabilitation entwickelt sich Kovic zum Aktivisten der US-Friedensbewegung, ein Einsatz, den er bis heute fortführt. Seine 1976 veröffentlichte Autobiografie „Born on the Fourth of July“ soll bereits in den 1970er-Jahren verfilmt werden, nachdem Al Pacino darauf aufmerksam wird. Doch dazu kommt es nicht, und die Verfilmungsrechte wechseln mehrfach den Besitzer. Obwohl Oliver Stone und Ron Kovic einander bereits 1977 kennenlernen und die beiden etwas später gemeinsam am Drehbuch zu arbeiten beginnen, scheint das Projekt in der Entwicklungshölle („development hell“) gestrandet und zum Scheitern verurteilt zu sein. Es nimmt nach Oliver Stones Erfolg mit „Platoon“ (1986) jedoch wieder Fahrt auf, Stone fungiert nun auch als Produzent. Gedreht wird von Mitte Oktober bis Mitte Dezember 1988, wobei die Vietnamszenen auf den Philippinen entstehen. Oliver Stone überschreitet das mit 14 Millionen Dollar veranschlagte Produktionsbudget, sodass die Produktionskosten schlussendlich mit 17,8 Millionen Dollar zu Buche schlagen. Stone und Hauptdarsteller Tom Cruise verzichten deshalb auf ihre Gage und erhalten im Gegenzug einen Anteil an den Kinoeinnahmen. Das hat sich für beide womöglich ausgezahlt, da „Geboren am 4. Juli“ an den weltweiten Kinokassen ab Dezember 1989 satte 162 Millionen Dollar einspielt.

Ronnie zieht in den Krieg

Die Filmhandlung beginnt 1956 mit der unbeschwerten Kindheit des zehnjährigen Ronnie (Bryan Larkin), der mit seinen Freunden im Wald Krieg spielt. An seinem Geburtstag verfolgt er mit seinen Eltern am Straßenrand eine Parade zum Unabhängigkeitstag. Die kriegsversehrten Veteranen des Zweiten Weltkriegs nimmt er wahr, aber sie sind vergessen, als ihm seine Freundin Donna (Jessica Prunell) eine Baseballkappe schenkt. Jahre später beeindrucken den Teenager Ron (nun Tom Cruise) die beiden Marines Gunnery Sergeant Hayes (Tom Berenger) und Sergeant Bowers (Richard Haus), die in der Aula seiner Highschool dafür werben, sich dem US Marine Corps anzuschließen. Da die Angst vor den Kommunisten auch ihn erfasst hat, schreibt er sich ein. Kaum, dass er Donna (nun Kyra Sedgwick) beim Abschlussball noch einen Kuss geben kann.

Auf zu den Marines

Nach der (im Film ausgesparten) 13-wöchigen Grundausbildung („Boot Camp“) geht es für Ron nach Vietnam. Auf seiner zweiten Tour erlebt er Schlimmes, tut er Schlimmes, erleidet er Schlimmes. Kehrt als Querschnittsgelähmter heim.

Abschiedskuss

Ron Kovics Vietnameinsatz ist nach einer knappen Dreiviertelstunde der knapp zweieinhalbstündigen Laufzeit von „Geboren am 4. Juli“ vorbei. Anschließend folgt ein Abschnitt über Rons mehrmonatigen Aufenthalt im chronisch unterbesetzten und unterfinanzierten Bronx Veterans Hospital, in welchem er und die anderen Vietnamversehrten in ihrem eigenen Unrat liegen. Er kehrt heim zu seinen Eltern (Raymond J. Barry, Caroline Kava) und Geschwistern. Noch hält er an seiner Lebenslüge fest, noch ist es ein weiter Weg, bis er sich 1972 den „Vietnam Veterans Against the War“ anschließt.

Tom Cruises Reifezeugnis

Es mag klischeehaft klingen, aber mir fällt nichts Besseres ein: Tom Cruise spielt sich die Seele aus dem Leib. Ron Kovic macht eine Entwicklung durch und verändert sich grundlegend, und das sowohl aufgrund seiner Taten und Erlebnisse in Vietnam als auch durch das, was er zurück in der Heimat beobachtet. Das, was er in der Gesellschaft wahrnimmt. Cruise meistert alle Stadien seiner Figur mit Bravour, den sich pflichtbewusst zum Kriegsdienst meldenden Kommunistenhasser nehmen wir ihm ebenso ab wie den zwischen Kampfgeist, Verleugnung und Selbstmitleid wechselnden Versehrten und den ins Grübeln gekommenen Veteranen, der mit seiner Schuld hadert und erkennt, dass er für nichts und wieder nichts 13.000 Meilen weit entsandt wurde, um andere Menschen zu töten. Einziges Manko: Kovics Wandel zum Pazifisten kommt recht unvermittelt, ohne dass deutlich wird, welche Beobachtungen und Gedankengänge genau ihn ausgelöst haben. Immerhin sind bei aufmerksamer Beobachtung zwei wichtige Antikriegsromane zu sehen, die der Versehrte offenbar liest: Im Krankenhaus ist es „Johnny Got His Gun“ („Johnny zieht in den Krieg“, 1939) von Dalton Trumbo, später „All Quiet on the Western Front“ („Im Westen nichts Neues“, 1928) von Erich Maria Remarque.

Wirkungstreffer

„Geboren am 4. Juli“ vermittelt Oliver Stones Blick auf die Rezeption des Vietnamkriegs an der US-Heimatfront anhand der Biografie Ron Kovics. So fällt das Kriegsdrama eher in die Abteilung Biopic als ins Segment der Historienfilme. Einiges müssen wir uns selbst zusammenreimen oder nachschlagen, etwa wenn das Kent-State-Massaker vom 4. Mai 1970 Thema wird und Anlass für eine Mahnwache wird, bei der Ron anwesend ist. Aber es ist positiv, nicht alles vorgekaut serviert zu bekommen, sondern sich mit dem Inhalt befassen zu müssen. Ebenfalls positiv: Produktionsdesign und Kostümierung machen einen stimmigen Eindruck. Das Zeitkolorit wirkt authentisch eingefangen.

Reha

Zwar liegt der Fokus stets auf Kovic, dennoch sei auch ein Blick auf die übrige Besetzung geworfen. Aus „Platoon“ ist der oben erwähnte Tom Berenger dabei, wenn auch mit einem ausgesprochen kurzen Auftritt. Und auch Willem Dafoe ist wieder am Start, sein Part fällt ebenfalls kleiner aus als in „Platoon“, aber deutlich länger als der Berengers. Er spielt einen wie Kovic querschnittsgelähmten Veteranen, den dieser bei einem längeren Aufenthalt in Mexiko kennenlernt – in dieser Sequenz hat auch Tom Sizemore eine Nebenrolle und Vivica A. Fox („Independence Day – Wiederkehr“) spielt eine Prostituierte. Ed Lauter („Cujo“), John Getz („The Social Network“) und Dale Dye („Die Verdammten des Krieges“) sind als Offiziere zu sehen, Letztgenannter diente am Set auch als Militärberater, eine Funktion, die er auch schon bei „Platoon“ ausgeübt hatte. Lili Taylor („Conjuring – Die Heimsuchung“) spielt die Witwe eines gefallenen Kameraden Kovics, Sängerin Edie Brickell hat einen Auftritt als Folksängerin. Der Friedensaktivist Abbie Hoffman ist als – genau – Friedensaktivist zu sehen. Er starb kurz nach den Dreharbeiten. Regisseur Oliver Stone spielt einen Fernsehreporter, und der echte Ron Kovic schließlich tritt als Veteran des Zweiten Weltkriegs bei der oben erwähnten Parade am Unabhängigkeitstag in Erscheinung.

Heimkehr

„Geboren am 4. Juli“ bildet den Mittelteil von Oliver Stones Vietnamkriegs-Trilogie, zu der der bereits erwähnte „Platoon“ und „Zwischen Himmel und Hölle“ (1989) mit Hiep Thi Le und Tommy Lee Jones zählen. Die drei Filme bieten drei völlig unterschiedliche Blickwinkel auf den Krieg und seine Folgen und sind somit im Dreierpack ein rundes Gesamtpaket. „Platoon“ mit seinem Fokus auf den militärischen Aspekt bleibt mein Favorit, aber „Geboren am 4. Juli“ wartet mit vielen sehr bewegenden Momenten auf und berichtet glaubhaft und fesselnd sowohl aus dem Leben Ron Kovics als auch von den Ereignissen an der US-Heimatfront des Vietnamkriegs.

Acht Nominierungen, zwei Oscars

In die Kinos gelangte das Antikriegsdrama mit der Weltpremiere am 20. Dezember 1989 – an jenem Tag wurde „Born on the Fourth of July“ in Kinos in Los Angeles, Chicago und Toronto gezeigt, bevor der Film im Januar 1990 flächendeckend in die Lichtspielhäuser kam. Seine Europapremiere feierte er im Februar bei der Berlinale, wo er im Wettbewerb um den Goldenen Bären antrat (der Preis ging aber an zwei andere Filme: „Lerchen am Faden“ von Jirí Menzel und „Music Box – Die ganze Wahrheit“ von Costa-Gavras). Zuvor hatte das Werk bereits die Golden Globes als bestes Filmdrama, für Oliver Stones Regie, Hauptdarsteller Tom Cruise und das Drehbuch von Stone und Ron Kovic gewonnen (nominiert war auch der Soundtrack von John Williams). Bei acht Oscar-Nominierungen sprangen aber lediglich zwei Trophäen heraus: Stone erhielt seinen zweiten Regie-Oscar nach „Platoon“, zudem wurde der Schnitt prämiert. Als bester Film unterlag „Geboren am 4. Juli“ Bruce Beresfords „Miss Daisy und ihr Chauffeur“, Tom Cruise musste sich beim Hauptdarsteller-Oscar Daniel Day-Lewis geschlagen geben, der für „Mein linker Fuß“ ausgezeichnet wurde. Auch in den Kategorien adaptiertes Drehbuch, Kamera, Ton und Soundtrack blieb es bei Nominierungen.

Kriegsheld?

Nach diversen DVD- und Blu-ray-Veröffentlichungen von Universal im Lauf der Jahre hat Turbine Medien „Geboren am 4. Juli“ 2023 lizenziert und im Juli auf Blu-ray im Mediabook veröffentlicht. Die Bildqualität ist vorzüglich, allerdings konnte ich mangels einer der älteren Blu-rays keinen Vergleich ziehen. Immerhin hat Turbine sowohl der deutschen als auch der englischen Tonspur eine aufpolierte Auro-3D-Variante spendiert. Beide Sprachfassungen finden sich zusätzlich auch in DTS-HD 2.0 und 5.1, somit findet sich für die üblichen technischen Ausstattungen die richtige Variante. Auf der Blu-ray mit dem Film findet sich außer Oliver Stones Audiokommentar auch eine 22-minütige Hintergrundgeschichte mit Interviews mit Oliver Stone, Tom Cruise und Ron Kovic. Diese ist hierzulande bereits in einigen der älteren Universal-Veröffentlichungen enthalten. Das Mediabook enthält darüber hinaus eine Bonus-Blu-ray mit weiterem wertigen Zusatzmaterial (Auflistung siehe unten). Kernstück: die 71-minütige Doku „Der vergessene Krieg – Hollywoods Vietnam auf den Philippinen“. Das fein bebilderte 28-seitige Booklet enthält ausführliche Texte von Christian Mester, der unter anderem Oliver Stones Laufbahn Revue passieren lässt, einen Abriss von Ron Kovics Biografie beisteuert und über die Produktion des Films schreibt. Es folgen zwei Seiten über Stones Vietnam-Trilogie, zwei Seiten über „Kriegsfilme und ihre Intentionen“ sowie abschließend drei Seiten über „Meilensteine des Antikriegsfilms“, wobei Mester dort auch Filme erwähnt, die nicht als Antikriegsfilme gelten. Insgesamt schon ein lesenswertes Booklet, wobei sich mir der Eindruck aufdrängte, dass der Autor zu viele Themen aufgreift und diese somit aufgrund der begrenzten Größe zu sehr an der Oberfläche bleiben. Gleichwohl ist das Turbine-Mediabook einmal mehr über Zweifel erhaben und eine empfehlenswerte Veröffentlichung. Es ist sowohl im Turbine-Onlineshop als auch anderswo noch lieferbar, dennoch schiebt das Label im März 2024 eine Special Edition mit beiden Blu-rays in herkömmlicher Verpackung nach, die etwas preisgünstiger zu bekommen ist als das Mediabook. Eine für Turbine mittlerweile verlässliche Veröffentlichungspolitik. Sie lässt vermuten, dass nicht mehr allzu viele Exemplare des Mediabooks verfügbar sind.

Friedensdemo

Filmkritiker Roger Ebert schrieb in seiner Rezension von „Born on the Fourth of July“ in der Chicago Sun-Times vom 20. Dezember 1989 den bemerkenswerten Satz: We do apologize for our mistakes in this country, but we let our artists do it instead of our politicians. – Wir bitten tatsächlich für unsere Fehler in diesem Land [Vietnam] um Entschuldigung, aber wir lassen das unsere Künstler erledigen statt unsere Politiker. Immerhin die Künstler. Ein wichtiger Film, für Tom Cruise einer seiner wichtigsten, gleichzeitig ein reizvoller Kontrast zu seinem Militär-Action-Hit „Top Gun“ von 1986.

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Oliver Stone haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Kyra Sedgwick unter Schauspielerinnen, Filme mit Tom Berenger, Tom Cruise, Willem Dafoe, Ed Lauter, Tom Sizemore und Michael Wincott in der Rubrik Schauspieler.

Veröffentlichung: 14. März 2024 als 2-Disc Special Edition Blu-ray, 14. Juli 2023 als 2-Disc Edition Mediabook (2 Blu-rays, auf 1.500 Exemplare limitiert) und DVD, 5. Februar 2015 und 7. Juli 2011 als Blu-ray, 15. März 2012 als „Jahr100Film“-Blu-ray und -DVD, 1. Februar 2007 als „Oscar Edition“-DVD, 3. März 2005 als Special Edition DVD, 4. Dezember 2003 und 1. Dezember 1999 als DVD

Länge: 145 Min. (Blu-ray), 138 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 16
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte
Originaltitel: Born on the Fourth of July
USA 1989
Regie: Oliver Stone
Drehbuch: Oliver Stone, Ron Kovic, nach Kovics Buchvorlage
Besetzung: Tom Cruise, Kyra Sedgwick, Bryan Larkin, Jessica Prunell, Raymond J. Barry, Caroline Kava, Willem Dafoe, Tom Sizemore, Tom Berenger, John Getz, Ed Lauter, Dale Dye, Josh Evans, Seth Allen, Jamie Talisman, Sean Stone, Anne Bobby, Jenna von Oÿ, Samantha Larkin, Erika Geminder, Amanda Davis, Kevin Harvey Morse, David Warshofsky, Jason Gedrick, William Baldwin, Stephen Baldwin, Daniel Baldwin, Jerry Levine, Claude Brooks, Frank Whaley, Oliver Stone, Vivica A. Fox, Andy Lauer, Michael Wincott, Lili Taylor, Eagle Eye Cherry, Michael Wincott, Lee Cogburn, Ron Kovic, Richard Haus, Edie Brickell
Zusatzmaterial Turbine: Hintergrund – Interviews mit Tom Cruise, Oliver Stone und Ron Kovic (22 Min.), „Der vergessene Krieg – Hollywoods Vietnam auf den Philippinen“ (71 Min.), Interviews mit dem militärischen Berater Lieutenant Dale Dye (32 Min.), Filmvater Raymond J. Barry (25 Min.), Music Supervisor Budd Carr (28 Min.) und Schauspieler Jerry Levine (ca. 29 Min.), nur Mediabook: 28-seitiges Booklet mit einem Text von Christian Mester
Label/Vertrieb ab 2023: Turbine Medien
Label/Vertrieb zuvor: Universal Pictures Germany GmbH

Copyright 2024 by Volker Schönenberger

Szenenfotos & untere Packshots: © 2023 Turbine Medien

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , ,

Die große Offensive – Internationale Stars im Italo-Kriegsspektakel

Il grande attacco

Von Volker Schönenberger

Kriegs-Action // „Die große Offensive“ zeigt zu Beginn authentische Schwarzweiß-Bewegtbilder aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, hauptsächlich aus deutscher Perspektive inklusive des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler Zu schmissigem Soundtrack laufen die Vorspann-Credits von Umberto Lenzis 1978er-Regiearbeit ab. Die Handlung setzt 1936 während der Olympischen Spiele in Berlin ein. In freundschaftlicher Atmosphäre treffen des Abends der Wehrmachtsoffizier Leutnant Manfred Roland (Stacy Keach), der kanadische Journalist Professor Sean O’Hara (John Huston), der US-Brigadegeneral Harold Foster (Henry Fonda) und die berühmte deutsche Schauspielerin Annette Ackermann (Samantha Eggar) zusammen – wobei es sich bei der Schauspielerin um eine Jüdin handelt. Das Dinner verläuft angenehm, man trinkt auf die Freundschaft und den Frieden, O’Hara verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, die anderen in vier Jahren wiederzusehen (er spielt vermutlich auf die für Tokio vorgesehenen Olympischen Spiele 1940 an, deren Austragung Japan 1938 zurückgab und die aufgrund des Kriegs letztlich überhaupt nicht stattfanden).

Auf in den Krieg

Zeitsprung in den Mai 1942: General Foster muss akzeptieren, dass sein Sohn John (Ray Lovelock) nach missglücktem Studium ebenfalls eine militärische Laufbahn als Offizier einschlägt und an die Front versetzt wird. Im Deutschen Reich haben Roland und Ackermann mittlerweile geheiratet und müssen sich ebenfalls mit den Unbillen des Krieges herumplagen. Im November lässt sich Professor O’Hara als Kriegsberichterstatter nach Afrika versetzen.

Umberto Lenzis Kriegsausflug

Umberto Lenzi hat sich vornehmlich als Regisseur deftiger Italo-Exploitation vom Schlage „Mondo Cannibale“ (1972), „Großangriff der Zombies“ (1980) und „Cannibal Ferox – Die Rache der Kannibalen“ (1981) einen Namen gemacht, sich aber bereits in den 1960ern mit „Fünf gegen Casablanca“ (1967) und „Die zum Teufel gehen“ (1969) dem Zweiten Weltkrieg gewidmet. Bemerkenswert, dass er für seine 1978er-Regiearbeit „Il grande attacco“ eine solch illustre Darstellerriege um sich scharen konnte. Henry Fonda und Stacy Keach waren damals schon klangvolle Namen, ebenso Regie-Legende John Huston, der gern mal vor die Kamera trat – seine Regisseurs-Filmografie ist sogar kürzer als die seiner schauspielerischen Arbeiten (Huston und Fonda hatten kurz zuvor schon in „Der Polyp – Die Bestie mit den Todesarmen“ gemeinsam Italo-Luft geschnuppert). Hinzu kommen Helmut Berger als Wehrmachtsoffizier Leutnant Zimmer und Giuliano Gemma als US-Offizier Captain Martin Scott. In der englischen Sprachfassung ist obendrein Orson Welles ein paar Mal als Nachrichtensprecher zu hören.

Die Schlacht um die Mareth-Linie

Gute Voraussetzungen also für großes Kriegskino. Leider erschöpft sich „Die große Offensive“ darin, fast schon fragmentarisch Szenen mit diesen Figuren aneinanderzureihen, die für sich mal mehr, mal weniger gut funktionieren, sich aber zu keinem Zeitpunkt zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Die Handlung kulminiert in der von November 1942 bis Mai 1943 tobenden Schlacht um die Mareth-Linie während des Tunesienfeldzugs (bei der Mareth-Linie handelte es sich um eine von der 1. Armee des italienischen Heeres gehaltene Befestigungslinie, die einige Jahre zuvor von der französischen Kolonialmacht errichtet worden war). Diese militärischen Sequenzen werden unterbrochen von Ereignissen, die das Schicksal der Schauspielerin Annette Ackermann (in den italienischen und englischen Sprachfassungen Annelise) beleuchten. Das wiederum ist zwar eine durchaus bewegende Geschichte, letztlich aber recht plakativ und klischeehaft. Und die Abschnitte stören den Erzählfluss der Kriegsszenen.

Erstmals ungekürzt in Deutschland

„Die große Offensive“ lief seinerzeit in den westdeutschen Kinos lediglich in verstümmelter Version, auch die kurz darauf erfolgte VHS-Veröffentlichung und die ersten DVDs des Films enthalten nur diese gekürzte Fassung (weshalb ich auf deren Auflistung unten verzichtet habe). Nun hat explosive media den Kriegs-Actioner im Juni 2023 erstmals vollständig hierzulande zugänglich gemacht. Dabei wurde bei den bislang fehlenden Szenen die italienische Tonspur beibehalten und untertitelt – eine übliche und akzeptable Methode. Zur Sichtung lag mir die neue DVD von explosive media vor, an der ich in puncto Bild- und Tonqualität nichts auszusetzen habe. Die Blu-ray kommt im Digipack daher, der zusätzlich auch die DVD enthält, während die DVD auch einzeln im herkömmlichen Softcase erschienen ist. Eine etwas uneinheitliche Veröffentlichung, aber sei’s drum.

Wenn man – wie ich – mit billigem italienischem Kriegskino à la „Im Wendekreis des Söldners“ (1983) und „Die Rückkehr der Wildgänse“ (1986) umgehen kann, kann einen ein Star-Vehikel wie „Die große Offensive“ auch nicht schrecken. Im Gegensatz zu den genannten Streifen strahlt Umberto Lenzis Arbeit in puncto Produktionsdesign sogar eine gewisse Wertigkeit aus. Die Messlatte internationaler Großproduktionen vom Schlage „Der längste Tag“ (1962) kann das Werk allerdings zu keinem Zeitpunkt überwinden. Wie man unterschiedliche Kriegsschauplätze stimmig zu einem überzeugenden Gesamtwerk zusammenfügt, demonstrierte zwei Jahre nach „Die große Offensive“ Samuel Fuller mit „The Big Red One“ (1980). Welche italienischen Kriegsfilme könnt Ihr empfehlen?

Alle bei „Die Nacht der lebenden Texte“ berücksichtigten Filme von Umberto Lenzi haben wir in unserer Rubrik Regisseure aufgelistet, Filme mit Henry Fonda, Giuliano Gemma und Stacy Keach unter Schauspieler.

Veröffentlichung: 29. Juni 2023 als 2-Disc Edition Digipack (Blu-ray & DVD) und DVD

Länge: 107 Min. (Blu-ray), 103 Min. (DVD)
Altersfreigabe: FSK 12
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch, Italienisch
Untertitel: Deutsch, Englisch
Originaltitel: Il grande attacco
Internationale Titel: Battle Force / The Battle of the Mareth Line / The Biggest Battle / The Greatest Battle
IT/BRD/JUG 1978
Regie: Umberto Lenzi
Drehbuch: Umberto Lenzi, Cesare Frugoni
Besetzung: Henry Fonda, Helmut Berger, Samantha Eggar, Giuliano Gemma, John Huston, Stacy Keach, Ray Lovelock, Aldo Massasso, Venantino Venantini, Ida Galli, Edwige Fenech, Aldo Barberito, Rik Battaglia, Andrea Bosic, Massimo Bonetti
Zusatzmaterial: Audiokommentar von Leonhard Elias Lemke, deutsche Kinofassung (84 Min.), italienischer Trailer, US-Trailer, Bildergalerie, nur Digipack: 16-seitiges Booklet, nur DVD: Wendecover
Label: explosive media
Vertrieb: Plaion Pictures

Copyright 2023 by Volker Schönenberger

Untere drei Packshots: © 2023 explosive media

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , , ,

Gewinnspiel: 3 x The Sacrifice – Um jeden Preis auf Blu-ray

Verlosung

„The Sacrifice – Um jeden Preis“ (2020) zeigt in drei Erzählsträngen aus drei Perspektiven den Kampf um eine strategisch wichtige Brücke gegen Ende des Koreakriegs. Plaion Pictures (vormals Koch Films) hat das chinesische Kriegsdrama im August 2022 auf Blu-ray und DVD veröffentlicht und uns drei Blu-rays zum Verlosen zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank, auch im Namen der kommenden Gewinnerinnen und Gewinner.

Los geht’s

Zwecks Teilnahme am Gewinnspiel begebt Ihr euch zu meiner Rezension des Films und beantwortet dort (also nicht hier unter dem Gewinnspiel) bis Sonntag, 20. November 2022, 22 Uhr, im Kommentarfeld die Frage im letzten Absatz des Textes. Seid Ihr zur Beantwortung nicht in der Lage, so schreibt das einfach hin. Alle veröffentlichten Antworten landen im Lostopf. Nicht verzweifeln, wenn Ihr euren Kommentar nicht sogleich erblickt – aus Sicherheitsgründen schalten wir ihn erst frei. Das ist aber Formsache.

Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“!

Wollt Ihr kein Gewinnspiel und keine Rezension verpassen? Folgt „Die Nacht der lebenden Texte“! Entweder dem Blog direkt (in der rechten Menüleiste E-Mail-Adresse eintragen und „Folgen“ anklicken) oder unserer Facebook-Seite.

Teilnahmebedingungen

Achtung! Aufgrund gesteigerten Portoaufkommens (auch wegen „Horror für Halloween“) gilt ab sofort für die Gewinnspiele im Gewinnfalle die Übernahme des Portos als Teilnahmevoraussetzung. In diesem Fall werden 1,60 Euro fällig. Ich versichere euch, dass „Die Nacht der lebenden Texte“ nach wie vor völlig unkommerziell ist und ich mit dem Blog keinerlei Einnahmen generiere.

Teilnahmeberechtigt sind alle, die eine Versandanschrift innerhalb Deutschlands haben oder bereit sind, die Differenz zum Inlandsporto zu übernehmen. Ich benötige außerdem die Zusage, dass die Sendung nur von einem Erwachsenen entgegengenommen werden kann. Für Transportverlust übernehme ich keine Haftung (verschicke aber sicher verpackt und korrekt frankiert). Gewinnerinnen oder Gewinner, die sich drei Tage nach meiner zweiten Benachrichtigung nicht gemeldet haben, verlieren den Anspruch auf die Blu-ray. In dem Fall lose ich unter den leer ausgegangenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Namen aus.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen

Nur eine Teilnahme pro Haushalt. Ich behalte mir vor, Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht für den Lostopf zuzulassen oder ihnen im Gewinnfall nachträglich den Preis abzuerkennen, sofern mir Mehrfachteilnahmen unter Alias-Namen unterkommen. Autorinnen und Autoren von „Die Nacht der lebenden Texte“ sowie deren und meine Familienmitglieder dürfen leider nicht mitmachen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner/innen werde ich im Lauf von drei Wochen nach Ende der Frist bekanntgeben, indem ich diesen Text um einen Absatz ergänze, und sie auch per E-Mail benachrichtigen.

Die Blu-rays gehen an

– Michael Behr,
– Kevin Richter,
– Robert.

Herzlichen Glückwunsch! Ihr werdet benachrichtigt.

Die Rezension von „The Sacrifice – Um jeden Preis“ findet Ihr auch hier.

Copyright 2022 by Volker Schönenberger

 

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , ,